Eine mögliche Richtung, die wir nach dem Studium einschlagen könnten.
Viele von uns Studierenden der Geschichte streben vermutlich keine wissenschaftliche Karriere an. Doch welche passenden Arbeitsfelder gibt es noch? Das Seminar „Jugendwiderstand zeichnen“ lieferte uns einige Einblicke in eine mögliche Richtung, die wir einschlagen könnten: die Public History.
Eine Einführung in diesen Zweig der Geschichtswissenschaft bekamen wir zunächst durch einen Text von Irmgard Zündorf. Dort lernten wir, dass sich Public Historians damit beschäftigen, geschichtliche Inhalte anschaulich und verständlich für ein vielschichtiges Publikum aufzubereiten. Orte, an denen uns Public History begegnet, sind beispielsweise ganz klassisch Museen, Ausstellungen und Gedenkstätten, aber auch alle möglichen Arten von journalistischen Beiträgen (Filme, Artikel usw.) und sogar die sozialen Medien, wie Sophie in ihrem Beitrag „@ichbinsophiescholl“ veranschaulicht. Zündorfs Definition der Public History hat uns außerdem Franz in „Geschichte für die Öffentlichkeit …“ zusammengefasst.
Im Onlineworkshop mit der Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße wurde das Ganze noch einmal deutlich greifbarer. Dort versuchten wir uns nicht nur am Graphic Recording und dem Zeichnen von Comics, sondern bekamen auch vielseitige Einblicke in die Arbeit von Leuten, die im Bereich der Public History arbeiten. Bei diesen handelt es sich keinesfalls ausschließlich um Historiker*innen, denn die Public History fordert die Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen. So lernten wir von der Museumspädagogin Judith Mayer einiges über die pädagogischen Formate in der Andreasstraße, die Zeichnerin Sandruschka sowie der Autor und Historiker Jochen Voit teilten ihre Erfahrungen zum Thema Storytelling mit uns und wir übten im Gespräch mit Holm Kirsten den Umgang mit Zeitzeug*innen. Alle Beteiligten waren dabei sehr nahbar und immer für das Beantworten von Fragen und Erzählen von Anekdoten offen.
Besonders interessant und inspirierend fand ich außerdem die Einblicke in die Vielseitigkeit der Gedenkstätte. An Wänden befestigte Comics, die durch Schiebeelemente Geschichten mit einem Entscheidungsmoment verdeutlichen, ein riesiges Wimmelbild auf einer Glasfront an der Außenfassade des Gebäudes, die Arbeit mit dem Gebäude als geschichtsträchtigen Ort, Medienstationen und ein Feedbackraum sind einige Besonderheiten, die mir von der virtuellen Führung besonders im Gedächtnis geblieben sind. Faszinierend war für mich außerdem zu erfahren, dass neben der Arbeit an den Ausstellungen noch einiges anderes getan wird: So werden unterschiedliche Kurse zur Erschließung der Ausstellung angeboten, es gibt mehrere zusätzliche Publikationen (wie ein Buch für Kleinkinder, das kindgerecht an das Thema heranführt und natürlich den Comic „Nieder mit Hitler“), Filme, Veranstaltungen, Workshops und eine sehr empfehlenswerte Scrolldoku, welche die Besonderheit der Andreasstraße als Standort eindrücklich verdeutlicht.
Alles in allem bin ich sehr dankbar für die vielseitigen Einblicke in die Public History und möglichen Betätigungsfelder für Historiker*innen. Das Seminar und der Workshop haben mir auf jeden Fall dabei geholfen, einige Ideen für meinen weiteren beruflichen Werdegang und auch für mögliche Master (Public History, Fachjournalistik Geschichte) zu konkretisieren. Es war definitiv das Geschichtsseminar, welches mir diesbezüglich die meisten Aha-Momente bescherte.
Wie sieht es bei euch aus? Welche beruflichen Felder für Historiker*innen wurden euch in euren bisherigen Geschichtsseminaren vermittelt und, falls ihr es teilen wollt, in welcher Richtung seht ihr eure berufliche Zukunft?
4 Gedanken zu “Public History hautnah”
Leider ist dies bei mir das erste Seminar in dem über Berufsfelder für Historiker*innen gesprochen wurde bzw. ein direkter Kontakt zu berufstätigen Historiker*innen außerhalb der Wissenschaft hergestellt wurde. Ich muss auch ehrlich sagen, dass ich meine berufliche Zukunft eher abseits der Geschichtswissenschaft sehe. Stattdessen plane ich meinen Master in Soziologie zu machen. Es freut mich aber sehr zu hören, dass du durch den Workshop und das Seminar inspiriert wurdest! (: Ein schöneres Feedback kann man sich doch eigentlich gar nicht wünschen. Alles gute hierfür!
Vielen Dank, ich wünsch dir auch alles Gute für deine Pläne! 🙂
Mir ist noch eingefallen, dass ich doch noch eine Veranstaltung besucht habe, die an ein Berufsfeld für Historiker*innen herangeführt hat. Es war eine Übung, bei der es hauptsächlich darum ging, im Stadtarchiv Akten in eine Datenbank einzupflegen. Das fand ich auch sehr interessant, ist aber vermutlich kein Beruf, der mir über einen längeren Zeitraum Spaß machen würde.
Liebe Paula (und auch liebe Sophie),
vielen Dank für den Beitrag sowie die Kommentare und die darin enthaltenen Einblicke in die Wahrnehmung des Seminars aus eurer Perspektive! Es freut mich sehr zu lesen, dass die kennengelernten Einrichtungen und Kolleg*innen euch Inspirationen für die berufliche Zukunft geben. Dennoch bin ich neugierig und frage mich beziehungsweise nun euch: Gibt es nicht ein Format, ein Thema, eine spontane Aktion oder Kollaboration, einen günstigen Kontext oder oder … in dessen Rahmen ihr selbst Geschichtsvermittlung ausprobieren würdet? Und natürlich – weil die Neugier nicht so schnell stoppt – wenn „nein“, weshalb? Was wäre nötig, um zu experimentieren?
Herzliche Grüße und eine gute Zeit
Liebe Yvonne,
du suchst wohl nach Inspiration für künftige Geschichtsseminare? 🙂
Tatsächlich kann ich mir bei sehr vielen unterschiedlichen Arten der Geschichtsvermittlung vorstellen, sie auszuprobieren. Die Liste der Möglichkeiten ist immerhin sehr lang.
Als erstes fallen mir alle möglichen journalistischen Formate ein, über die auch Geschichte vermittelt werden kann (ob in Text, Film oder Ton; in Print- oder Onlinezeitschriften, im Fernsehen, auf YouTube, in Podcasts o.ä.).
Die Arbeit in Gedenkstätten und Ähnlichem reizt mich jedoch ebenfalls. Multimediale Ausstellungen zu konzipieren, macht sicherlich sehr viel Spaß. Seminare aus meinem anderen Studienfach (Medien- und Kommunikationswissenschaften) liefern dafür auch einige Inspiration: So wäre es bspw. möglich, mit Techniken der Virtual Reality oder Augmented Reality, Orte auf eine ganz neue Weise erschließbar zu machen.
Themen, die mich in Bezug auf Geschichtsvermittlung (und eigentlich auch so) am meisten interessieren, sind immer jene, von denen sich etwas über die heutige Zeit lernen lässt (z.B. dazu, wie Menschen denken und handeln, wie bestimmte Strukturen und Dynamiken entstanden sind usw.). Natürlich lässt sich von so ziemlich allen geschichtlichen Themen irgendetwas über die heutige Zeit lernen, doch der Fokus liegt meist woanders. Außerdem fände ich es interessant, darüber nachzudenken, wie der breiten Bevölkerung (geschichts-)wissenschaftliches Denken nähergebracht werden könnte. Gerade in Hinblick auf den zunehmenden Zulauf zu Verschwörungsideologien fände ich es wichtig, dass sich die Public History und vergleichbare Disziplinen anderer Fachbereiche verstärkt auch dieser Herausforderung widmen (vielleicht schreibe ich zu dem Thema noch einen Blogbeitrag).
Viele Grüße