Merkmale der deutschen Jugendsprache

Jugendsprache entwickelt sich besonders in Gruppen und durch deren Kommunikation. Dabei spielen vor allem gemeinsame Interessen und Haltungen eine Rolle. Ein wichtiges Merkmal ist die Bricolage: Wörter oder Phrasen werden aus unterschiedlichen Medien übernommen, aber rekontextualisiert. Man übernimmt eine Phrase aus einem Medium wie z.B. einem Film und setzt diese Phrase in unterschiedlichen Situationen im Alltag ein. Noch ein Merkmal ist die hohe Benutzung von Sprichwörtern. Diese werden durch beliebte Medien und Hobbys wie Musik und Sport beeinflusst.

187 Strassenbande ist eine deutsche Rapgruppe mit vulgären Songtexten. Besonders Jugendliche hören ihre Musik.

Spezielle Formen zur Ansprache sind auch ein wichtiges Merkmal. Der Satzbau der Jugendsprache ist simpel, selten treten komplexe Konstruktionen aus Haupt- und Nebensätzen auf. Ebenso werden gerne Wörter ausgelassen. Repetitionen werden oft benutzt, um etwas zu betonen. Die Jugendsprache und somit die Schimpfwörter leiden unter Schnelllebigkeit, schnell werden neue Wörter und Ausdrücke kreiert. Fremdwörter und Anglizismen sind sehr wichtig: Darunter zählen z.B. vulgäre Ausdrücke wie „fuck und bitch“. Trotz des großen Einflusses des Englischen bleibt die deutsche Grammatik gleich. Deutsche Suffixe werden an englische Wörter gehängt, „Bitch” wird zu „bitchen”. Typische Anglizismen sind Adjektive wie „cringe” und „lame”, die das Bezugswort beschreiben.

Urban Dictionary. URL: https://www.urbandictionary.com/define.php?term=Cringe (14.08.2022). | Urban Dictionary ist ein Wörterbuch für englischen Slang. Jeder kann dort Definitionen für Wörter oder Sätze eintragen.

Weitere Anglizismen, die gerne verwendet werden, sind Substantive, die etwas Gegenständliches („Ghetto-Blaster”) oder etwas nicht Gegenständliches („Ego-Trip”) bezeichnen. Ebenso Namen für Betäubungsmittel. Neben Englisch und anderen Fremdsprachen sind Dialekte und Lokalsprachen wichtig. Die Sprache der Jugendlichen unterscheidet sich nicht immer klar von der Alltagssprache.

Morphologisch lassen sich verschiedene Wortbildungsverfahren aufzeigen. Das gängigste Wortbildungsverfahren ist die „Komposition„. Beispiele sind „Scheißtyp” und „Geringverdiener”. Gerne wird auch die „Derivation“ verwendet. Ein Beispiel dafür ist „Boomer”. „Apokopen“ und „Akronyme“ sind auch gängig. Beispiele für Akronyme treten vor allem im Kontext der Online-Kommunikation auf, wie „hdf” für „Halt die Fresse” oder „fu” für „Fuck you”. Außerdem benutzen Jugendliche oft „Partikel„. Dazu zählen „Verstärkungspartikel” wie „z.B. bäh, würg, ächz, rülps, brumm, peng und „Abtönungspartikel” wie „irgendwie, oder so, so”.

Quelle: Eigene Darstellung

Eine beliebte und gleichzeitig komplexe Partikel ist „ey”. Rechts neben einem Wort, einer Phrase oder einem Satz gestellt, intensiviert es das jeweilige Bezugsobjekt, links gestellt wird die Partikel als Form der Ansprache verwendet. Zudem kann man mit „ey” seinen Redeanteil beenden und den Redeanteil an eine andere Person weitergeben. Dazu kann die Partikel auch helfen den Redebeitrag zu strukturieren oder die Aufmerksamkeit der Mitmenschen zu bekommen.


Erläuterungen

  • Komposition: Ein Begriff aus der Morphologie. Mit der Komposition kombiniert man mindestens zwei Wörter und schafft damit ein neues Wort.
    • Morphologie: Die Morphologie ist ein Teilgebiet der Sprachwissenschaft. Sie beschäftigt sich mit dem Wort als Einheit, dessen Struktur und Bedeutung.
  • Derivation: Ein Begriff aus der Morphologie. Mit der Derivation verändert man ein Wort durch hinzugefügte Präfixe, Suffixe oder Zirkumfixe.
    • Suffix: Ein Begriff aus der Morphologie. Ein Suffix trägt eine Bedeutung, kann aber nicht alleine stehen. Es wird an ein Wort oder an einen Wortstamm angehängt. Beispiele sind „Schönheit” und „flüssig”.
    • Präfix: Ein Begriff aus der Morphologie. Ein Präfix trägt eine Bedeutung, kann aber nicht alleine stehen. Es wird vor ein Wort oder vor einem Wortstamm angehängt. Beispiele sind „beschreiben” und „Gebüsch”.
    • Zirkumfix: Ein Begriff aus der Morphologie. Ein Zirkumfix trägt eine Bedeutung, kann aber nicht alleine stehen. Es wird um ein Wort oder um einen Wortstamm hinzugefügt. Beispiele sind „Gerede” und „gefügig”.
  • Apokope: Ende eines Wortes wird gekürzt. Ein Beispiel ist: „Disko“ von „Diskothek“.
  • Akronym: Initialen aller Wortteile eines Wortes werden verbunden.
  • Phrase: Ein Begriff aus der Syntax. Phrasen bestehen aus einem oder mehreren Wörtern, die zusammen ein Glied bilden und eine Funktion haben.
  • Partikel: Ein unveränderliches Wort, nicht phrasenfähig und nicht erfragbar.
  • Verstärkungspartikel: Partikel, die die Begriffe, auf die sie sich beziehen, intensivieren.
  • Abtönungspartikel: drücken Empfindung oder Meinung über den jeweiligen Kontext aus.

Jennifer Kosa, 08.2022