Wirkung von Kommunikation

Jede Kommunikation hat eine Inhalts- sowie eine Beziehungsseite. Der Inhaltsaspekt zeigt den Informationsgehalt einer Mitteilung an, wobei gleichgültig ist, ob dieser wahr oder falsch, gültig oder ungültig ist. Der Beziehungsaspekt gibt einen Hinweis darauf, wie die sendende Person der Mitteilung von der empfangenden Person verstanden werden möchte. Damit wird definiert, wie die sendende Person die Beziehung zwischen sich und der empfangenden Person einschätzt – eine persönliche Stellungnahme zum Anderen.

Die Bedeutung des Kontexts, also die „Umwelt“ jeder Kommunikation, bestimmt jegliche kommunikative Abläufe mit.

Die Wirkung der Kommunikationshandlung sollte nicht nur auf den/ die Empfänger*in beschränkt werden, sondern man sollte die damit untrennbar verbundene Wirkung der Reaktion des Empfängers/ der Empfängerin auf den/ die Sender*in mitberücksichtigen.

vgl. Watzlawick et al. 2017, S. 26

Worte – Heilmittel und Gift

Wie bereits im Kapitel Welches Problem?! angerissen, handelt es sich um eine individuelle Empfindung, ob sich eine Person durch eine Beschimpfung gekränkt fühlt oder nicht. 

Wir interpretieren das Gesagte vor dem Hintergrund der eigenen Lebensgeschichte, womit die Wirkung der Kommunikation immer subjektiv ist – es gibt es kein Richtig oder Falsch. Die Deutung der Inhaltsseite einer Mitteilung hängt von der bisherigen Lebensgeschichte eines Menschen ab, von seiner Persönlichkeit und den Erfahrungen, die er/ sie in ähnlichen oder vergleichbaren Situationen gemacht hat.

Worte lösen in uns subjektive Emotionen aus, die uns beeinflussen, indem sie unsere Entscheidungen und damit unser Verhalten steuern. Beschimpfungen können viele negative Emotionen wie Traurigkeit, Wut oder Schmerz bei der empfangenden Person auslösen. Geleitet von diesen negativen Emotionen, würde diese Person andere Entscheidungen treffen als von positiven Emotionen wie beispielsweise Freude.

Wird unser Körper dauerhaft negativen Emotionen ausgesetzt, beispielsweise durch ständige Streitsituationen, verbale Attacken oder herabsetzende und zynische Bemerkungen, schaden wir unserem Körper durch diese andauernde negative Stressbelastung.

 


„Durch die hormonauslösende Wirkung der Sprache bekommen wir einen Eindruck davon, wie sehr sie die Leistungsbereitschaft und die abgerufene Leistungsfähigkeit eines Menschen beeinflussen kann. Sie wirkt sich auf das Wohlbefinden und damit direkt auf die Gesundheit aus. Sie ist Heilmittel und Gift gleichermaßen. Denn [beispielsweise] ein Streit oder demütigende Worte […] führen im Gehirn und damit auch im Körper zu unerwünschten Reaktionen“

Eicher 2018, S. 25

Der individuelle Kommunikationsstil eines Menschen, also auch die Häufigkeit in der Verwendung von Schimpfwörtern, ist geprägt durch frühere Bezugspersonen und kann beispielsweise lösungsorientiert, wertschätzend oder schuldzuweisend und beschimpfend sein.

Jede Kommunikation verfolgt eine gewisse Absicht, welche auf einem oder mehreren Bedürfnissen beruht. Es gibt keine völlig absichtslose Kommunikation. Je besser die Menschen also auf die eigenen Bedürfnisse sowie die Bedürfnisse des Gesprächspartners/ der Gesprächspartnerin eingehen, umso zufriedenstellender wird die Kommunikation für beide Seiten verlaufen.

In einer achtsamen und funktionierenden Kommunikation ist es also ratsam, seine Bedürfnisse oder mögliche Kränkungen dem Gegenüber klar zu kommunizieren.

Ein geschärftes Bewusstsein über die Erwartungshaltung des[/ der] Gesprächspartners[/ Gesprächspartnerin] an die Kommunikation verbessert das Ergebnis jeder Kommunikation.

Eicher 2018, S. 56

„Ich fühle mich durch die Formulierung insofern gekränkt, dass ich mich dadurch als Frau herabgesetzt und abgewertet fühle. Ich wünsche mir von dir, dass Du Formulierungen dieser Art nicht mehr verwendest. Damit würde es mir zukünftig in unseren Gesprächen viel besser gehen“

„Danke, dass du mir deine Empfindungen so offen mitteilst. Das regt mich zum Nachdenken und Hinterfragen an: Warum verwende ich solche Formulierungen eigentlich? … aus Gewohnheit? Verwenden andere Menschen aus meinem Umfeld diese Ausdrücke? Gibt es mögliche Alternativen, um meine Emotionen und Gedanken so auszudrücken, wie ich sie eigentlich meine? Hast du Ideen? …“

Bei diesem Dialog handelt es sich um ein mögliches Positiv-Beispiel für achtsames Kommunizieren.


Es gibt zwei Schüssel zu einer wirksamen, wahren Kommunikation. Der erste ist achtsames Zuhören. Der zweite ist liebevolles Sprechen.

Achtsames Zuhören und liebevolles Sprechen sind die besten Instrumente, die ich kenne, um einen Kontakt zu anderen herzustellen, die Kommunikation zu verbessern oder wieder in Gang zu bringen und das Leiden zu mindern. (Thich Nhat Hanh 2019, S. 41)

 

                                                                     

 

Unbedacht ausgesprochene Worte, die einen Menschen verletzen, können leider nicht vollständig ungeschehen gemacht werden. Formulierungen wie „Das war doch nicht so gemeint“ genügen bei emotionalen Verletzungen meist nicht aus, denn der/ die Verletzte wird sich fragen: „Warum hast du es dann so gesagt?“.  Eine emotionale Wunde, die durch Worte entsteht, lässt sich zunächst mit einem offenen Eingeständnis ohne rechtfertigende Relativierung heilen. Daraufhin folgt bestenfalls ein Dialog, in welchem beide Dialogpartner*innen ungefiltert ihre Bedürfnisse und Gedanken teilen können und der Beschimpfende womöglich sein/ ihr Kommunikationsverhalten kritisch hinterfragt.

                                           

 

Das folgende Video erklärt anhand eines Beispiels die vielschichtige Wirkung einer Beschimpfung auf den Empfänger/ die Empfängerin. Dabei wird das Kommunikationsmodell nach Friedemann Schulz von Thun zunächst allgemein eingeführt und anschließend auf das Beispiel angewendet. 

Kommunikationsmodell meets Schimpfwörter

LITERATURQUELLEN

Eicher, Hans (2018): Die verblüffende Macht der Sprache. Was Sie mit Worten auslösen oder verhindern und was Ihr Sprachverhalten verrät, 2. durchges. u. korrigierte Aufl. Wiesbaden: Springer Fachmedien.

Hornscheidt, Lann (2011): Pejorisierung – ein kontruktivistisches Konzept zur Analyse von Beschimpfungspraktiken, in: Lann Hornscheidt Antje; Ines Jana; Hanna Acke (Hg.): Schimpfwörter – Beschimpfungen – Pejorisierungen. Wie in Sprache Macht und Identitäten verhandelt werden, Frankfurt am Main.

Thich Nhat Hanh (2019): Achtsam Sprechen. Achtsam Zuhören. Die Kunst der bewussten Kommunikation. München: Knaur.

Watzlawik, Paul/ Beavin, Janet H./ Jackson, Don D. (2017): Menschliche Kommunikation: Formen Störungen, Paradoxien. 13., unveränderte Aufl., Bern: Hogrefe Verlag.

Tori Wagner, 2022