Rezension der Online-Ausstellung über die Höhle von Lascaux in Frankreich

Hört man den Namen der Höhle von Lascaux, denkt man sofort an die Steinzeit und alte und verwitterte Felszeichnungen. Was man vielleicht nicht erwartet, was einem aber dennoch auf der Internetseite dieses Höhlenschatzes in der Gascogne unweit von Bordeaux in Frankreich
begegnet, ist eine bemerkenswerte Kombination aus steinzeitlicher und moderner Technik. Obwohl seit den 1980er Jahren die originalen Zeichnungen nicht mehr für Besucher zugänglich sind, gibt es seit 2014 die Möglichkeit, sie vom Schreibtisch, Sofa oder Bett aus virtuell zu besuchen, ohne sich die Mühe machen zu müssen, nach Frankreich zu fahren. In dieser Rezension werde ich Sie durch den Onlineauftritt und die 3D-animierte Tour der Höhle von Lascaux führen, um Sie anzuregen, sich doch einmal selbst auf diese virtuelle Reise zu begeben.

Da wir uns in diesem Seminar überwiegend mit Geschichts- oder Kunstmuseen beschäftigen, habe ich mir überlegt, eine andere Art von Museum anzusehen. Nun ist die Höhle von Lascaux ein besonderes Museum, denn sein Ausstellungsort ist auch gleichzeitig das Hauptaus-stellungsstück. Daher kann es nicht einfach wie andere Archäologie-, Geschichts- oder Kunstmuseen seine Exponate mit relativ geringem Aufwand abfotografieren und auf einer Internetseite präsentieren. Das verhindert allein schon die natürliche Lage, Größe und Struktur der Höhle. Was haben nun die Verantwortlichen von Lascaux daraus gemacht?

Die Kapitel des Onlineauftritts der Höhle von Lascaux

Mit einer Höhle verbinden wir häufig Dunkelheit sowie Schwierigkeiten beim Zugang und mit der Orientierung. Dieses Problem hat das Musée d’Archéologie Nationale, das neben dem französischen Kulturministerium das Projekt unterstützt, jedoch beeindruckend gut gelöst, denn wenn man die viersprachige Webseite aufruft (https://archeologie.culture.fr/lascaux/fr), empfängt einen gleich auf der Auftaktseite ein Video, das alle Zeichnungen aus nächster Nähe zeigt. Diese seit 2014 existierende 3D-Modellierung der Wandmalereien ist eine virtuelle Tour durch die Höhle, bei der man die aus der Jungsteinzeit stammenden Zeichnungen aus unter-schiedlichen Perspektiven betrachten kann. Darüber hinaus gibt es, über die Startseite oder das Menü erreichbar, sechs bzw. fünf (je nach Sprache) thematisch geordnete Kapitel verschiedener wissenschaftlicher Fachbereiche, die sich unter anderem mit der Geologie, den Maltechniken, der Fundgeschichte und der modernen Forschung beschäftigen. Hierbei sei darauf hingewiesen, dass vor allem die französische und englische Version ausführlicher sind als die deutsche und spanische. Diese thematisch angeordneten Kapitel erfassen sehr detailliert den geographischen, geologischen, archäologischen und kunsthistorischen Kontext der Malereien und nutzen Bilder, Karten, Fotos und Animationen zur Veranschaulichung. Dieser Aufbau entspricht den Bereichen, deren Wissen und Methoden Archäologen bei der Untersuchung eines Fundes heranziehen. Der Besucher erhält auf diese Weise nicht nur Informationen, sondern auch einen faszinierenden Einblick in deren Arbeitswelt. Neben den Erklärungen zu Lascaux verweisen diese Kapitel noch auf ähnliche Museen und Höhlen in der Umgebung, die zum größten Teil auch online besucht werden können.

Wie man schon am Aufbau und am Detailreichtum der Kapitel erkennen kann, hat der Internetauftritt einen betont informativ-wissenschaftlichen und damit bewusst keinen sensationsorientierten Charakter. In jeder der vier Sprachen werden die Wissensbereiche kurz und präzise eingeführt, sodass der Besucher keine Vorkenntnisse benötigt, um den Inhalt zu verstehen. Dennoch gibt es nur im Französischen Erklärungshilfen, die bestimmte Fachwörter für Laien verständlich erläutern. Die Online-Ausstellung ist an Archäologie interessierte Jugendliche oder Erwachsene gerichtet, die sich Zeit für den Besuch nehmen, da man viel lesen muss und sich nicht schnell durch verschiedene, abfotografierte Objekte klicken kann. Die vielen unterschiedlichen Medien, die in jedem Kapitel eingesetzt werden, helfen einem jedoch gut dabei, sich das eben erklärte bildlich vorzustellen. Man kann, z.B. dank einer Animation, in der Schritt für Schritt die Zeichnungen entstehen, sehen und verstehen, wie die Menschen in der Steinzeit ihre Umwelt, ihren Alltag und ihre Glaubensvorstellungen in Bilder verwandelt haben.

Die Internetseite lässt sich technisch sehr einfach bedienen, und auch für die virtuelle Höhlenführung benötigt man keine spezielle Software. Zusätzlich zu den verschiedenen Bildmedien in den Kapiteln gibt es noch eine Materialsammlung, in der unterschiedliche Objekte und Medien ausgewählt und vergrößert betrachtet werden können.

Es ist eindrucksvoll zu erfahren, was heutzutage dank moderner Digitalisierungs- und Dokumentierungstechniken alles möglich ist. Am Beispiel der Höhle von Lascaux zeigt sich, dass man nicht mehr nur einzelne kleine Objekte, sondern eben auch ganze Höhlen digitalisieren kann. Auf diese Weise lässt sich die Steinzeit auf neuartige und bequeme Weise entdecken. Das einzige Manko ist der betont wissenschaftliche Onlineauftritt, der ungeduldige jüngere aber auch ältere Besuchergruppen mit seiner Vielfalt und Struktur eventuell überfordert. Dennoch sei jedem empfohlen, diese Internetseite zu besuchen, denn so schnell und leicht kann man sich sonst keine jungsteinzeitlichen Malereien nicht nur ansehen, sondern auch gut nachvollziehbar erklären lassen – vor allem nicht, wenn sie fast 1500 Kilometer vom eigenen Wohnort entfernt liegen und noch dazu in einer Höhle versteckt sind.

Hier geht es zur Webseite der Höhle von Lascaux: https://archeologie.culture.fr/lascaux/fr

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