Über die Geschlechtskälte der Frau

Das Tage-Buch, Heft 16, S. 615-618, 17.04.1926.

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Kommentar:

Weibliche Lust, die sich gegenüber Männern als „Geschlechtskälte“ zeige, basiere laut des Autors u.a darauf, dass einige Frauen homosexuell, sich dessen jedoch teilweise nicht bewusst waren. Während Begriffe wie „Homosexualität“, „Fetischismus“ und „Transvestitismus“ zur Identifizierung von sexueller Identität und Orientierung erstmals gegen Ende des 19. Jahrhunderts in den gesellschaftlichen Diskurs kamen, wurden diese, vielmehr theoretischen Bezeichnungen, im 20. Jahrhundert durch medizinische Forschungsmaßnahmen (Therapien, ‚Heilungen’, Versuche) verschärft. Auffällig ist, dass es sich dabei immer um männliche Homosexualität handelte und diese diskutiert und verboten wurde. Auch die Festlegung des Paragraphen 175 im Jahr 1872 adressierte lediglich ‚mannmännliche‘ Liebe und vergaß dabei, die weibliche mit einzubeziehen. Somit zeigten sich die 1920er Jahre der Weimarer Republik als ein Vakuum für lesbische Frauen, da diesen zwar ein sexuelles Empfinden abgesprochen wurde, eine strafrechtliche Verfolgung jedoch ebenso wenig möglich war. Lesbisches Leben und Begehren war in der Weimarer Republik und vor allem in Berlin also in hohem Maße präsent: in Bars, Filmen, Romanen, Ausstellungen und Vereinen — nur nicht im Gesetz. Dies geht unter anderem darauf zurück, dass weibliche Lust nicht ohne Phallus vorgestellt oder ernst genommen wurde, und die gesellschaftlichen und juristischen Instanzen in männlichen Entscheidungsgewalten lagen.