lieber virtuell, statt gar nicht
Die Projektidee war festgelegt. Also ran an die konkrete Planung. Mit optimistischem Blick auf die Lehrbedingungen für das vor uns liegende Sommersemester entwarfen wir ein Konzept für eine mehrtägige Exkursion in die Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße. Eingebettet in zwei Sitzungen zur organisatorischen und inhaltlichen Vorbereitungen, sollte während der Zeit in der Gedenkstätte die vertiefende Auseinandersetzung mit dem historischen Kontext DDR ermöglicht werden. Über 3 Tage hinweg sollten die Studierenden die Gelegenheit haben, die Lebensbedingungen in der DDR kennenzulernen, näheres über den Alltag von Jugendlichen zu erfahren sowie was es genau war, dass zum widerständigen Verhalten einer Gruppe junger Weimarer führte. „Macht aus dem Staat Gurkensalat“, die Graffiti-Parole der Weimarer Jugendlichen wurde irgendwie zum Slogan unserer Planung und letztendlich auch des ganzen Seminars.
Nahezu euphorisch sprachen wir während der Planung darüber wie die Besuche der Dauerausstellung sowie die Besichtigung der Zellen in der zweiten Etage auch dann noch ablaufen könnten, wenn wir Corona-bedingt in kleinen Gruppen arbeiten müssten. Ob Comic zeichnen im Freien, Zeitzeugengespräch auf Abstand, wir hatten beinahe alles berücksichtigt, dass uns erlaubt hätte, eine abwechslungsreiche und zugleich herausfordernde Exkursion mit praktischem Workshop klassisch analog durchzuführen. … alles, bis auf die steigenden Infektionszahlen …
Ohne große Diskussion waren wir uns rasch einig, dass wir lieber an einer virtuellen Variante des Seminars weiterplanen, statt es ganz ausfallen zu lassen. Und so entstand ein Seminarkonzept zu „Jugendwiderstand zeichnen“, mit dem wir noch immer versuchen all unsere euphorischen Ideen unterzubringen: An zwei einführende Sitzungen, in denen sich das Team – eine Gruppe aus neun BA-Studierenden des Instituts für Geschichte – organisatorisch-technische sowie inhaltlich mit unserem Vorhaben vertraut machen kann. Hieran schließt sich eine eher theorielastige Sitzung an, in der Comics als Gegenstand der Geschichtswissenschaft betrachtet werden – Comics = Quellen, Produkt oder Medien? – Danach geht es virtuell in die Andreasstraße. Dazu behalten wir das Kennenlernen und Betrachten der Dauerausstellung bei. Wie der erste virtuelle Live-Rundgang aussehen kann, ist jedoch nicht das einzige praktische Experiment des Seminars. Denn immerhin geht es uns im Kern auch, um das Kennenlernen des visuellen Storytelling beziehungsweise anhand des visuellen Storytelling eine historisch belegt Geschichte zu erzählen. Und was eignet sich hier besser, als selbst den Stift in die Hand zu nehmen und zu überlegen, wie mit Bildern Geschichte spannend und abwechslungsreich vermittelt werden kann? Zusammen mit der Zeichnerin Sandra Bach wird das Team genau hierzu Gelegenheit haben.