Erstmals gewinnt Historikerin den Forschungspreis des ERZ

Die international besetzt Jury des Europäischen Romanik Zentrums hat die hervorragende an der Universität Erfurt eingereichte Dissertation „Olfaktorik und Entgrenzung – die Visionen der Wienerin Agnes Blannbekin (gest. 1315)“ von Julia Seeberger mit dem Romanikforschungspreis 2019 ausgezeichnet. Damit wird mit dem renommierten interdisziplinär ausgeschrieben Forschungspreis erstmals eine Historikerin geehrt.

In ihrer Arbeit analysiert Julia Seeberger vor allem die Besonderheiten der olfaktorischen Wahrnehmung (Geruchssinn) in Hinblick auf die Begegnung mit Gott und das soziale Umfeld der Wiener Begine Agnes Blannbekin (gest. 1315). Ihre Dissertation versteht sich als sinnesgeschichtlicher Blick auf die Lebensgeschichte und Visionen der im Gegensatz zu anderen Mystikerinnen wie Hildegard von Bingen weniger bekannten Agnes Blannbekin. Grundlage bilden die von Blannbekins Beichtvater angefertigten Niederschriften der Visionen und des Lebens der Begine, die in den Texten als Mitglied der Wiener Minoritengemeinschaft vorgestellt wird. Seeberger verbindet in ihrer Arbeit die Handschriften- und Kontextanalyse mit einer inhaltlichen und sinnesgeschichtlichen, besonders olfaktorischen Analyse der Visionen und kann so die Einzigartigkeit der Quelle herausarbeiten.

Julia Seeberger ist seit 2019 wissenschaftliche Mitarbeiterin (PostDoc) am Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte bei Prof. Dr. Sabine Schmolinsky an der Philosophischen Fakultät der Universität Erfurt. Zunächst studierte sie Geschichtswissenschaften an der Katholischen Universität Eichstätt und Geschichte an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, wo sie ihr Studium 2012 mit einem Bachelor abschloss. Ihr Masterstudium absolvierte sie anschließend an der Georg-August-Universität Göttingen und der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Bereits ihre 2015 in Bamberg eingereichte Masterarbeit mit dem Titel „Selig die Nase, die dich atmet o Gott“ ist ein kulturgeschichtlicher Blick auf die Geruchswahrnehmung im Hoch- und Spätmittelalter. 

Leider konnte aufgrund der Corona-Pandemie die ursprünglich für den 30. April 2020 geplante feierliche Verleihung des von der Saalesparkasse und Gerhard Mauch gestifteten Romanikforschungspreises nicht stattfinden. Wir werden rechtzeitig darüber informieren, wann es nach den Lockerungen der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wieder möglich ist, die feierliche Verleihung des Romanikforschungspreises an Julia Seeberger nachzuholen, und dazu wieder herzlich einzuladen.