In Europa und den U.S.A. entwickeln sich gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts parallel Phänomene, in deren Mittelpunkt die Ästhetik des Körpers und seine Bewegungen stehen. Einerseits gewinnt der Tanz an Bedeutung und emanzipiert sich immer weiter von seiner Rolle als bloße Unterstützung der Musik. Dabei wird für die Beschreibung der neu entstandenen unabhängige Kunstform erstmal nach Begriffen gesucht. Vor allem die Stadt Berlin avanciert zu einer Metropole visionärer Bewegungen im Tanz. Daneben entsteht mit dem massenkulturellen Erfolg der Jazz-Musik die so genannte »Girl-Kultur«. Als »Girl« wird dabei ein Frauentypus bezeichnet, der mit spezifischen Schönheitsidealen und einem gewissen neuen Selbstbewusstsein auftritt. Andererseits wächst das Interesse an Ballsportarten, Turnen und Gymnastik, wobei gezielte Körperbewegung mehr und mehr als Grundlage eines gesunden und erfüllten Lebens betrachtet wird. Die zentralen Stichworte dieser »Körperkultur« heißen »Kraft und Schönheit« sowie »Natürlichkeit«. Gemein haben beide Entwicklungen sowohl Veränderungen im Hinblick auf Körperbilder sowie Geschlechterrollen als auch eine Nähe zu völkischen und rassistischen Narrativen.