Wem drückt ihr bei der Europameisterschaft die Daumen? Oder interessiert ihr euch gar nicht für Fußball? Vielleicht ist es momentan, mit Blick auf Corona, nicht besonders schlau, Nationalmannschaften und Fans quer über den halben Kontinent zu Fußballspielen zur schicken. Und ja, die Uefa ist in vielen Belangen kritikwürdig – nicht erst seit ihrem unsäglichen Umgang mit den Regenbogenfarben, der zurecht hohe Wellen auch außerhalb der „Fußball-Bubble“ schlug und schlägt. Der Kommerz schreitet immer weiter fort und von der „Weihnachts-WM“ nächstes Jahr in Katar möchte ich gar nicht erst anfangen.
Trotz alledem freue ich mich über die Fußball-EM und vier Wochen fast täglich Spiele. Ich interessiere mich vor allem für Vereinsfußball, was mit Blick auf „meinen“ Verein Werder Bremen allerdings in letzter Zeit alles andere als angenehm war. Und dennoch haben die großen Fußballturniere noch immer etwas Besonderes, geradezu nostalgisches an sich. Vielleicht wirkt mein Blick etwas naiv. Komprimiert in kurzer Zeit werden seit Jahrzehnten große (Fußball) -geschichten geschrieben. Die dänische Nationalmannschaft, die 1992 als Nachrückernation für das im Krieg versinkende Jugoslawien völlig überraschend Europameister wurde, spielte sich auch bei dieser EM in die Herzen der Fans. Nach dem dann doch relativ glimpflich verlaufenden Zusammenbruch ihres Starspielers Eriksen zeigten sie tolle Moral und haben gerade nach einem Sieg über Wales das Viertelfinale erreicht.
Das zeigt: Fußball ist mehr als nur ein Sport. Das war er schon immer. Es soll im Folgenden nun um Oskar Rohr gehen. Er war in den 1930er Jahren einer der bekanntesten und wohl auch talentiertesten Fußballer Deutschlands, der Bayern München 1932 zur Deutschen Meisterschaft schoss. Durch seinen Wechsel in die Schweiz darf er kurz darauf nie wieder für die Nationalmannschaft spielen, er gilt nun als Profi, was beim damals noch auf reinen Amteursport ausgerichteten DFB verpöhnt war. Als er 1940 zu Racing Straßbourg nach Frankreich wechselte, galt er in Deutschland vollends als „Vaterlandsverräter“. Obwohl eigentlich unpolitisch, geriet er in die Mühlen des Krieges und Vichy-Regimes, kam ins Konzentrationslager und wurde schließlich an die Ostfront in den vermeintlich sicheren Tod geschickt. Er überlebte und kehrte nach dem Krieg nach Deutschland zurück. Bei mehreren Stationen als Spieler in Süddeutschland setzte er sein Leben für den Fußball fort und starb 1988.
Letztes Jahr ist eine Grapic Novel zu seinem interessanten Leben bei Carlsen erschienen: Ein Leben für den Fußball: Die Geschichte von Oskar Rohr.
https://www.carlsen.de/hardcover/ein-leben-fur-den-fussball/978-3-551-73367-2
2 Gedanken zu “Fußball-EM und Oskar Rohr”
Hey Lukas, ein sehr interessanter Beitrag. Gerade mit dem Verweis auf Oskar Rohr. Unserer Generation entgehen leider Biografien der Fußballer aus den 20er oder 30er Jahren. Kurt Landauer (nicht zuletzt durch zahlreichen Projekte des FC Bayern zuletzt wieder in die Öffentlichkeit gebracht) oder Bert Trautmann mag man noch kennen. Oskar Rohr kannte ich nicht.
PS: Willkommen in der Zweiten Liga und besten Dank für Punkte vom Wochenende.
Moin Franz,
ja ich interessiere mich allgemein sehr für so fußballgeschichtlichen Kram und für so etwas ganz besonders.
Gerngeschehen für die Punkte und viel Erfolg den Rest der Saison!