Romanikforschungspreis 2017 verliehen

Am 25. Januar wurde die Kunsthistorikerin und Archäologin Anelise Nicolier aus Frankreich (Université Lumière Lyon 2) bei einem feierlichen Festakt mit dem internationalen Nachwuchspreis des Europäischen Romanik Zentrums (ERZ) für herausragende Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Romanik geehrt. Die Wahl der international besetzten Jury fiel in diesem Jahr auf ihre interdisziplinär angelegte überragende Dissertation mit dem Titel „La construction d’un paysage monumental religieux en Brionnais à l’époque romane“. Die Grußworte sprachen Dr. Michael Lehmann, Leiter der Abteilung Hochschulen, Wissenschaft und Forschung des Ministeriums für Wissenschaft, Wirtschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen-Anhalt, und Jan-Hinrich Suhr vom Vorstandsstab der Saalesparkasse. In seiner Laudatio würdigte Prof. Dr. Andreas Hartmann-Virnich (Aix en Provence) die außerordentlich umfangreiche mehrbändige Arbeit von Anelise Nicolier. Durch die Anwendung historischer Methoden auf ein kunsthistorisches Thema, durch die Betrachtung der kirchenpolitischen Struktur anhand schriftlicher Quellen, konnte die Preisträgerin neue wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen. Zu Ehren der Preisträgerin hielt Prof. Dr. Martin Clauss (Chemnitz) einen Festvortrag zum Thema „Die Kirchenvogtei im 11. und 12. Jahrhundert“.

Das im Süden Burgunds gelegene Gebiet des Brionnais ist berühmt für seine einzigartige Landschaft religiöser Monumente. Der Preisträgerin konnte in ihrer Arbeit die Geschichte der romanischen religiösen Denkmäler im Brionnais bis in das 9. Jahrhundert zurück rekonstruieren. Die bisherige Forschung hat diese frühe Zeit nicht betrachtet und sich ausschließlich auf die erhaltenen Kirchen konzentriert, obgleich mehr als die Hälfte der Kirchen im Brionnais, die zwischen dem 9. und dem 12. Jahrhundert erbaut wurden, heute von der sichtbaren Oberfläche verschwunden ist. Dabei konnte Anelise Nicolier die Entstehung der Pfarrgebiete als eine Entwicklung von einer Einteilung in agri und villae hin zu einem Netzwerk der parochiae nachvollziehen. Insgesamt waren es die politischen und künstlerischen Netzwerke ebenso wie die Kirchbauhütten, die ein Ensemble von wirklich reicher Interaktion erschufen.