Flucht – ein einschneidendes Erlebnis und in unserer heutigen Zeit auch ein dauerhaftes Thema im gesellschaftlichen Diskurs. Besonders die Flüchtlingswelle im Frühling 2015 wurde kontrovers besprochen. Oftmals ist dabei der Fokus, was mit Geflüchteten aus anderen Ländern passiert, wo sie unter kommen und wie gehen wir als Gesellschaft mit ihrer Situation um. Die Website „Risiko Freiheit“ geht auf einen historischen Sonderfall ein: die Zeit des getrennten Deutschlands. Menschen, die ursprünglich in einem Land gelebt und eine Identität geteilt haben, wurden nach dem Ende des zweiten Weltkriegs zunächst in verschiedene Besatzungszonen geteilt, woraus sich anschließend die zwei deutschen Staaten bildeten: BRD und DDR. Immer wieder wollten Menschen fliehen und vorrangig aus dem Regime der DDR in die BRD übersiedeln. Da dies in den meisten Fällen legal nicht möglich war, war Flucht über die Grenze oft der letzte Ausweg. Wie war der Umgang in dieser Zeit mit Flüchtenden? Wie haben die beiden Staaten reagiert? Welche Wege gab es?
„Risiko Freiheit“ konzentriert sich vor allem auf die Fluchthilfe für DDR-Bürger und weniger auf Gründe der Geflüchteten vor und nach der Flucht. Diese Online-Ausstellung entstand aus einer Ausstellung, die die Stiftung Berliner Mauer 2014/2015 in der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde präsentierte. In fünf Touren werden unterschiedliche Wege und Phasen der Flucht bzw. Fluchthilfe von 1961 bis 1989 beleuchtet.
Die Online-Ausstellung bietet sehr viel didaktisches Potenzial für den Geschichtsunterricht. Das geteilte Deutschland wird vor allem in den höheren Klassen unterrichtet. In Sachsen-Anhalt steht besonders für die 10. Klasse eine Beschäftigung mit diesem Zeitraum an. Unter anderem soll im Sinne der geschichtskulturellen Kompetenz auch eine Exkursion zu einer Gedenkstätte oder in ein Museum durchgeführt werden. Wieso nicht auch online? Besonders in Zeiten von Corona bietet sich diese Alternative an. Zudem stehen in der 10. Klasse auch Aussagen von Zeitzeugen als besonderer Zugang zur Vergangenheit auf dem Lehrplan. Dabei sollen die Schüler und Schülerinnen lernen auf Grundlage von Aussagen von Zeitzeugen die Perspektivität von Ereignissen herauszubilden. Die narrative Kompetenz schließt sich hier direkt an, in dem die Schüler und Schülerinnen auf Basis von Zeitzeugenaussagen eine biografische oder thematische Darstellung verfassen.
„Risiko Freiheit“ eignet sich sehr gut für diesen Themenschwerpunkt. Sie schafft es mehrere Darstellungsformen von Geschichte aufzugreifen. Zum einen sind viele Medienformengegeben. Es gibt Texte, Fotos, Karten, Briefe, Audiodateien und auch Videos. Dadurch werden nicht nur alle rezeptiven Kanäle bedient, es kommen auch immer Zeitzeugen auf die eine oder andere Weise zu Wort. Das steigert zum einen das Vorstellungsvermögen und das Interesse der Schüler und Schülerinnen an der Thematik. Des Weiteren haben sie so die Möglichkeit erste oder auch vertiefende Erfahrungen mit Zeitzeugen als Quelle und Darstellungsform zu machen. Zusätzlich zu den Erzählungen der Einzelschicksale erhalten die Schüler und Schülerinnen durch die Darstellung der Phasen und Wege der Flucht bzw. Fluchthilfe einen weiten Überblick und können außerdem die Multiperspektivität des Geschichtsabschnitts entdecken. Da die Touren jeweils auf ungefähr 15 Folien präsentiert werden und die Texte eine angenehme Länge für Schüler und Schülerinnen haben, kann die Klasse auch sehr gut eigenständig arbeiten. Dies ist insbesondere positiv, wenn man das forschend-entdeckende Lernen als Unterrichtsziel setzt. Schön ist auch, dass immer wieder vertiefende Informationen zu den kurzen Überblickstexten angeboten werden, so dass Interessierte eine Möglichkeit erhalten, mehr zu erfahren.
Es bietet sich an, verschiedene Arbeitsaufträge an die Klasse zu verteilen, so dass eine Arbeit in Gruppen oder auch einzeln möglich ist. So wäre es möglich, dass sie die Schüler und Schülerinnen sich zunächst generell informieren und anschließend ein Themengebiet aussuchen, das sie besonders interessiert. Dabei kann man beispielsweise einzelne Personen herausziehen oder die Phasen darstellen lassen. Im Anschluss können die Ergebnisse vor Allen präsentiert werden. Auch dabei kann der Klasse Spielraum geboten werden, in dem unterschiedliche Formen möglich sind – als ein klassisches Referat, ein Poster, ein szenisches Spiel, eine PowerPoint Präsentation, eine Kurzbiographie … Trotzdem sollte die Klasse vor Auseinandersetzung mit der Website einen Überblick über die deutsche Teilung haben, da auf der Website wenig darauf eingegangen wird und auch Gründe für eine Flucht aus der DDR kaum betrachtet werden. Daher ist es notwendig die Hintergründe einer Flucht vorher zu besprechen. Ohne kann es für Schüler und Schülerinnen durchaus absurd wirken, solche Aktionen und Risiken auf sich zu nehmen, um über die Grenze zu kommen.
Durch die Kombination aus übersichtlichen Texten, Bildern und Grafiken sowie persönlichen Geschichten und Aussagen stellt Website „Risiko Freiheit“ eine großartige Möglichkeit dar, mit Schülern und Schülerinnen eine neue Art der Ausstellung zu entdecken. Es wird Überblickswissen geboten, aber auch spannende, aufregende und interessante Geschichten. Und vielleicht werden die Schüler und Schülerinnen durch den Blick auf Zeitzeugen der Geschichte des geteilten Deutschlands motiviert, sich an eine weiterführende Auseinandersetzung und Vertiefung des Themas zu wagen, in dem sie beispielsweise ihre eigenen Familie oder Bekannten ausfragen und sich für ihre Eindrücke dieser Zeit interessieren.
Eine weitere Ausstellung in diese Richtung ist die Online-Erkundung der Berliner Mauer. Auch diese Website wurde durch die Stiftung Berliner Mauer realisiert. https://berliner-mauer.mobi/startseite.html
Das Lebendige Museum Online fokussiert, wie schon in einem anderen Blogbeitrag erwähnt, sehr stark seinen didaktisch-bildenden Auftrag, im Speziellen durch den Reiter Lernen. Im Folgenden wollen wir betrachten, wie dies geschieht und ob die von LeMO bereitgestellten Materialien und Ideen sinnvoll sind. Wir widmen uns zunächst der Beschreibung der vorgefundenen Materialien und werden diese anschließend auf ihre Sinnhaftigkeit aus didaktischer Perspektive hin überprüfen.
Gleich zu Beginn sei darauf verwiesen, dass auch die Lehrmaterialien wieder in die beiden Museen Deutsches Historisches Museum und Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland unterteilt sind. Gleich zu Beginn wird vom Projekt selber beschrieben, was mit den Materialien erreicht werden soll und für wen sie erstellt wurden. Nach diesen kurzen einleitenden Sätzen beginne ich nun mit der Beschreibung der Lehrmaterialien des Deutschen Historischen Museums.
Klicken wir auf den Reiter dieser Lehrmaterialien, so werden wir auf eine andere Seite weitergeleitet. Hier finden wir recht offensichtlich mehrere Themenbereiche (z.B. Kunst und Zensur, Gleichberechtigung, Farbe bekennen) die jeweils angeklickt werden können und wieder auf eine andere Seite verweisen. Sehr interessant ist, dass es sich hierbei nicht um Lehrmaterialien handelt, sondern dass diese Abschnitte eher in den Bereich der Themen, die es auch auf der Internetseite gibt, passen würden. Warum diese Einteilung so gewählt wird, ist fraglich und wird vom Projekt selber nicht erklärt. Widmen wir uns nun einer der Themenbereiche, so landen wir auf einer Seite, die zum jeweiligen Themenbereich durch die Geschichte hindurch verschiedene Informationstexte sowie Quellen bereithält. Außerdem gibt es ganz zum Schluss noch sogenannte Lese- und Medientipps für weiterführende Informationen. Didaktisch ist dies noch nicht atemberaubend aufgearbeitet, die Lehrperson muss hier noch viel Arbeit hineinstecken, um zu filtern, was für seine oder ihre Lerngruppe wichtig und nützlich ist. Natürlich ist das auch Aufgabe der Lehrkraft, ein bisschen Unterstützung seitens des Internetauftritts wäre trotzdem wünschenswert gewesen.
Schauen wir nun zurück auf die Hauptseite der didaktischen Materialien des Deutsche Historischen Museums. Abseits der etwas deplatziert wirkenden Themenbereiche finden sich auch Unterrichtsmaterialien. Die Gestaltung ist etwas fad im Vergleich zu den Themen, es sind nur ein paar Zwischenüberschriften mit Links zu PDF-Dateien. Gleich die erste ist recht wichtig, da diese aufzeigt, welches Lehrkonzept das Deutsche Historische Museum verfolgt. Außerdem werden Angebote für Schulklassen aufgezeigt und sogar Weiterbildungsseminare für LehrerInnen angeboten. Des Weiteren werden Führungen für verschiedene Ansprüche (z.B. in Gebärdensprache, in einfacher Sprache) geboten. Dies alles wird sehr ausführlich geschildert.
Darunter gibt es zwei Links zum interaktiven digitalen Angebot und ein Begleitheft zur Dauerausstellung, diese funktionieren jedoch nicht. Der darunter zu findende Punkt ist dann endlich für Lehrende wichtig, da sich hier für diese Materialien finden. Diese unterteilen sich wie folgt: Orientierungskurse (Nationalsozialismus und Nachkriegszeit), Integrations- und Elternkurse (In Deutschland – Staatsbürger sein) Willkommensklassen (Graben, planen, bauen) und Frühe Sachbildung (Wir sammeln Dinge). Alles wieder als PDF-Dateien verfügbar. Diese ähneln Broschüren, sind jedoch sehr ausführlich gestaltet, umfassen ausführliche Ausführungen zu den pädagogisch-didaktischen Hintergründen der Kurse und Aufgaben, die mithilfe der Ausstellungen gelöst werden können. Wichtig ist, dass sich gerade die letzten beiden vor allem an GrundschülerInnen richten. Der letzte Punkt auf der Seite bildet die Broschüre zur Führung in leichter Sprache.
Und damit ist der didaktische Teil des Deutschen Historischen Museums abgehakt. Widmen wir uns also nun dem Lehr- und Lernmaterial der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Diese Seite ist ganz anders aufgebaut als die des Deutschen Historischen Museums. Gleich zu Beginn findet der Besucher einen Informationstext, was auf der Seite zu finden ist. Die Materialien sind aus vier verschiedenen Ausstellungen zusammengetragen: Haus der Geschichte in Bonn, Zeitgeschichtliches Forum Leipzig, Tränenpalast und Museum in der Kulturbrauerei in Berlin. Außerdem gehen die Museen, anders als das Deutsche Museum, in ihren Materialien nicht von der ganzen Ausstellung aus, sondern sie nehmen einzelne Objekte als Ausgangsquelle für ihre Ausführungen. Es gibt auch eine Einführung, was LeMO-Lernen überhaupt ist und wie man damit umgehen soll. Kurz dazu: Die Lehrmaterialien orientieren sich, so die Ausführungen des LeMO, an den Lehrplänen in Deutschland. Sie seien sowohl für den Einstieg wie auch für die Vertiefung geeignet.
Unter der Verlinkung zur Ausführung findet der geneigte Leser eine Suchmaske, durch die er, durch die ihr gezielt nach Materialien suchen könnt. Suchparadigmen sind: Zielgruppe (bis jetzt gibt es aber nur die Altersgruppe ab 15), Museum (die schon weiter oben genannten vier) und das Thema. Unter dieser Suchmaske sind dann verschiedene schon vorausgewählte Quellen, die man nutzen kann.
Soweit erstmal zum Aufbau der Lehr-/Lernmaterial-Seite der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Widmen wir uns nun noch kurz der Aufarbeitung der einzelnen Arbeitsmaterialien für die Quellen. Beispielhaft picken wir uns die Kennedy-Rede in Berlin heraus; der Aufbau lässt sich aber auch auf alle anderen Materialien übertragen. Zunächst finden wir einen kurzen Einführungstext, der die Quelle in ihren Kontext einordnet. Anschließend differenziert LeMO-Lernen die Arbeit mit der Quelle in zwei Bereiche: zum einen die Integration in den Unterricht, zum anderen die Auseinandersetzung mit der Ausstellung vor Ort. Zum ersten: hier fällt zunächst auf, dass das Lebendige Museum Online genaue Aufgabenstellungen gibt, die sich noch dazu an die Vorgaben der Lehrpläne und verschiedenen (geisteswissenschaftlichen) Didaktiken orientieren, indem gängige, alle drei Anforderungsbereiche abdeckende Operatoren genutzt werden. Die dazu ausformulierten Aufgabenstellungen sind so formuliert, dass sie als Empfehlung gelesen werden können. Des Weiteren finden sich in den Aufgabenstellungen Querverweise zu anderen geschichtlichen Ereignissen und Abschnitten, mit denen weiterführend gearbeitet werden kann. Schlussendlich, auch das ist vorbildlich, werden auch Kompetenzen beziehungsweise wird im konkreten Beispiel eine Kompetenz (Medienkompetenz) angegeben, die mit der Quelle und den dazugehörigen Aufgaben gefördert werden kann. Diese Angabe findet sich aber nicht bei allen Quellen.
Kommen wir nun zum letzten Punkt der Arbeitsmaterialien: der Arbeit mit den Quellen direkt beim Museumsbesuch. Diese geht vor allem von der Kontextualisierung in der Ausstellung aus und stellt dahingehend die Fragen beziehungsweise gibt Anreize für die Lehrkraft, die Kinder dahingehend arbeiten zu lassen. Vielmehr lässt sich hierzu nicht sagen. Die Operationalisierung der Aufgabenstellungen fehlt, genauso wie der Hinweis auf die geförderte/zu fördernde Kompetenz. An der rechten Seite findet sich noch eine Übersicht, für welche Altersgruppe das Lehrmaterial geeignet ist, zu welchen Themen es gehört und welches Museum besucht werden muss, um die Aufgaben lösen zu können.
Wer es bis jetzt durchgehalten hat weiß nun, was ihn bei LeMO Lernen im Allgemeinen und auf den Seiten der beiden Museen im Einzelnen erwartet. Doch gerade für Lehramtsanfänger kann es durchaus schwierig sein, den didaktischen und pädagogischen Wert der gegebenen Materialien einzuschätzen. Deshalb soll dies in den folgenden Abschnitten von mir übernommen werden, um so eure Entscheidung etwas zu erleichtern. Natürlich ist es unabdinglich, sich immer selbst ein Bild zu machen und eine Entscheidung zu treffen, dies ist lediglich eine persönliche Einschätzung.
Zuerst einmal ist festzuhalten, dass die Seiten von ganz unterschiedlicher Qualität sind und ihren Fokus durchaus auch anders setzen. Das soll nicht heißen, dass das eine besser und das andere schlechter ist. Vielmehr sollte der Lehrer/die Lehrerin immer im Hinterkopf behalten, was sie mit seiner/ihrer Lerngruppe vorhat. Soll eher mit einer gesamten Ausstellung gearbeitet werden, so bieten sich wohl die Arbeitsmaterialien des Deutschen Historischen Museums an. Soll gezielt mit einer Quelle gearbeitet werden, die dann in einen Kontext eingeordnet wird, so wird man als Lehrkraft eher bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland fündig.
Aber der Reihe nach. Auch jetzt werde ich wieder nach und nach vorgehen, mich also zuerst dem Historischen Museum widmen und dann der Stiftung Haus der Geschichte. Bei ersterem wird die Kontextualisierung der Materialien gleich mitgeliefert. indem die Materialien den unterschiedlichen Kursen, die oben schon erwähnt wurden, zugeordnet werden. In unteren Jahrgängen, die ja auch gerade mit den letzten beiden Bereichen angesprochen werden, ist das vielleicht noch adäquat. Doch gerade in den oberen Schuljahrgängen sollte die Kontextualisierung von den SchülerInnen selbst vollzogen werden, denn so findet ein Wissenstransfer statt und die Lernenden üben das Denken in größeren Zusammenhängen. Hier besteht meiner Meinung nach Nachholbedarf, gerade weil das Deutsche Historische Museum einen langen Teil der deutschen Geschichte abdeckt und gerade auch hier das Erkennen von Zusammenhängen extrem wichtig ist, um jüngere Entwicklungen verstehen zu können. Auch wenn man die Aufgaben in den Broschüren betrachtet, sind diese etwas repetitiv und eintönig, da sie meistens aus „Suche dies!“ „Was sieht man da?“ bestehen. Auch wenn Jüngere die angesprochene Zielgruppe sind, sollten die Aufgaben diesen doch ein wenig mehr zu trauen und weniger zu „Hol-und Bring“-Botengängen ausarten. Die vorgegebenen Themen als letzter hier zu besprechender Punkt sind an sich gut, da hier über Zeitepochen hinweg „universale“ Probleme dargestellt werden. Jedoch passiert dies nicht in einem didaktisch aufbereiteten Rahmen, die Lehrperson muss hier selbst noch Arbeit reinstecken, um diesen Teil angemessen zu vermitteln.
Ganz anders, und hier bin ich vielleicht doch etwas zu subjektiv, präsentiert sich die Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Hier merkt man, dass hinter der Aufbereitung der Lehrmaterialien ein pädagogisches und didaktisches Konzept steckt, welches sich stark an aktuellen Standards orientiert und für das durchaus auch der ein oder andere Lehrplan konsultiert wurde. Wir finden in den Materialen Operatoren, die den momentanen Anforderungsbereichen entsprechen und so den Stand der Didaktik widerspiegeln. Daneben bieten viele Arbeitsmaterialien zusätzlich eine Kompetenz, die durch die Auseinandersetzung mit der Quelle gefördert wird. Auch dies ist ein Beweis dafür, dass sich dieser Teil des LeMO-Lernens auf dem aktuellen Stand der Forschung (zumindest der im Alltag angekommenen, an den Schulen Einzug gehaltenen Forschung) befindet. Zusätzlich beschäftigen sich die Kinder nicht losgelöst mit der Quelle, vielmehr wird diese in ihren Kontext eingebettet und es werden Querbezüge zu anderen Quellen hergestellt. Dies wird aber nicht durch die Lehrmaterialien vorgegeben, sondern interaktiv durch die Aufgabenstellungen herbeigeführt. Ein weiterer Pluspunkt: Neben der Nutzung des Lebendigen Museums Online bietet die Stiftung Haus der Geschichte des Weiteren auch Aufgaben für die Nutzung der Museen vor Ort, wenn auch in reduziertem Rahmen. Bei allem handelt es sich aber nur um Vorschläge, die die Seite macht, die schlussendliche Entscheidung über den Lerngegenstand und der Art der Auseinandersetzung mit diesem liegt immer bei der Lehrperson.
Hinzu kommt die benutzerfreundliche Gestaltung der Seite, die jedem neuen Besucher die Möglichkeit bietet, sich schnell zu orientieren. Eine erstellte Anleitung bietet die Möglichkeit, sich angewiesen auf der Seite zurechtzufinden, die Suchmaske hilft, gezielt nach Material zu suchen. Einziges Problem dabei: die Altersgruppen sind bis jetzt nicht differenziert. Es gibt nur die Altersgruppe ab 15. Hier wäre eindeutig Nachholbedarf, um den Lehrenden zu ermöglichen, auch die jüngere Geschichte in einem angemessenen didaktisch-pädagogischen Rahmen einer jungen Lerngruppe näher zu bringen.
Lohnt es sich nun als Lehrperson, ein Auge auf das Lebendige Museum Online und im Speziellen auf sein Lernangebot zu werfen? Ich würde sagen ja. Denn wir haben es hier mit einem differenzierten Angebot zu tun, welches zum einen das Museum als Ort des Lernens in den Fokus rückt, zum anderen aber auch losgelöst davon gute Ideen für den Unterricht bereithält. Das Deutsche Historische Museum besitzt in seinem didaktischen Angebot gegenüber der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik noch einige Schwächen und auch die Stiftung kommt nicht fehlerfrei davon. Doch alles in allem findet sich hier ein Angebot, hinter dem ein Konzept steckt, welches sich durchaus an aktuellen Forschungsmeinungen orientiert und an aktuelle Lehrpläne angelehnt ist. So können sich Lehrkräfte hier durchaus Ideen holen, wenn auch das letzte Wort bei euch und mir liegt und ihr immer eure eigene Expertise mit einbringen solltet, um die Sinnhaftigkeit solcher Angebote einschätzen zu können.
Das Lebendige Museum Online stellt nicht unbedingt die klassische Übertragung eines physischen Museums in den virtuellen Raum dar. Erstellt in Zusammenarbeit des Deutschen Historischen Museums, der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (beide treten in der Internetpräsenz al Hauptakteure auf) sowie dem Bundearchiv verfolgt das LeMO in aller erster Linie seinen Bildungsauftrag und tritt ergänzend zu den beiden genannten Museen hinzu. Somit fehlen vermeintlich klassische Elemente eines Onlinemuseums wie ein virtueller Rundumgang durch das Museum oder auch die klare Auswahl von Ausstellungsstücken durch einen klar bezeichneten Kurator oder eine Kuratorin. Vielmehr werden einzelne Informationstexte durch WissenschaftlerInnen erstellt, zu denen die Ausstellungsstücke an einigen Stellen ergänzend hinzutreten.
Doch schauen wir erst einmal auf die Struktur der Seite. Zu Beginn findet der Seitenbesucher einen Zeitstrahl, der mit dem Jahr 1815 beginnt und in der Gegenwart endet. In dieser Zeitspanne wird nur die deutsche Geschichte betrachtet. Darunter findet man interessante Artikel aus den beiden Museen. Klickt man auf eine der Epochen auf dem Zeitstrahl, wird man zu diesem Abschnitt weitergeleitet, der eine kleine Zusammenfassung sowie verschiedene Kapitel umfasst, die zu den wichtigsten Themen der Epoche einen detaillierteren Überblick geben. Die Kapitelübersicht lässt sich über einen Verweis auf der rechten unteren Seite sofort anwählen, ihr müsst also nicht mühselig bis nach unten scrollen. Daneben sind auf diesen Epochenseiten verschiedene Verweise: Orginaltonaufnahmen, Zeitzeugen, Bilder, Gegenstände sowie Biographien. Diese kann man sich mit einem Klick darauf anhören beziehungsweise ansehen, wobei die Biographien recht generisch sind und vor allem einer Chronik gleichen. Apropos Chronik: egal, welches Kapitel man anklickt, man findet immer ein „Jahresrädchen“, über welches man auf jedes Jahr, welches behandelt wird, zugreifen und sich dann die jeweilige Jahreschronik betrachten kann.
Der Zeitstrahl mit seinen Querverweisen bildet den Grundstock des Internetauftritts. Freilich ist er nicht der einzige Gesichtspunkt, der der Betrachtung wert ist. Das LeMO bietet nicht nur eine linear-chronologische Betrachtungsweise seiner dargestellten Inhalte, sondern subsumiert diese auch unter Themenbereichen. Oder man sollte besser sagen unter einem Themenbereich. Denn über den Reiter Themen kann man nur die Sammlung zu „Demokratie und Diktatur“ finden. Dieses Thema bildet seit dem Relaunch der Seite im Jahr 2014 das einzige. Ob sich der Inhalt noch einmal ändern wird konnte im Zeitraum der Bearbeitung dieses Blogs nicht eruiert werden. Das Thema sollen laut Seite ergänzend zur Chronologie hinzutreten und einen Gegenwartsbezug besitzen.
Der Reiter Zeitzeugenberichte versammelt, wie der Name schon sagt, zu jeder Epoche Einschätzungen von Personen, die diese Zeit erlebt haben. Dabei gibt es zwei Einteilungen: zum einen kann wieder jeder Zeitabschnitt einzeln angewählt und sich durch die entsprechenden Zeitzeugenberichte durchgeklickt werden. Zum anderen stellt das Deutsche Historische Museum und das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eigene ausgewählte Zeitzeugenberichte zur Verfügung. Der Bestand als weiterer Abschnitt hält alle digitalisierten Objekte der beiden Museen bereit, durch die sich in recht gewohnter Manier durchgeklickt werden kann. Es gibt durch die Seite selbst vorgegebene Kategorien (zum Beispiel Biographien, Zeitzeugen, Karten), die aber nach Anklicken einer der Bereiche durch Filter auf der linken Seite individuell durchsiebt werden können. Die Objekte werden durch kurze Informationstexte und Daten ergänzt.
Der Reiter Lernen bildet den letzten wichtigen Punkt, wird aber in einem anderen Beitrag dieses Blogs behandelt. Das eigentliche Ende stellt jedoch der Punkt Projekt dar, in dem das LeMO sich noch einmal selbst vorstellt. Dieser Punkt bildet wohl für alle Erstbesucher der Seite den wichtigsten Anlaufpunkt, da sich hier zunächst über die Geschichte und das Ziel des Projekts informiert werden kann. Außerdem werden hier kurz die Inhalte zusammengefasst sowie nützliche Hinweise zur Navigation auf der Seite gegeben.
Alles in allem versucht die Seite einen umfänglichen Überblick über die deutsche Geschichte seit 1815 zu geben. Dies geschieht vorrangig durch Informationstexte, die durch ergänzende Materialien an Lebendigkeit gewinnen. Gefiltert werden die Informationen durch die jeweiligen SchreiberInnen der Beiträge, es sind also ihre Interpretationen, die die Berichte filtern. Die AutorInnen sind unter den Texten sowie im Impressum zu finden, wo auch die ProjektbetreuerInnen und –leiterInnen aufgelistet sind. Interpretiert werden müssen die Texte nicht unbedingt durch den Besucher, sie enthalten alle wesentlichen Informationen. Einzig die Objekte ohne deren Einbettung in den Kontext bedarf wohl der Interpretation des Betrachters. Die Zusammenstellung der einzelnen Komponenten der Seite in der chronologischen Darstellung ist sehr stimmig, die Texte werden durch die eingebetteten Zeitzeugenberichte, Tonaufnahmen, Objekte etc. lebendiger.
Die Seite richtet sich nicht unbedingt an Personen, die sich einen „klassischen“ Museumsbesuch nach Hause holen wollen. Dafür ist die Darstellung zu starr, statisch und textlastig, die Gegenstände zu eindimensional. (Es gibt zwar eine Bewegungsanimation für ausgewählte Gegenstände, diese ist aber nur über die Startseite zu erreichen und erfasst längst nicht alle Objekte). Der Fokus der Seite liegt ganz klar auf dem didaktischen Bereich, was sich vor allem auch an dem einzelnen Reiter Lernen zeigt. Die Materialien der Seite sind so aufgebaut, dass sie für SchülerInnen recht leicht zugänglich und auch für die Lehrkraft gut in den Unterricht integrierbar sind. Das soll nicht bedeuten, dass sich die Seite nur für Schulen lohnt. Vielmehr kann jeder die Seite benutzen, der sich in deutscher Geschichte weiterbilden möchte und dafür ein chronologisches Nacheinander mit gelegentlichen thematischen Aufbrüchen als das geeignete Mittel der Wahl sieht. Für jeden? Nun ja, für Menschen, die des Deutschen oder Englischen nicht mächtig sind, schauen auch in die Röhre. Damit kann aber schon eine breite Besucherschaft abdecken.
Wichtig ist für die junge Generation unserer Leserschaft, dass das LeMO auf einigen gängigen Sozialen Netzwerken (Facebook, Twitter und sogar Google Plus) zu finden ist. Die älteren Herrschaften können noch ganz klassisch per E-Mail oder direkten Kontakt über die Startseite Meinungen und Verbesserungsvorschläge loswerden. Und für die Fans von haptischen, sprich ausgedruckten Seiten lässt sich alles ausdrucken. Alle anderen finden auch auf Tablet und Handy optimierte Interfaces des Lebendigen Museums Online. Alles in allem eine Runde Sache für alle, die gerne lesen und Texte nur durch Ergänzungen aufgelockert bekommen sowie die Seite didaktisch nutzen wollen. Alle anderen sollten lieber eines der beiden beteiligten Museen im echten Leben besuchen.