Eine Seefahrt die ist lustig …?

Hamburger Schlüsseldokumente zur deutsch-jüdischen Geschichte Ausstellung: Auf dem Schiff „wie auf einer anderen Erde“

Im Zusammenhang der Hamburger Landungsbrücken als Ort der Sehnsucht und Symbol der Freiheit wurde dieses Jahr die Ausstellung „Auf dem Schiff  ‚wie auf einer anderen Erde’“ auf der Website Instituts für die Geschichte der deutsche Juden veröffentlicht. Sie ist die sechste Online-Ausstellung dieser Art. Dabei spielen die Themen Reise, Auswanderung, Abreise und Ankunft eine große Rolle, die beispielhaft am Leben und Reisen von drei Hamburger Juden erzählt werden.

Zu Beginn werden die drei Hamburger vorgestellt. Joseph Carlebach, ein Rabbiner, Ida Dehmel, eine Mäzenin, und Ernst Heymann, ein Kaufmann, werden in kurzen Biografien eingeführt und erhalten Gesichter und Hintergründe. So fährt Joseph Carlebach nach Palästina auf der Jungfernfahrt der Hohenstein/Tel Aviv, das auch als „jüdisches Schiff“ bezeichnet wurde. Ida Dehmel hegte schon lange den Wunsch eine Weltreise auf See zu machen und nutze wiederholt die Gelegenheit, um der Situation in Hamburg zu entkommen. Sie fuhr unter anderem durch das westliche Mittelmeer, Westindien und Mittelamerika. Ernst Heymanns Seereisen begannen 1937 zunächst als Weltreise. Jedoch entschloss er sich 1941 mit seiner Frau Helene zu emigrieren und so gingen sie in Marseille an Bord eines Schiffes in Richtung Manila.

Hamburg ist und war ein Ort mit besonderer Anziehungskraft. Von dort starteten viele Menschen ihre Reise und machten sich auf  in die Welt. Für einige war es ein Abschied auf Zeit, für andere ein Lebewohl. Dabei ist das Schiff eine ganz besondere Art zu reisen. Man ist in einer Art Schwebezustand und befindet sich für die Zeit der Schiffsreise in einem „Dazwischen“. Das Loslösen vom Alltag und festen Boden unter den Füßen eröffnet Möglichkeiten sich mit Träumen, Wünschen,  Ängsten und sich selbst auseinanderzusetzen. Die Ausstellung beleuchtet wie unterschiedlich die drei Hamburger ihre Zeit auf dem Schiff in dieser schwierigen Zeit wahrgenommen haben. So bot es eine Art Auszeit, da man viele Probleme der nationalsozialistischen Zeit hinter sich lassen konnte und auf dem Schiff eine Gemeinschaft auf Zeit entstand. In dieser wurden im Gegensatz zum Alltag der Reisenden „rassische Kategorien“ wenig beachtet und hinter sich gelassen. Hier wurden sie nicht ausgegrenzt und waren Teil der gesellschaftlichen Aktivitäten. Trotzdem wird auch gezeigt, dass Klassenunterschiede auf dem Schiff bemerkbar waren. Die Zeit vor und nach der Reise wurden auch nicht komplett ausgeblendet. Die Passagiere setzen sich auch mit ihrer eigenen Verfolgungsgeschichte auseinander und konnten das Schiff als einen neutralen Raum ansehen, der Raum zur Reflexion bot. So wird auch die Angst vor der neuen Existenz bzw. dem Wiederkehren offensichtlich.

Besonders positiv für die Nutzung im Umgang mit Schülern ist der Einführungstext vor den jeweiligen Aspekten zu sehen, der eine Verordnung in der Zeit und den Umständen der Personen gibt. Auf diese einleitenden Texte zu den Kapiteln gelangt man zuerst und kann sich dann durch Pfeile zur Seite den persönlichen Bezug der Hamburger zum Kapitel durchlesen. Durch „vertikale Kapitel“ werden die unterschiedlichen Aspekte des Maritimen vorgestellt und in „horizontalen Station“ die individuellen Erfahrungen geschildert. Zudem werden die Konzepter sowie die Autoren  und die technische Umsetzung namentlich vorgestellt.  

Auch die anderen Ausstellung des Projekts sind nach diesen Punkten gestaltet. Aus Anlass des 50. Jubiläums des Instituts für die Geschichte der deutschen Juden wurde der Online-Auftritt „Hamburger Schlüsseldokumente zur deutsch-jüdischen Geschichte“ 2016 veröffentlicht.  Das Ziel der Website ist es, unterschiedliche Zugänge zu zentralen Aspekten der jüdischen Geschichte Hamburgs zu geben und als eine Online-Quellenedition zu wirken. Dadurch wird einem breiteren Publikum die Möglichkeit gegeben, Zugriff auf die Quellen zu erhalten und diese, in fachliche Diskurse eingebunden und kontextualisiert, zu verwenden. Andere Ausstellungen sind  beispielsweise „Kinderwelten – Neue Blicke auf die Geschichte des jüdischen Schullebens in Hamburg“ oder „'(Lebens-)Geschichte zwischen vier Wänden‘ – Max und Frida Salzberg“.

Die Ausstellung „Auf dem Schiff – ‚wie auf einer anderen Erde’“ gibt einen wunderbaren Einblick in die Biographien der drei Personen und vermittelt eine Idee für deren Situation auf der Reise. Durch den Bezug zu den drei Personen und Verwendung ihrer Bilder und Zitate aus den Reisetagebüchern wird ein persönlicher Bezug geschaffen, unterschiedliche Erfahrungen miteinander verknüpft und anschaulich vorgestellt.  Offensichtlich ist immer wieder der wissenschaftliche Anspruch. Dazu werden die Quellen verzeichnet, Zitate aus Tagebüchern verwendet und auch die Nennung der zuständigen Personen ist vorhanden. Die Objekte und Quellen werden teilweise als Fotos dargestellt, jedoch entzieht man den Großteil der Informationen aus Texten. Diese haben eine angenehme Länge und einen Stil, der sich besonders für die Schule eignet. Für Schüler und Schülerinnen sind die wichtigsten Informationen zur Orientierung vorhanden, sie können sich konkrete Personen anschauen und haben direkte Quellenbeispiele. Auch ist die Informationsflut eingeschränkt, wodurch der Leser nicht überfordert wird . Durch den gelungenen Spagat aus Adressatenoffenheit und Wissenschaftlichkeit ist die Ausstellung „auf einem Schiff ‚wie auf einer anderen Erde‘ eine wunderbare Ausstellung für Jung und Alt und eben auch zur didaktischen Verwendung geeignet.

https://juedische-geschichte-online.net/ausstellung/schiffsreisen#home

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