Vergangene Woche fand unser digitaler Workshop mit der Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße in Erfurt statt. Nach drei intensiven und ergebnisreichen Tagen gibt es einiges zu reflektieren.
Widerstand und Comic – zwei Dinge die auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben. Mithilfe unserer ausführlichen Analysen zum Comic „Nieder mit Hitler“ haben wir bereits das Gegenteil bewiesen. Einen zusätzlichen Denkanstoß lieferten die Mitarbeiter*innen der Andreasstraße, indem sie ihr Wissen zum Thema „Visual History“ und „Graphic Novels“ mit uns teilten (beides Worte die ich seit neustem meinen Wortschatz hinzufügen konnte). Dabei hätte sicher kaum ein Ort besser vermitteln können, dass Widerstand und Comics tatsächlich relativ nah beieinander liegen können. Denn bei der (visuellen) Besichtigung der Andreasstraße wird man einerseits an die Vergangenheit des Hauses als Untersuchungshaftanstalt des MfS erinnert, andererseits findet man eine Dauerausstellung vor, welche die Geschichten zahlreicher Inhaftierten im Stil der Graphic Novel abbildet. Einer der ehemaligen Inhaftierten ist Holm Kirsten. Als Teil einer Erfurter Jugendwiderstandsgruppe wurde er 1983 durch die Staatssicherheit verhaftet und zu fünf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die er in der Andreasstraße verbrachte. Holm Kirsten erzählte uns von Rebellion, Verantwortung, Freundschaft, Familie, Unterdrückung und Gefangenschaft. Während seiner Erzählungen hatte jede*r von uns die Aufgabe, seine Geschichte graphisch festzuhalten und zu verarbeiten (Graphic Recording). Zwar wurden wir mit dieser Aufgabe teilweise ganz schön aus unserer Komfortzone gestoßen, unsere Ergebnisse können sich dafür allerdings sehen lassen (zumindest wurde uns das so gesagt). Gleichzeitig diente diese Übung der Vorbereitung auf unsere finale Aufgabe – dem Zeichnen eines Comics. Zugegeben, wir sollten keinen kompletten Comic zeichnen, sondern nur sechs Panels. Setzt man das allerdings ins Verhältnis dazu, dass ein kompletter Comic circa 1 Jahr dauert und wir innerhalb von 2 Stunden eine ganze Seite zeichneten, klingt das alles in allem nach einer soliden Nummer. Dabei konnten wir relativ frei entscheiden, welche Geschichte wir erzählen wollten – einzige Vorgabe; es sollte sich vor dem Hintergrund „Widerstand“ abspielen. Ich denke man kann guten Gewissens behaupten, dass wir künstlerisch aus dem Vollen geschöpft haben, wer sich allerdings selbst überzeugen will, kann unsere Minicomics auch gern selbst bewundern.
Somit sollte deutlich geworden sein, dass Comics und Widerstand durchaus miteinander in Verbindung gesetzt werden können. Der Comic gilt als Medium der barrierefreien Wissensvermittlung der nicht etwa ersetzen, sondern ergänzen bzw. dazu anregen soll, sich mit bestimmten Inhalten auseinanderzusetzen. Und schließlich sollte man auch die Zeichnerin oder den Zeichner nicht vergessen. Mir jedenfalls ging es so, dass ich die Geschichte von Holm Kirsten, vielleicht weniger umfangreich, dafür aber umso eindrücklicher für mich selbst verarbeiten konnte.