Suche
Suche Menü

John Cage – 4’33’’

> Kurzbiographie: John Cage

4’33’’, auch das Stille Stück genannt, ist vielen vom Hörensagen bekannt und führt sowie führte immer wieder zu Missverständnissen.1 Es wurde am 29. August 1952 in der Maverick Concert Hall in Woodstock, New York, von David Tudor am Klavier uraufgeführt2 und besteht aus drei Sätzen „und in keinem dieser Sätze gibt es einen Ton.”3

In den Cage’schen Partituren ist folgende Besetzung angegeben: „for any instrument or combination of instruments”.4 Die bekannteste Notation des Stückes ist sicherlich die, in welcher die Satzziffern und „TACET” verzeichnet sind. Dazu schrieb Cage unter anderem:

„At Woodstock […] the title was 4’33’’ and the three parts where 33’’, 2’40’’ and 1’20’’. […] The work may be performed by any instrumentalist(s) and the movements may last any lengths of time.” 5

Nach der Uraufführung waren viele Menschen irritiert, Freundschaften von Cage zerbrachen an dem Stück, es sei ja „nichts” zu hören.6 Aber das stimmt so nicht, wie der Komponist selbst beschreibt:

„Während des ersten Satzes (bei der Premiere) konnte man draußen den Wind heulen hören. Im zweiten Satz prasselte der Regen aufs Dach und während des dritten machte das Publikum allerhand interessante Geräusche, indem sie sich unterhielten oder hinausgingen.” 7

Folglich ist in diesem Stück keineswegs „nichts” zu hören, sondern ganz im Gegenteil eine Vielzahl an Umgebungsgeräuschen, welche Cage mit 4’33’’ ins Zentrum der Wahrnehmung rückt. Es geht nun nicht mehr um die Klangquelle als solche, sondern um den Akt des Wahrnehmens, des Schenkens von Gehör.8 Cage begreife Stille nicht als Fehlen sinnlicher Erfahrung, sondern als ein konzentriertes Dasein dieser.9 Cage äußerte sich dazu, indem er sagte: „Es gibt keine Stille. Das, was man [bei 4’33’’;…] als Stille empfand, war voller Geräusche.”10 und „Ich habe geglaubt und gehofft, anderen Leuten das Gefühl vermittelt zu haben, daß die Geräusche ihrer Umwelt eine Musik erzeugen, die weitaus interessanter ist als die Musik, die man im Konzertsaal hört.”11

In einem Brief an Helen Wolff schrieb Cage 1954, dass nichts einfach oder eindimensional sei, sondern dieses Stück in alle Richtungen gehe und die Wirkung und Rezeption bei jeder Person anders sein könne:12

„These will vary from shock and bewilderment to quietness of mind and enlightenment.” 13

Die wesentlichen Aspekte, welche 4’33’’ also ausmachen sind

  1. das Aufbrechen der gewöhnlichen Konzert/- Musikerfahrung.
  2. Aufmerksamkeit für die Musik in Umgebungs- und Umweltgeräuschen zu generieren.
  3. den Akt des konzentrierten Zuhörens zu fokussieren.
  4. aber auch, alle anderen Wirkungen des Stückes zuzulassen – diese und die damit verbundenen Geräusche und Klänge gehören dazu und bedienen wiederum 1, 2 und 3.

Einzelnachweise und Anmerkungen

[1] Vgl. Fetterman, William, John Cage’s Theatre Pieces: Notations and performances, London 2012, S. 69.

[2] Vgl. Cage, John, 4‘33‘‘. John Cage centennial edition , Leipzig u.a. 2012, S. 4.

[3] Vgl. Konstelanetz, Richard, John Cage im Gespräch. Zu Musik, Kunst und geistigen Fragen unserer Zeit, Köln 19912, S. 62 ff.

[4] Vgl. Cage, John, 4‘33‘‘. John Cage centennial edition , Leipzig u.a. 2012, S. 7, 19.

[5] Ebd., S. 20.

[6] Vgl. Konstelanetz, Richard, John Cage im Gespräch. Zu Musik, Kunst und geistigen Fragen unserer Zeit, Köln 19912, S. 63.

[7] Ebd.

[8] Vgl. Maier, Thomas, Ausdruck der Zeit: ein Weg zu John Cages stillem Stück 4‘33‘‘, Saarbrücken 2001, S. 138.

[9] Ebd., S. 140.

[10] Vgl. Konstelanetz, Richard, John Cage im Gespräch. Zu Musik, Kunst und geistigen Fragen unserer Zeit, Köln 19912, S. 63.

[11] Ebd.

[12] Vgl. Cage, John, 4‘33‘‘. John Cage centennial edition , Leipzig u.a. 2012, S. 35.

[13] Ebd.