Rezension: Assassin’s Creed Odyssee Discovery Tour

In die Vergangenheit eintauchen und die griechische Antike erleben – damit wirbt das Spiel Assassin’s Creed Odyssee, das die Spielfirma Ubisoft gemeinsam mit einem multinationalen Team, bestehend aus vielen einzelnen Personen und z.T. wissenschaftlichen Beratern, entwickelt hat. Eine Ergänzung zum Hauptspiel ist der Entdeckungsmodus, der mithilfe von Führungen die damalige Welt anschaulich machen soll.

Trailer zur Assassin’s Creed Odyssee Discovery Tour

Ziel dieser Entdeckungstouren ist es, wie es im Trailer heißt, eine Verbindung aus Museum, Archäologie und Videospiel zu schaffen. Demnach können nicht nur Gamer und Erwachsene, sondern auch Interessierte verschiedener Altersklassen, die nicht bewandert im Videospielen sind, von diesem Modus profitieren, da die Steuerung und Funktionsweise leicht erlernbar sind. Weiterhin wird die Möglichkeit aufgetan, die Entdeckungstouren als didaktische Erweiterung des eigentlichen Spiels für Bildungszwecke einzusetzen, wie beispielsweise im Geschichtsunterricht, um das Thema des antiken Griechenlands greifbarer und interessanter darstellen zu können.

Allgemein wird in den Entdeckungstouren ein Querschnitt des antiken Lebens aufgemacht. Aufgegliedert wird in die Themen „Berühmte Städte“, „Alltag“, „Politik und Philosophie“, „Kunst“, „Religion und Mythen“ sowie „Schlachten und Kriege“ (Abb. 1), innerhalb derer verschiedene Führungen angeboten werden. Im Schnitt sind die einzelnen Führungen ca. 10-20 Minuten lang.

Abb. 1, Das Menü mit Auswahlmöglichkeiten der Touren nach einzelnen Themen und weiteren Optionen.

Mit moderner Technologie, dem Videospiel, soll die Geschichte möglichst getreu nachempfunden werden. Präsentiert wird hier die griechische Antike in einer freibegehbaren Miniaturwelt (Abb. 2), wenn sie auch geographisch begrenzt ist und nicht die gesamte antike Welt abbildet. Die Spielwelt wird hierbei zum Ausstellungsobjekt, die durch eine Führung mit verschiedenen Stationen eben wie ein reales Museum betreten werden kann. Eingesprochene Texte, Bilder und Darstellung der Objekte sowie ein Quiz am Ende einer jeden Führung fördern die Interaktion zwischen Spieler und Spielwelt. Belohnungen wie neue für die Führungen verwendbare Avatare und Reittiere motivieren zusätzlich, möglichst viele Besichtigungen zu absolvieren.

Abb. 2, Dreidimensionale Darstellung der Akropolis in Athen

Bei all dem liegt im Fokus, beim Erleben der virtuellen griechischen Antike Schwellen oder Grenzen so weit es geht abzubauen. So besteht unter anderem die Option im Menü ganz einfach zu bestimmten Führungen zu springen, die räumlich und zeitlich an ganz verschiedenen Punkten angesiedelt sind. Einzig die technischen Voraussetzungen stecken Barrieren ab: Die Sprachauswahl, die Steuerungsmöglichkeiten und der Umfang der Spielwelt sind an die vorhandene Technologie gebunden und dadurch begrenzt.

Besonders aus der erwähnten gesprochenen Sprache in den Führungen ergibt sich auch ein weiterer Aspekt: Die Entdeckungstouren sind angepasst an die Rezeptionsgewohnheiten und Konventionen der heutigen Zeit. Allerdings wird dadurch auch erst eine geringe Übersetzungsleistung zwischen Interpretation und Inhalt ermöglicht.

Trotzdem werden alle multimedialen Ebenen bedient und so gut wie möglich ausgeschöpft. Der entscheidende Unterschied zu einem richtigen Museum ist die fehlende Haptik, die physische Nähe zu den Ausstellungsobjekten. Der belebende Simulationscharakter versucht dies auszugleichen.

Insgesamt ist der Entdeckungsmodus von Assassin’s Creed Odyssee in seiner Art einzigartig, vor allem was den Umfang, Inhalt und die technische Qualität betrifft. Allerdings lebt er auch sehr von dem Effekt, der um ihn generiert wird. Im Trailer und in der Werbung wird durch einen Anspruch auf Vollständigkeit, die aufgrund von Wissenslücken über die Antike eigentlich gar nicht gegeben werden kann, eine vorteilhafte Wirkung erzeugt. Die Unterhaltungsindustrie stellt die Entdeckungstouren als umfassende Veranschaulichung der antiken Welt dar, obwohl nicht alle Aspekte stimmig sind. Zum Beispiel tragen einige abgebildete Statuen, anders als in ihren originalen Ausführungen, Kleidung. Ebenfalls finden die Führungen in modernen Sprachen statt und nicht im damals gesprochenen Altgriechisch. Ein wenig kritisch zu betrachten ist ebenfalls die Qualität der Informationen, die durch Texte vermittelt werden. Es gibt weder konkrete Angaben zu verwendeten Quellen oder Literatur, noch wird der Verfasser der Texte genannt. Dadurch kann das Wissen nicht direkt nachgeschlagen werden.

Dessen ungeachtet bietet Assassin’s Creed Odyssee zahlreiche Entdeckungstouren, die die griechische Antike anschaulicher machen können; sei es nun im Unterricht oder aus Interesse im eigenen Wohnzimmer. Besonders zu einer Zeit, in der Museumsbesuche teilweise nicht so einfach zu bewerkstelligen sind, kann diese virtuelle Welt gute Abhilfe und Abwechslung schaffen.

Beispiel einer Führung zum Thema „Götter und Liebe“

Quellen und Literatur:

Bernhardt, Markus: Das Spiel im Geschichtsunterricht. Wochenschau. Fulda 2003.

Weiterführende Links:

https://assassinscreed.ubisoft.com/game/de-de/news-updates/355000/discovery-tour-ancient-greece-now-available

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/wie-assassin-s-creed-antike-geschichte-lehrt-16593637.html

Rezension: Virtuelles Museum Digital Humanities

Wenn wir an ein Museum denken, kommt den meisten von uns zunächst ein physischer Raum mit dreidimensionalen Gegenständen, die hinter Glasscheiben in Vitrinen verwahrt werden, in den Sinn. Heutzutage, mit zunehmender Digitalisierung, können allerdings nicht nur einzelne Teile von Museen virtuell zugänglich gemacht werden, sondern es gibt einzelne Projekte, die sich auf das bloße Online-Format stützen wollen und somit eine neue, unkonventionelle Richtung im Gegensatz zum „veralteten“ Bild des Museums einschlagen. Zu diesen gehört auch das Virtuelle Museum Digital Humanities der Universität Trier (Abb. 1), das sich – wie der Name schon sagt – thematisch mit den digitalen Geisteswissenschaften auseinandersetzt.

Abb. 1, Virtuelles Museum Digital Humanities (Screenshot vom 05.08.2020)

Das ab 2015 eingerichtete Online-Museum basiert auf einer Website, ist aber vom Grundsatz her wie ein reales Museum aufgebaut. Überschriften einzelner Seiten wie Eingang, mehrere Räume mit Stationen und ein Ausgang orientieren sich an der Struktur physischer Museen und spiegeln eine solche auf diese Art wider. Ein Lageplan am Eingang (Abb. 2) illustriert die Vorstellung der virtuellen Konstruktion.

Abb. 2, Ausstellungskonzept (Screenshot vom 05.08.2020)

Am Eingang (Abb. 3) wird das Projekt bzw. das Digitale Museum vorgestellt. Als Zielgruppen werden Studierende der Universität Trier, Studienanfänger der Digitalen Geisteswissenschaften, aber auch an der Thematik Interessierte benannt. Neben der Entwicklung des Projekts, dem oben bereits genannten Ausstellungskonzept und den Themenräumen werden auch verschiedene Möglichkeiten des virtuellen Museumsbesuchs nach drei Besuchertypen skizziert. Demnach wäre ein vollständiger Rundgang für den Bildungstypen gedacht, der alles an Informationen mitnehmen möchte, der Stöbertyp entdeckt in dem riesigen Pool an Wissen das, was ihn an verschiedenen Themen interessiert, während der Strukturtyp nach konkreten Informationen sucht. Diese Einteilung kann dem Museumsbesucher helfen, sich selbst besser zu verorten und herauszufinden, wie er den persönlichen Aufenthalt gestalten will. Ein freies Bewegen ist somit auch in diesem virtuellen Museum möglich.

Unten auf der Seite besteht nun die Option, sich durch alle kommenden Räume durchzuklicken.

Abb. 3, Eingang (Screenshot vom 05.08.2020)

Schließlich folgen mehrere Abschnitte zu DH-Definitionen, u.a. zu Begriffsklärung, Vorgeschichte, Geisteswissenschaften und Benennung von Verbänden. Direkt daran anschließend folgt Raum 1 mit dem Thema der Digitalen Wörterbücher, Raum 2 zur Digitalisierung von Kulturgütern und Raum 3 zu Unentschlüsselten historischen Gegenständen. Jeder dieser Räume hat einen Einführungstext und verschiedene Stationen (Abb. 4), die ganz unten auf der Seite eingesehen und angeklickt werden können.

Auf allen Seiten wird mit verschiedenen Medien gearbeitet, sei es Bild, Text oder Video. Unter Anwendung dieses breiten Spektrums an Angeboten werden viele Personen gleichermaßen angesprochen. Vereinzelt gibt es sogar kleine Übungen bzw. Aufgaben (Abb. 5), die erledigt werden können, wie z.B. Suchaufträge. Alle Informationen werden stets mit Quellen und Literatur belegt.

Abb. 4, Überblick der Stationen von Raum 1 (Screenshot vom 05.08.2020)
Abb. 5, Eine ausgewählte Übungsaufgabe (Screenshot vom 05.08.2020)

Im Anschluss an die drei Räume folgen Informationen zu Social Media rund um die Digital Humanities und ein Kontaktformular. Weiterhin behandelt werden die Themen Digitale Editionen, Maschinen und Manuskripte (Digitale Kodikologie), sowie Schreiben und Diskutieren über digitale Geisteswissenschaften. Am Ende gibt es einen Ausgang mit einem Ausblick.

Zusammengefasst ist das Virtuelle Museum Digital Humanities ein Projekt, das dem modernen Zeitgeist entspricht und auf diesem Wege Wissen an eine breitere Masse vermitteln kann. Mag das Thema auch sehr speziell sein, so ist das Museum meines Erachtens nach dennoch nicht nur für Studierende der Universität Trier oder der Fachrichtung der Digital Humanities, sondern auch für Geisteswissenschaftler aller Art interessant, da die Kombination dieser Fächer mit der Informatik immer relevanter und künftig ganze Generationen von Studierenden prägen wird. Angebote verschiedener Medien und Interaktion durch Übungsaufgaben runden den gesamten Online-Auftritt ab. Nicht vorhanden, aber ergänzend hilfreich wäre vielleicht noch eine Gesamtübersicht über alle Themen, Räume und deren untergeordnete Stationen, sodass alles auf einen Blick ersichtlich ist und der Besucher leichter den Überblick behalten und ggf. zu bestimmten Punkten springen kann. Abgesehen davon ist das Virtuelle Museum Digital Humanities eine sehr gute Möglichkeit, sich zum Thema der digitalen Geisteswissenschaften einzulesen und auch weiterzubilden.

Link zum Virtuellen Museum Digital Humanities:

http://dhmuseum.uni-trier.de/