Für göttlichen Duft eine feine Nase!

Dissertation zur mittelalterlichen Geschichte der Geruchswahrnehmung von Julia Seeberger mit dem renommierten Forschungspreis des ERZ ausgezeichnet

Am 3. Dezember 2021 wurde mit einem feierlichen Festakt der internationale Forschungspreis des Europäischen Romanik Zentrums (ERZ) für herausragende Arbeiten auf dem Gebiet der Romanik an Julia Seeberger verliehen. Sie erhielt die Ehrung für ihre Dissertation „Olfaktorik und Entgrenzung – die Visionen der Wienerin Agnes Blannbekin (gest. 1315)“.

Prof. Dr. Ute Engel, 1. Vorstandsvorsitzende des ERZ, bedauerte noch einmal, dass die Verleihung des Preises Pandemie bedingt von 2020 auf dieses Jahr verschoben werden musste und gratulierte der Preisträgerin sehr herzlich. In seiner Laudatio würdigte Prof. Dr. Jörg Ulrich (Professor für Kirchengeschichte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) die außerordentlich innovative Forschungsleistung von Julia Seeberger. Mit neuen Fragestellungen habe Sie ein bisher kaum erforschtes Gebiet betreten. Grußworte entrichteten Prof. Dr. Wolfgang Paul, Prorektor für Forschung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, und – online zugeschaltet – Dr. Jürgen Fox, Vorstandsvorsitzender der Saalesparkasse. Mit besonderer Freude nahm das Auditorium auf, dass Dr. Fox die Förderung des Romanikforschungs­preises durch die Stiftung der Saalesparkasse für weitere fünf Jahre zugesagt hat. Im Anschluss an die Preisverleihung fand, ebenfalls online zugeschaltet, ein Festvortrag von Prof. Dr. Kristin Böse (Frankfurt a. M.) zum Thema „Visionsräume. Mystische Erfahrungen und ihre Darstellbarkeit in der mittelalterlichen Kunst“ statt.

In ihrer Arbeit analysiert Julia Seeberger vor allem die Besonderheiten der olfaktorischen Wahrnehmung (Geruchssinn) in Hinblick auf die Begegnung mit Gott und das soziale Umfeld der Wiener Begine Agnes Blannbekin (gest. 1315). Ihre Dissertation versteht sich als sinnesgeschichtlicher Blick auf die Lebensgeschichte und Visionen der im Vergleich zu anderen Mystikerinnen wie Hildegard von Bingen weniger bekannten Agnes Blannbekin. Grundlage bilden die von Blannbekins Beichtvater angefertigten Niederschriften der Visionen und des Lebens der Begine. Seeberger verbindet in ihrer Arbeit die Handschriften- und Kontextanalyse mit einer inhaltlichen und sinnesgeschichtlichen, besonders olfaktorischen Analyse der Visionen und kann so die Einzigartigkeit der Quelle herausarbeiten.

Julia Seeberger ist seit 2019 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte bei Prof. Dr. Sabine Schmolinsky an der Philosophischen Fakultät der Universität Erfurt. Zunächst studierte sie Geschichtswissenschaften an der Katholischen Universität Eichstätt und Geschichte an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, wo sie ihr Studium 2012 mit einem Bachelor abschloss. Ihr Masterstudium absolvierte sie anschließend an der Georg-August-Universität Göttingen und der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Bereits ihre 2015 in Bamberg eingereichte Masterarbeit mit dem Titel „Selig die Nase, die dich atmet, o Gott“ ist ein kulturgeschichtlicher Blick auf die Geruchswahrnehmung im Hoch- und Spätmittelalter.

v. l. n. r.: Prof. Dr. Ute Engel, Dr. des Julia Seeberger, Prof. Dr. Markus Vinzent, Prof. Dr. Sabine Schmolinsky und Prof. Dr. Jörg Ulrich. (Foto: ERZ/O. Ritter 2021)