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Sprechpause

Wie du Schüler*innen mit Stottern stark machst!

Ich habe gerade meine Mails aufgeräumt und dabei diese wertvollen Informationen zum und über das Stottern wiedergefunden. Merke: Aufräumen lohnt sich! Jetzt kann ich mit euch weiter Angebote teilen, die von mir auf jeden Fall das Prädikat „Muss ich mir merken!“ erhalten.

Wie gehen wir in der Schule eigentlich mit Redeflussstörungen um? Stottern betrifft das Sprechen, nicht das Denken. Trotzdem kann es das Selbstbild und die sozialen Erfahrungen junger Menschen massiv beeinflussen. Dieser Beitrag soll euch Impulse geben, wie ihr eure Schüler*innen unterstützen könnt.

Der Podcast „Sprechpause“

Am besten werden die Betroffenen gehört und berichten selbst von ihren Erfahrungen. Das passiert im Videopodcast „Sprechpause – Der Talk mit Stottern“ auf YouTube. Hier kommen ausschließlich stotternde Menschen zu Wort. In den ersten Folgen geht es unter anderem um die frustrierende Suche nach Heilung, die schmerzhaften Erfahrungen mit Mobbing in der Schule – ein Thema, bei dem ihr als Lehrkraft dringend gefordert seid. Meine klare Empfehlung!

Selbsthilfe für junge Menschen

Stottern kann isolieren. Darum ist der Kontakt und Austausch mit anderen Stotternden so unglaublich hilfreich – in jedem Lebensalter. Für junge Menschen ist die Selbsthilfe oft eine wichtige Ergänzung zur logopädischen Therapie. Hier gibt es tolle Angebote, die ihr weitergeben könnt:

Flow – Die junge Sprechgruppe der BVSS“ – richtet sich an junge Erwachsene. Die Gemeinschaft trifft sich in über 20 Städten und auch online. https://www.bvss.de/selbsthilfe/junge-selbsthilfe

Speziell für die 12- bis 17-Jährigen wird gerade eine neue Online-Gruppe aufgebaut. Im Fokus steht hier das Stärken von Selbstvertrauen und Mut. Die zentrale Botschaft: „So wie ich bin, bin ich okay – und ich bin nicht allein!“ Solche Gruppen sind wichtige Ankerpunkte für Jugendliche, die oft unter großem Kommunikationsdruck stehen. Die Kontaktaufnahme läuft unkompliziert per E-Mail an die BVSS (info@bvss.de).

Behaltet diese Angebote im Hinterkopf! Als Lehrkraft seid ihr Vorbild. Geduld, Akzeptanz und eine entspannte Gesprächsatmosphäre sind das A und O. Gebt euren Schüler*innen Zeit.

Weitere Informationen erhaltet ihr auch über unser Lehrkraft-Programm Umgang mit stotternden Schülerinnen und Schülern

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Genderklischees?! – Gar nicht haltbar.

© Sarah Richer // unsplash

Gerade entdeckt: Im Podcast Sprechwissenschaft. Sprechen schafft Wissen reden Expert:innen über Stimme, Sprache und Kommunikation – wissenschaftlich fundiert und allgemeinverständlich erklärt. In Folge 1 räumt Prof. Melanie Weirich (Uni Jena) mit Genderklischees auf. Männer nuscheln? Frauen reden immer mehr? Bullshit!
Melanie Weirich zeigt, was biologische Faktoren, Sozialisation und auditive Wahrnehmung über die Stimme und Geschlecht verraten – und warum die Forschung viele verbreitete Überzeugungen infrage stellt.

Unterhaltsam und perfekt für dich, wenn du Sprache und Gender aus einer neuen Perspektive kennenlernen willst. Unbedingt reinhören!

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Radikale Höflichkeit

KI generiertes Bild
KI generiertes Bild

Die Radikale Höflichkeit entstand als bewusste Gegenbewegung zu einer zunehmend rauen und polarisierten Kommunikationskultur. Sie wurzelt in der Idee, dass echte Verbindung und konstruktive Auseinandersetzung nur auf einem Fundament tiefen Respekts und Empathie möglich sind. Ihr Ziel ist es, auch in schwierigen Situationen eine wertschätzende Haltung zu bewahren, das Gegenüber in seiner Menschlichkeit anzuerkennen und so Eskalationen zu vermeiden oder zu deeskalieren. Radikal höflich zu sein bedeutet aber auch, Hass und Ausgrenzung aktiv entgegenzutreten.

Auf der Seite https://www.kleinerfuenf.de/gespraechstips-und-argumentationsleitfaeden findest du viele Beispiele und weitere Informationen. Dort werden unter anderem diese fünf praktische Tipps gegeben, um in hitzigen Gesprächen einen kühlen Kopf zu bewahren:

  • Bleib cool
  • Stell offene Fragen
  • Hör zu
  • Kritisiere höflich
  • Agiere selbst

Die Radikale Höflichkeit besteht aus Methoden, die wir auch in unserem Seminar behandeln: Bleib cool, Stell offene Fragen und Hör zu – All das steckt in der Methode des Aktives Zuhöres: Hierbei geht es darum, die Perspektive des Anderen wirklich zu verstehen, ohne sofort zu urteilen. Das bedeutet, dem Gesprächspartner volle Aufmerksamkeit zu schenken, neugierig nachzufragen und das Gesagte mit eigenen Worten wiederzugeben.

Kritisiere höflich – wird durch Feedback als Haltung ermöglicht. Dieser Ansatz unterstützt wertschätzenden Aussagen. In dem man den Fokus auf konkrete Beobachtungen und Beschreibungen legt. Sich dessen Bewusst ist, dass Meinungen keine Allgemeingültigkeit haben sonder subjektiv sind und lernt zu ergründen, woher die wahrgenommene Wirkungen/Meinungen kommen.

Die Radikale Höflichkeit ist keine Garantie für konfliktfreie Kommunikation. Aber sie ermöglicht es, schwierige Gespräche zu führen, ohne die Beziehung zu belasten, und fördert ein Klima des Vertrauens und der Wertschätzung.

Wie so oft ist es eine Frage der Übung und des Ausprobierens. Versuch es doch gleich im nächsten Gespräch – sei neugierig, frage nach und formuliere deine Meinung!

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Ist mein Lispeln wirklich ein Problem?

© Matheo JBT // unsplash

Gute Frage, die wir auch oft in unseren Seminaren hören. Erst einmal ein paar kurze Infos: der Begriff Lispeln wird umgangssprachlich als Sammelbegriff für verschiedene Formen von S-Lautbildungsfehlern (Sigmatismen) benutzt. Je nach Zungenlage werden die Sigmatismen unterschiedlich benannt: während beim Sigmatismus addentalis die Zunge an die oberen Schneidezähne stößt, geht der Luftstrom beim Sigmatismus lateralis seitlich an der Zunge vorbei. Der bekannteste S-Lautbildungsfehler ist der Sigmatismus interdentalis, bei dem die vordere Zunge zwischen den Schneidezähnen zu sehen ist. Meist sind Sigmatismen Sprechgewohnheiten, die z. B. durch eine verzögerte Sprachentwicklung entstanden sind. Sie werden manchmal bei Kindern durch Bezugspersonen positiv verstärkt: „Das klingt so süß!“. Selten haben Sigmatismen organische Ursachen, wie z.B. Frequenzschwerhörigkeit, Zahnfehlstellungen oder Lähmungen.

Wie ist das jetzt für Lehrkräfte mit Sigmatismus? Soziophonetische Untersuchungen belegen, dass lispelnde Lehrpersonen als weniger kompetent wahrgenommen und ihre Persönlichkeit als „kindlich“/“niedlich“ empfunden wird. Sigmatismen können beim Zuhören vom Inhalt ablenken, die Konzentration der Schüler:innen kann sinken, im schlechtesten Fall treten sogar Verstehensprobleme auf.

Alles Argumente, die dafür sprechen, den Sigmatismus abzutrainieren. Ja, das geht! Es gibt Übungen für die Umgewöhnung deiner Zungenlage beim Sprechen des S-Lautes. Dazu findest du einige Tutorials online, kannt aber natürlich auch mit logopädischer Unterstützung daran arbeiten.

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Werteorientierung statt Neutralität

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Das in öffentlichen Diskussionen oft zitierte „Neutralitätsgebot“ für Lehrkräfte ist ein Mythos. Der Beutelsbacher Konsens, auf den sich diese Annahme häufig beruft, verpflichtet tatsächlich nicht zur Neutralität im Sinne einer Wertlosigkeit, sondern definiert vielmehr klare pädagogische Prinzipien für den Politikunterricht.

Hier die drei Prinzipien des Beutelsbacher Konsenses im Wortlaut:

  1. Überwältigungsverbot: Lehrkräfte dürfen Schülerinnen und Schüler nicht im Sinne eigener politischer Meinungen „überrumpeln“ oder indoktrinieren. Ziel ist die eigene Urteilsbildung der Lernenden, nicht die Übernahme vorgefertigter Ansichten.
  2. Kontroversitätsgebot: Was in Wissenschaft und Politik kontrovers diskutiert wird, muss auch im Unterricht kontrovers dargestellt werden. Verschiedene Standpunkte sollen transparent gemacht und kritisch beleuchtet werden.
  3. Befähigung zur politischen Urteilsbildung: Der Unterricht muss Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzen, eine politische Situation und ihre eigene Interessenlage zu analysieren sowie selbstständig politische Urteile zu bilden.

Quelle: Hans-Georg Wehling (1977): Konsens à la Beutelsbach? Nachlese zu einem Expertengespräch. In: Siegfried Schiele / Herbert Schneider (Hrsg.): Das Konsensproblem in der politischen Bildung. Stuttgart, S. 173 – 184, hier S. 179f.

Werteorientierung statt Neutralität

Anstatt eines Neutralitätsgebots sind Lehrkräfte in Deutschland den Werten des Grundgesetzes verpflichtet. Dies bedeutet, dass sie sich aktiv für die im Grundgesetz verankerten Prinzipien einsetzen. Dazu gehören insbesondere: Menschenrechte und Menschenwürde, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.

Diese Verpflichtung impliziert, dass Lehrkräfte klar Position beziehen müssen, wenn es um die Verletzung grundlegender Werte geht. Sie sind nicht „neutral“ gegenüber:

  • Rassismus und Diskriminierung
  • Sexismus und Queerfeindlichkeit
  • jeder Form von Menschenfeindlichkeit

Lehrkräfte haben die Aufgabe, junge Menschen zu mündigen, kritisch denkenden und verantwortungsbewussten Bürgern zu erziehen. Dies geschieht nicht durch Werteneutralität, sondern durch die Vermittlung und das Vorleben der grundlegenden demokratischen und humanistischen Werte unseres Grundgesetzes.