Jeder in Halle kennt sie, die Ansage in der Straßenbahnlinie 7 an der einschlägigen Haltestelle: „Landesmuseum für Vorgeschichte – Ausstellung der über 3600 Jahre alten Himmelsscheibe.“ Die bronzezeitliche Himmelsscheibe ist jedoch nicht nur im Museum selbst, sondern auch in dessen Onlineausstellung zu sehen. Die Präsentation im Internet bietet Interessierten zu Coronazeiten, aber auch wenn die Himmelsscheibe verliehen ist, die Möglichkeit, dieses besondere und uralte Objekt kennenzulernen. Doch geht es in der Onlineausstellung nicht nur um die Himmelscheibe, denn die Webseite bietet noch viele andere interessante Wissensbestände zur bequemen Erkundung von zu Hause aus an. Die folgende Rezension analysiert die Ausstellungsinhalte sowie die Art und Weise, in der die wissenschaftlichen Erkenntnisse einem breiten Publikum präsentiert werden. Sie legt den Fokus auf die Bereiche, die sich mit der Dauerausstellung im Allgemeinen und der Himmelsscheibe von Nebra im Besonderen befassen.
Das Landesmuseum für Vorschichte in Halle/Saale (https://www.landesmuseum-vorgeschichte.de/) gehört zum Landesamt für Denkmalschutz und Archäologie Sachsen-Anhalt (https://www.lda-lsa.de/landesamt_fuer_denkmalpflege_und_archaeologie/) und beherbergt eine der umfangreichsten archäologischen Sammlungen in Deutschland. Das in der Öffentlichkeit bekannteste Ausstellungsstück ist die über 3600 Jahre Himmelsscheibe von Nebra, einem kleinen Ort im Unstruttal in Sachsen-Anhalt, in dessen Nähe sie 1999 von Raubgräbern entdeckt wurde. Sie zählt zu den bedeutendsten archäologischen Funden des 20. Jahrhunderts, da sie die weltweit älteste konkrete Darstellung astronomischer Phänomene zeigt, die man bis jetzt gefunden hat. 2013 wurde sie daher in das UNESCO-Dokumentenerbe „Memory of the World“ aufgenommen. Im aktuellen Projekt des Landesmuseums, „UNESCO – Memory of the World: Kontextualisiertes Erleben der Himmelsscheibe von Nebra“, werden zahlreiche museale Objekte digitalisiert, um Besuchern unterschiedlichster Interessen nicht nur analoge, sondern auch digitale Möglichkeiten zur Vor- und Nachbereitung ihres Museumsbesuches zu bieten. Dazu gehört das Kapitel über die Dauerausstellung auf der Internetseite des Landesmuseums, das ich, nach einem Blick auf den allgemeinen Internetauftritt des Museums, genauer betrachten möchte.
Die Startseite listet 23 Kapitel auf, in die die Webseite unterteilt ist. Diese Kapitel ordnen sich nach vier Bereichen, die sich mit dem Museumsbesuch, der Dauer- und den Sonderausstellungen, der Forschung am Museum und im Landesamt sowie mit inhaltlich verwandten Ausgrabungsstätten und Forschungsprojekten im Land Sachsen-Anhalt beschäftigen. An dieser Einteilung wird deutlich, dass die Vor- und Nachbereitung des Museumsbesuchs im Zentrum steht. Ein weiterer Arbeitsbereich des Landesmuseums für Vorgeschichte ist die Forschung und die Wissensvermittlung, weshalb dies der zweite große Schwerpunkt der Internetseite ist. Zu diesen Oberkapiteln, die wiederum in mehrere Unterkapitel unterteilt sind, gelangt man über die Auftaktseite oder das Menü. Die sechs Unterkapitel der Dauerausstellung sind chronologisch aufgebaut und erzählen, nach Großepochen unterteilt und thematisch angeordnet, die Geschichte der Region um Halle von der Altsteinzeit bis zur frühen römischen Kaiserzeit. Kurze Texte beschreiben und erklären detailliert die geographischen, klimatischen, archäologischen und kunsthistorischen Kontexte der Epochen. Fotos aus der Ausstellung, Bilder, Karten und Zeichnungen veranschaulichen und erweitern die Aussagen der Texte. Da die Himmelsscheibe so einzigartig ist, ist ihr ein eigenes Oberkapitel gewidmet, obwohl sie zur Dauerausstellung gehört.
Wie man schon am Aufbau und am Detailreichtum der Kapitel und Unterkapitel erkennen kann, hat der Internetauftritt einen deutlich informativen-wissenschaftlichen und nicht sensationsorientierten Charakter. In jedem Oberkapitel wird die besprochene Epoche kurz eingeführt, sodass der Besucher keine Vorkenntnisse benötigt, um den Inhalt zu verstehen. Dennoch werden viele Fachwörter, wie z.B. Paläolithikum und Mesolithikum, verwendet, die Vorkenntnisse in Geschichte, Archäologie, Geographie und Kunstgeschichte voraussetzen. Daraus lässt sich schließen, dass das untersuchte Kapitel „Dauerausstellung“ des Internetauftritts an Archäologie und Geschichte interessierte Jugendliche oder Erwachsene gerichtet ist, die sich in Vorbereitung auf einen Besuch im realen Museum die Zeit nehmen können und wollen, diese sehr informative und vielfältige Webseite zu erkunden. Laien können dank der kurzen, prägnanten Texte auch von der Onlineausstellung profitieren. Die vielen unterschiedlichen Medien, die in jedem Kapitel eingesetzt werden, helfen dabei, sich das eben Erklärte bildlich vorzustellen. Man kann beispielsweise dank einer wissenschaftlichen Zeichnung nachvollziehen, welche Kleidung die Menschen in der Altsteinzeit trugen. Um jüngere Besuchergruppen zu erreichen, unterhält das Landesmuseum auch Accounts auf Facebook, Twitter und Instagram.
Die Internetseite lässt sich sehr einfach bedienen, denn sie ist übersichtlich und schlicht gestaltet. Ihre 23 Kapitel mögen einem zunächst zwar als unüberschaubar erscheinen, doch kommt man über die linke Steuerleiste schnell wieder zum Ausgangspunkt zurück. Zusätzlich zu den verschiedenen Bildmedien in den oben beschriebenen Abschnitten gibt es noch das Kapitel „Digitale Sammlungen“, das digitalisierte historische Fotos über das Museum sowie die Münzsammlung des Landesamtes für Denkmalschutz und Archäologie öffentlich zugänglich macht. Ebenso wie die übrigen Medien können sie auch hier einzeln ausgewählt und zur eingehenden Betrachtung vergrößert werden. Man kann in den Bereichen der Dauerausstellung jedoch leider nicht in die Bilder, Karten oder Zeichnungen hineinzoomen, weshalb manche Details und Beschriftungen schwer zu erkennen sind. Das ist, aus meiner Sicht, das einzige Manko dieser ansonsten sehr gelungenen Darbietung.
Der Online-Auftritt des Landesmuseums für Vorgeschichte ist in zweierlei Hinsicht beeindruckend. Auf einer Internetseite hat man, was die Menge an Medien und Informationen sowie ihre Präsentation angeht, nicht den gleichen Handlungsspielraum wie in einer physisch realen Ausstellung. Deshalb muss allein schon aus technischer Sicht am Inhalt gekürzt werden. Daher ist es aus meiner Sicht eine bemerkenswerte Leistung, dass es den Verantwortlichen der Webseite gelungen ist, das Wissen aus einer sehr umfangreichen Ausstellung, zu kurzen, prägnanten und dennoch für Laien verständlichen Texten zu komprimieren. Die zweite eindrucksvolle Leistung ist, dass in dieser kleinen Online-Ausstellung zwar schon viel gezeigt und erklärt wird, man aber dennoch motiviert ist, sich die Präsenzausstellung anzuschauen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Online-Auftritt, und insbesondere die hier untersuchten Kapitel, eine gute Vorbereitung auf einen Besuch sind, und zwar in inhaltlicher wie in besuchspraktischer Hinsicht. Daher empfehle ich allen Interessierten, sich diese Internetseiten in Ruhe anzuschauen, und dabei entspannt ihr Wissen über die Ur- und Frühgeschichte aufzufrischen und zu erweitern.
Hier sind die Links zum Landesmuseum Halle: https://www.landesmuseum-vorgeschichte.de/
und zum Landesamt für Denkmalschutz und Archäologie Sachsen-Anhalt: https://www.lda-lsa.de/landesamt_fuer_denkmalpflege_und_archaeologie/