Hasi muss bleiben!
Die HaSi (Hafenstraße 7) bietet uns seit Jahren Raum für unsere zahlreichen Treffen. Nun soll sie geräumt werden. Das wollen wir nicht hinnehmen! Wenn ihr die Hasi und uns unterstützen möchtet, verbeitet diese Botschaft gerne weiter und kommt am Mittwoch, den 21.11.18, um 13 Uhr zur Kundgebung und Demonstration auf den Marktplatz in Halle. Danke!
Die Räumung der HaSi wird vollstreckt. Neben den vielzitierten Initiativen und Aktivitäten wie Gartenprojekt, Capoiera-Kurs, Yoga-Kreis, Elterncafé und Jam Session sowie Orten der Selbstorganisation wie die Fahrradselbsthilfewerkstatt und solidarische Küche, sind auch wir als Initiative Neue Plurale Ökonomik Halle davon betroffen.
Inwiefern und wer sind wir überhaupt?
Kurz: Wir sind eine Gruppe Studierender verschiedener Fachrichtungen, die sich kritisch mit dem Studium der Wirtschaftswissenschaften auseinandersetzt.
Was haben wir mit der HaSi zu tun?
Kurz: Wir nutzen die HaSi. Wir treffen uns dort wöchentlich für unseren Lesekreis und Plena. Im Lesekreis beschäftigen wir uns selbstorganisiert mit Texten und Büchern, die uns im universitären Kontext fehlen. In Plena organisieren wir Veranstaltungen, debattieren über wissenschaftliche Konzepte und feilen an Möglichkeiten, unsere Vorstellungen von Lehre und Wissensproduktion in die Praxis umzusetzen. Uns eint die Unzufriedenheit mit dem kapitalistischen Normalzustand, der Ausbeutung und Hass verursacht und wir versuchen, diesen Normalzustand zu analysieren, um ihn zu durchbrechen.
Was bedeutet „kapitalistisch“ an dieser Stelle?
Es bedeutet die Orientierung an der Verwertung des Kapitals, also am Gewinn statt am Bedarf, an der Vermehrung des Kapitals statt am Verbrauch. Ein derart operierendes System funktioniert langfristig nicht. Es wird an seine Grenzen kommen, da in Wirklichkeit materieller Bedarf über finanziellem Interesse steht. Und das wird auch Halle merken. Es ist ungerecht, dass die nicht kapitalistisch organisierte Arbeit in der HaSi nicht als solche wertgeschätzt wird. Sie wird ausgebeutet, indem das Grundstück, das zwölf Jahre leer stand nun wieder von Interesse für die Stadt ist. Die aktiven Menschen in der HaSi haben das Gelände aufgeräumt und wieder instandgesetzt. Das will die HWG nun ausnutzen. Die kapitalistische Logik vom Zwang der Lohnarbeit, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, um Mieten zu bezahlen führt zu einem entfremdeten Leben – sinnlos und unfrei. Es steht dem diametral gegenüber, wofür sich die HaSi einsetzt.
Die Fakten sind bekannt: Gegenwärtig steht die HaSi unter Denkmalschutz, was bedeutet, dass die baufälligen Gebäude zu erhalten sind. Das wird die Stadt unendlich viel Geld kosten. Kosten, die an anderer Stelle gebraucht würden. Nach derzeitiger Rechtsprechung kann das Gelände von der Stadt nicht sinnvoll genutzt oder verwertet werden. Die Stadt selbst hat den Wert des Geländes mit Minus 200.000 Euro veranschlagt. Ein Kaufangebot seitens der HaSi von einer viertel Million über diesem Wert hat die Stadt abgelehnt. In der Hoffnung, zukünftig nicht mehr an momentan geltende Vorgaben gebunden zu sein, ordnet die stadteigene HWG die Räumung des Geländes und beendet ein Projekt, das mehr als nötig ist für den Ort Halle. Denn: Wir brauchen Platz!
Wir von der Initiative Neue Plurale Ökonomik nutzen die HaSi. Denn sie bietet Raum, den es sonst so nicht gibt in Halle. Sie bietet Platz für Selbstorganisation, ohne inhaltliche Schranken, einen wahrhaften Freiraum. Etwas, das die Universität gerne von sich behauptet, aber in ihren eigenen wiederum ökonomischen Zwängen nicht bieten kann.
Die HaSi als Versuch eines nichtkapitalistischen Raums bietet Platz für die gedankliche Entfaltung. Sie ist gelebtes Beispiel einer Welt abseits der vorherrschenden Meinung und Praxis von Geltungsdrang und Leistungszwang.
Die HaSi als nichthierarchischer Raum bietet Platz für Mitbestimmung. Es gibt Möglichkeiten, gehört zu werden, sich einzubringen und bestimmender Teil eines Größeren zu sein, anstatt nur eine Stellschraube.
Als kritischer Raum bietet die HaSi Platz zur Selbstreflexion. Was wir erreichen wollen, ist, eingefahrene Denkmuster ständig zu hinterfragen und progressiv weiterzuentwickeln. Die HaSi ist Fortschritt, nicht im Sinne von Entwicklungsgedanken, sondern im Sinne dialektaler Reise zu gesellschaftlicher Utopie.
Und zuletzt bietet die HaSi als Platz der Diverstität Raum für Streit. Wovon unsere Theorie leben sollte, ist die inhaltliche Auseinandersetzung mit verschiedenen Vorstellungen und Analysen sowie der konstruktiven Kritik an der Sicht auf die Dinge. Auf dieser Grundlage können wir unser Handeln ausrichten.
Wenn wir unser Positionspapier und unsere Forderungen als Gruppe in den letzten Jahren anschauen, ist genau das alles praktisch umgesetzt in der HaSi. Mit der HaSi war es uns möglich die Universität aus ihrem Elfenbeinturm zu holen. Fragen der neoliberalen Kritik wurden nicht im abstrakten Seminarraum, sondern im materiellen Freiraum bearbeitet. Diese Vorstellungen scheinen konventioneller Wirtschaft zu widersprechen.
Wenn wir von Wirtschaft reden, sollen wir auf Wohlstand und Wachstum referieren. Der Wohlstand der HaSi zeigt sich nicht in materiellem Reichtum. Im Gegenteil, wir leben mit sporadischer Ausstattung der Räume, ungeheizten Räumen im Winter, weil das Feuerholz knapp war und Brause und Bier gibt auf Spendenbasis zum Selbsterhalt. Reicher geworden sind wir doch alle. Jede Person, die sich engagiert hat. Alle, die regelmäßig da waren. Und gewachsen ist in der HaSi auch einiges: Freundschaften, Menschen, Gemüse und Obstbäume, Netzwerke sowie der Kleiderbestand im Umsonstladen. Aber sicher nicht das BIP!
Und jetzt siegen leider die Interessen von Großunternehmer_innen wie F.K. Horn und Lührmann, die nicht den Bedarf, sondern die profitable Kapitalverwertung im Sinn haben. Lührmann hat es bereits geschafft, die Rockstation in der Hafenstraße zu zerstören. Ihr Schicksal ist bekannt. Die Rockstation musste umziehen und wurde letztes Jahr auch aus ihren neuen Räumen geschmissen. Ein weiteres Kulturzentrum mit Jugendarbeit und Proberäumen ist ruiniert. Es wird Platz für Neubauten geschaffen, hinter deren sauberen, grauen Fassaden das hallesche Leben genauso perspektivlos und arm bleibt. Es ist also egal, ob gemietet oder besetzt, für Subkultur soll in Halle kein Platz sein, solange kapitalistische Strukturen herrschen.
Doch dank der HaSi wissen wir, dass eine andere Gesellschaftsordnung möglich ist. Und wir träumen davon, dass es auch der Rest der Stadt und die Behörden mitbekommen. Und unsere Träume sind stärker als eure Gewalt!
Initiative Neue Plurale Ökonomik Halle, November 2018
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