Online Eindrücke vor Fertigstellung des Gebäudes
Wer kann behaupten, bereits Ausstellungsstücke aus einem Museum gesehen zu haben, das noch nicht existiert? Das Nationalmuseum Oslo befindet sich gerade noch im Bau. Es soll das größte Kunstmuseums Oslos werden und wird Kunst, Architektur und Design miteinander verbinden. Das Gebäude, direkt zwischen der Akerhus Festung, dem Rathaus und dem Friedensnobelpreis Zentrum gelegen, wird erst im Frühjahr 2021 fertig gebaut und eröffnet. Bis dahin kann man allerdings schon viele Eindrücke online sammeln. Der Online-Zugang ist über Norwegisch oder Englisch möglich. Dabei zeigen sich Unterschiede im Aufbau und den Inhalten, so dass sich ein Wechsel zwischen den Sprachen lohnt. So wird deutlich, welche Inhalte, welchem Publikum besonders ans Herz gelegt bzw. präsentiert werden sollen. Die norwegische Startseite verweist eher auf aktuelle Projekte vor Ort in Oslo oder auf Partizipationsmöglichkeiten in der Stadt. Im englischsprachigen Bereich soll das internationale Publikum besonders durch herausragende Ausstellungsstücke gelockt werden. So werden bereits auf der Startseite Werke von Vincent van Gogh und Edward Munch besonders hervorgehoben.
Ein Beispiel für eine Online-Ausstellung ist die über „Wilhelm von Hanno“. Die „reale“ Ausstellung wird erst im August in einem der Aktuell noch genutzten Gebäude eröffnet. Allerdings hat man bereits jetzt online einen Zugang. Es werden viele Skizzen, Zeichnungen und Gemälde des Architekten in hochaufgelösten Bilder mit ausführlichen Texten zu allen Bereichen seines Lebens gezeigt. Dabei schwingt auch immer wieder der Stolz über Gebäude, die Hanno in Oslo errichtete, die von ihm gegründete Schule oder auch die von ihm gestaltete Briefmarke, mit. Da die Seite sehr ausführlich das Leben betrachtet, kann der Besucher auch durch ein Menü auswählen, welche Bereiche ihn interessieren und er springt direkt dorthin.
Besonders spannend sind die „Stories from the museum“, da diese doch im normalen Besucheralltag des Museums nicht zugänglich sind . Der Online-Auftritt hingegen gewährt einen Blick hinter die Kulissen. Dabei geht es beispielsweise um die Aufarbeitung bzw. Konservierung von Objekten oder um die Lagerung der wertvollen Stücke. So werden vor allem Arbeitsprozesse von Mitarbeitern des Museums transparent . Von der Entstehung einer Ausstellung über spezielle Objekte, die das Museum verwahrt, bis hin zu Geschichten, die einzelne Künstler miteinander verbinden, kann man hier einiges entdecken.
Zwei Features des Online-Auftritts vom Osloer Nationalmuseum sind besonders hervorzuheben. Zunächst findet man auf der Startseite die Mitmach-Aktion „Create your own Collection“. Dabei haben Besucher der Website die Möglichkeit, eigene „Ausstellungen“ zu gestalten, in dem Kunstwerke aus der 44 000 Stück starken Museums Kollektion ausgesucht werden und unter einem selbstgewählten Thema präsentiert werden. So werden die Besucher herausgefordert aktiv zu werden und sich mit dem Fundus des Museums direkt auseinanderzusetzen. Auf diese Weise entsteht eine Vielzahl an „Ausstellungen, wodurch mehr Verlinkungen zwischen den Ausstellungsstücken entstehen und Kuratoren in Interessensgebiete der Besuchenden einen Einblick erhalten. Durch die Vielfalt der Objekte, kann man sich dabei austoben und den Bereich auswählen, der einen am meisten interessiert. Die Ausstellungen werden öffentlich angezeigt, können mit Beschriftungen versehen oder in den sozialen Medien geteilt werden. Die einzelnen Objekt sind vom Museum beschriftet und mit Informationen versehen. Immer wieder werden ähnliche Objekte angezeigt oder ein Download des Stückes angeboten.
Diese Form der Auseinandersetzung mit Museumsobjekten ist besonders auch im pädagogischen Kontext spannend. Im Klassenverband können in Gruppen oder auch allein Ausstellungen konzipiert werden, die anschließend durch die anderen Schüler entdeckt und besprochen werden kann.
Das zweite besondere Feature ist die Integration von ausgewählten Objekten in das Videospiel „Animal Crossing“ . Dieses Spiel hatte durch die Corona-Pandemie noch einmal einen deutlichen Schub erhalten und besonders jüngere Zielgruppen zwischen 10 und 40 Jahren werden dabei angesprochen. Das Nationalmuseum Oslo bietet dabei die Möglichkeit, Bilder als Einrichtungsgegenstände im Spiel zu integrieren oder auch als Puzzle zusammensetzen zu können. Die „Originale“ sind jeweils unter den QR-Codes verlinkt, so dass Informationen dazu eingeholt werden können. Inwiefern diese im Spiel einbezogen sind, ist nicht ersichtlich.
Dem Nationalmuseum Oslo ist es gelungen, mit dieser ansprechenden und anregenden Website ein breites Publikum anzusprechen, deren Handhabung einfach ist und durch ein schlichtes Design übersichtlich bleibt. Zudem ist es ein Beispiel für die verschiedenen Möglichkeiten der Eingliederung der Besucher in den Alltag des Museum bzw. die Integrierung des Museums in die Lebenswelt der Besucher. Sie werden durch unterschiedliche Medien auf der Website angesprochen, so dass für alle Rezeptionskanäle Zugänge möglich sind. Durch Videos, Texte, Bilder, Soziale Medien, die Integration in Videospiele sind ansprechende Herangehensweisen geschaffen, die durch die Vielfalt auch eine Auswahl durch den Besucher zu lassen und damit eine aktive Partizipation ermöglichen. Das wird verstärkt durch die Möglichkeit, zu allen Inhalten und Seiten Feedback zu hinterlassen und somit ein direkter Draht und Interaktion mit den Kuratoren erwünscht wird. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Website weiterentwickelt, wenn das Museum eröffnet wird und wie die digitalen Möglichkeiten weiter mit einbezogen werden oder eben zurückgefahren werden. Ein Besuch ist es auf jeden Fall wert.
Hier gehts zum Museum: nasjonalmuseet.no