Die Komposition Pendulum Music (1968) stammt aus Steve Reichs Schaffenszeit der Phasenverschiebung. Der amerikanische Komponist arbeitete in den 1960er Jahren vor allem mit Tonbandmanipulationen. Diese bestanden unter anderem darin, Aufnahmen von alltäglichem Sprachmaterial zeitverzögert übereinander zu legen (Phasenverschiebung), wodurch das Gesagte zunehmend unverständlich wurde. Aus diesem Effekt heraus resultiert, dass sich die Aufmerksamkeit des Zuhörenden vom sprachlichen Inhalt auf das Klangliche verschiebt.1 Dafür verwendete er alltägliches Sprachmaterial und unterwarf dieses Phasenverschiebungen2, sodass die Worte im Laufe des Stücks immer unverständlicher werden und sich die Aufmerksamkeit der Zuhörenden vom sprachlichen Inhalt auf das Klangliche verschiebt.3
Pendulum Music jedoch ist ein Werk für drei oder vier Mikrofone mit jeweils eigenem Verstärker und Lautsprecher.4 Die Idee entstand durch das Herumalbern mit einem Wollensak-Kassetten-Rekorder, welcher ein eigenes Mikrofon besitzt:
„I had holding the microphone, wich was plugged into the back of the machine so it could record. The speaker was turned up. Being out West [New Mexico], I let it swing back and forth like a lasso. As ist passed by the speaker of the machine, it went ‚whoop!‘ and then it went away.
We were all laughing at this and the idea popped into my mind that if you had two or three of these machines, you would have this audible sculpture phase piece“ 5
Um das Stück zu spielen, werden die eingeschalteten Mikrofone über ihren Lautsprechern aufgehangen und zurückgezogen, um sie in unterschiedlichen Momenten – Phasen – loszulassen. Dafür sind die Mikrofone so eingestellt, dass sie Rückkopplung geben, wenn sie vor den Lautsprechern sind, aber nicht, wenn sie nach rechts und links schwingen.6
„What you see is what you get. This piece does that and hopefully, it’s effect is kind of funny at the same time. […] It’s a phase piece, a process piece. It’s the idea of a piece that runs on its own once you set it up and load it and you can walk away.“ 7
Reich sagte, er habe bei einer Aufführung von Pendulum Music den Stecker gezogen, als die Pendel zur Ruhe kamen und dadurch der „Drone” entstand.8
Charakteristisch für das Stück sind:
- die Verschiebung der Wahrnehmung von Rückkopplungsgeräuschen zu Rhythmus und Klang.
- der sich verändernden Klang und Rhythmus, hervorgerufen durch die Phasenverschiebung (die das Auspendeln der Mikrophone verursacht).
- der im Stück enthaltene Prozess, die Entwicklung bzw. Veränderung, des Rhythmus durch das Pendeln der Mikrofone.9
Einzelnachweise und Anmerkungen
[1] Sanio, Steve Reich. Biographie, in: MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, Kassel, Stuttgart, New York 2016 ff., zuerst veröffentlicht 2005, online veröffentlicht 2016, URL: https://www.mgg-online.com/mgg/stable/11629.
[2] Damit ist gemeint, dass Reich das Sprachmaterial zeitlich verzögert, aber doch simultan abspielte bzw. übereinander legte.
[3] Sanio, Steve Reich. Würdigungen, in: MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, Kassel, Stuttgart, New York 2016 ff., zuerst veröffentlicht 2005, online veröffentlicht 2016, URL: https://www.mgg-online.com/mgg/stable/47452.
[4] Website von Steve Reich unter Works. .
[5, 6, 7, 8] Perfect Sound Forever: OHM- THE EARLY GURUS OF ELECTRONIC MUSIC – STEVE REICH on „Pendelum Music“, URL: http://www.furious.com/perfect/ohm/reich.html.
[9] Steve Reich war generell interessiert an allmählichen und sich entwickelnden Prozessen. (Vgl. Nyman, Michael, Steve Reich, in: The Musical Times, vol. 112, no. 1537, 1971, pp. 229–231. JSTOR, URL: https://www.jstor.org/stable/956399?seq=1#metadata_info_tab_contents., S.230.).