Interview mit einer Veganerin

Ich hat­te die Möglichkeit, Johan­na, die seit Som­mer 2015 veg­an lebt, ein paar Fra­gen zu stellen. Hier sind ihre Antworten:

Aus welchen Grün­den bist du vegan?

Die Gründe sind wie bei so vie­len Seit­en vielfältig. Ange­fan­gen hat das mit Gesund­heitlichen: Ich habe ver­schiedene Leute auf YouTube ver­fol­gt, die mich sehr inspiri­erten und das Buch um die Studie der Chi­na Study von T. Col­in Camp­bell emp­fohlen, das ich mir dann auch gekauft habe. Darin wer­den die Par­al­le­len Kon­sum von tierischen Lebens­mit­teln (v.a. Milch­pro­duk­te) und Krankheit­sauftreten von Krebs (Brust, Prosta­ta, End­darm), Dia­betes Typ 1 und 2, Herz-Kreis­laufer­krankun­gen, Fet­tleibigkeit, Autoim­munerkrankun­gen, Osteo­porose oder degen­er­a­tiv­en Gehirn­erkrankun­gen aufgezeigt. Das hat mir erst ein­mal als Grund
gere­icht (übri­gens echt interessant).

Ein schön­er Neben­ef­fekt war und ist natür­lich auch, dass man so dieses ganze ethis­che Prob­lem der Massen­tier­hal­tung nicht unter­stützt. Aber die Haupt­gründe sind für mich heute der Umweltaspekt (Stich­wort Wasserver­brauch, Co2) und vor allem das The­ma Wel­ternährung. Es wer­den so viele Kalo­rien an die Viehwirtschaft ver­schwen­det. Wenn man bedenkt, dass man auf der Fläche, die für die Her­stel­lung von 4 kg Rind­fleisch benötigt wird, auch gut 100 kg pflan­zliche Nahrung mit ähn­lichem Nährstoff­pro­fil erzeu­gen kann, wird auch ersichtlich, wie viele hungernde Men­schen so ernährt wer­den kön­nten (kann man alles googlen).

Auch ist die Sache um die Holzung des Regen­waldes bei dem The­ma ganz inter­es­sant… Alle 60 sec wer­den Flächen in der Größe von über 50 Fußballfelder gefällt: Für Soja, das aber nicht für Lebens­mit­tel ver­wen­det wird (wie bei 90% des land­wirtschaftlichen Anbaus), son­dern für die Viehwirtschaft. Das ist für mich das Kranke und Unver­ständliche; du merkst ich kön­nte ewig so weit­er machen…

Wie bist du auf das The­ma Veg­an­is­mus aufmerk­sam geworden?

Aufmerk­sam bin ich gewor­den durch den Fakt, dass auf ein­mal gefühlt alle im Netz behauptet haben, dass Kuh­milch unge­sund ist. Das habe ich dann weit­er recher­chiert und bin dann auf diese ganze The­matik Veg­an­is­mus gestoßen. Da bleiben einem bekan­ntlich auch die Leute nicht erspart, die alle Men­schen verurteilen und krampfhaft ver­suchen aufzuk­lären, die sich nicht veg­an ernähren und tier­frei leben.

Wo informierst du dich?

Mit­tler­weile informiere ich mich nicht mehr expliz­it über das The­ma, weil ich gefühlt schon so viel gele­sen und gese­hen habe, dass mir das ganze ein­fach nur noch zu den Ohren her­auskommt. Aber der Aspekt der Nach­haltigkeit geht nun mal mit dem Veg­an­sein (ich has­se übri­gens diesen Stem­pel der Veg­aner­in) ein­her und deshalb ist das sozusagen mein näch­ster Step, kom­plett auf plas­tik­freie Kos­metik etc. umzusteigen. Aber die Info­lage ist ja zum Glück heutzu­tage nicht mehr so eingeschränkt, da es auch ein­fach mehr und mehr in der Gesellschaft etabliert ist- auch dadurch, dass es so viele Hip­ster-Veg­an­er gibt oder auch die ganze Umwelt­poli­tik ja auch immer lauter wird.

Aber generell kann ich dir sehr den YouTube Kanal von “Veg­an ist unge­sund” empfehlen; die brin­gen bei ver­schieden­sten The­men alles sehr gut auf den Punkt.

Viele behaupten, veg­an zu essen sei teuer. Wie siehst du das?

Klar, wenn man sich nur von Ersatzpro­duk­ten ernährt, kann es teuer wer­den (das ja aber auch nur, weil weniger pro­duziert wird als Fleisch und Käse, was ja sehr bil­lig gekauft wer­den kann). Mein­er Mei­n­ung nach soll­ten Lebens­mit­tel generell wieder teur­er wer­den, damit nicht so viel weggeschmis­sen wird und die Leute ein­fach wieder merken, was für Ressourcen und Aufwand dahin­ter­steckt. Und das Bewusst­sein dafür wieder einkehrt! Aber ich schweife dauernd ab.

Nein, veg­ane Pro­duk­te sind an sich viel preis­gün­stiger: Reis, Nudeln, Lin­sen, Brot, … TK-Gemüse, auch frisches saisonales Obst und Gemüse ist gün­stig. Müs­li, Corn­flakes. Aber wie du wahrschein­lich selb­st weißt, kann man auch Milch­er­satz für unter einen Euro bekom­men, Tofu (wobei man den Naturto­fu nicht herun­ter­bekommt- lieber Räucherto­fu) usw… Ich denke wirk­lich, das ist ein Vorurteil, veg­ane Ernährung sei teur­er. Viele wer­den den Begriff sicher­lich mit Bio­markt implizieren, aber es gibt ja mit­tler­weile selb­st in jedem Dis­counter Soja­jogurt etc. zu kaufen.

Was sagst du zu diesem Artikel? Nimmst du Sup­ple­mente zu dir?

Ja, das B12 The­ma ist sehr ver­wirrend; ich muss mir das auch andauernd von meinen Großel­tern anhören, die sich sehr mit Gesund­heit beschäfti­gen. Immer wenn wir über das The­ma reden, dreht sich danach die Diskus­sion um Vit­a­min B12. Und immer wird mit Halb­wahrheit­en um sich geschmissen.

Aber was die meis­ten nicht wis­sen (so wird auch im Artikel mit keinem Wort davon gesprochen): Nur Rinder kön­nen das in ihrem Kör­p­er pro­duzierte B12 selb­st nutzen. Andere Säugetiere wie etwa Schweine müssten ihre Auss­chei­dun­gen essen, um das Vit­a­min B12 aufzunehmen. Bei allen anderen – so auch bei Schweinen, Häh­nchen und Puten wird B12 sup­ple­men­tiert, so kommt es u.a. in die Steaks. Milchkühen wird es auch zusät­zlich gegeben, damit sie leis­tungs­fähiger wer­den und so auch mehr B12 in der Milch ist. Das Faz­it: Fast kein Lebe­we­sen kommt natür­lich zu B12 — so auch die Men­schen nicht.

Aber um noch ein­mal zu dem Artikel zu kom­men: Ich nehme per­sön­lich nehme jeden Tag B12 zu mir, aber auch nur das im Artikel beschriebe­nen Methyl­cobal­amin (das B12 aus der Drogerie u.a. kann von uns nicht absorbiert wer­den). Auch, wenn das Gerücht herumge­ht, dass es einige Men­schen auf­grund des Spe­ich­ers nicht bräucht­en und dass in speziellen veg­a­nen Lebens­mit­teln wie Pflanzen­drinks und ‑jogurts B12 enthal­ten ist, will ich nicht das Risiko eingehen.

Wie lässt sich der Veg­an­is­mus in deinen Alt­tag inte­gri­eren? Gibt es Prob­leme, wenn du beispiel­sweise auswärts oder bei Fre­un­den essen gehen willst?

Der All­t­ag ist super­entspan­nt. Bekan­nter­weise wird alles zur Rou­tine. Zu Beginn, als es noch wesentlich lichter um extra aus­ge­priesen veg­ane Pro­duk­te beschert war, war ich gezwun­gen immer auf die Zutaten­liste zu schauen. So waren Milch­pul­ver in Tomaten­sauce oder Chips oder auch E 120 (aus weib­lichen Schildläusen wer­den rote Farb­stoffe gewon­nen, indem die Läuse getrock­net, zer­mahlen und aus­gekocht wer­den) u.a. meine größten Prob­leme. Aber genau deshalb weiß ich jet­zt auch, was alles ohne tierische Pro­duk­te hergestellt ist. Und mal ehrlich: Heutzu­tage ist es selb­st in ein­er Kle­in­stadt, wo ich auch lebe, sehr ein­fach, da es mit­tler­weile so eine große Auswahl gibt, sodass ich schon irgend­wie gezwun­gen bin, das eine oder andere Ersatzpro­dukt hin und wieder zu probieren.

Da ist es auch für Fre­unde kein Prob­lem mehr, etwas für mich zu einem Gril­l­abend zu besor­gen. Am Anfang habe ich mich damit etwas schw­er­ge­tan, bei Fre­un­den zu essen, weil ich nicht wollte, dass ich immer die „Extrawurst“ bekomme. Aber da hat­te ich ein­fach immer etwas geback­en oder gekocht, sodass auch die anderen merken: Hey es ist gar nicht so kom­pliziert, das ist alles eine Sache der Einstellung.

Dazu kam noch, dass mich so gut wie nie­mand schief angeschaut hat, son­dern meine Ein­stal­lung ein­fach akzep­tiert und auch respek­tiert hat. Das Essen­ge­hen war auch noch nie ein Prob­lem für mich- eher für andere, weil sie dacht­en, dass ich hier auf dem Dorf in gut Bürg­er­lichen Restau­rants nur Salat essen kann. Aber, wenn man lieb fragt, schlägt einem auch kein Kell­ner ab, etwas Pommes mit Grill­gemüse zu bekom­men. Aber in größeren Städten musste ich eigentlich noch nie um Extrawün­sche bet­teln, da es schon immer eine gewisse Auswahl für mich gibt. Heute mehr als früher. Es wird alles immer ein­fach­er — sog­ar hier in der Region.

Wie ste­hen deine Fam­i­lie und Fre­unde zu deinen Essgewohnheiten?

Meine Fam­i­lie war anfangs, weil ich ja auch noch recht jung war, nicht so ange­tan, aber ich habe ihnen ein­fach genau die ganzen Fak­ten gezeigt, warum das jet­zt meine Entschei­dung ist. Sie haben es ver­standen; im Grunde blieb ihnen ja auch nichts anderes übrig. Außer­dem hat­te ich den Ein­druck, dass sie eh dacht­en, das ist nur so eine Über­gangsphase, das geht bes­timmt eh wieder vor­bei und dann i(s)st sie wieder „nor­mal“. Aber dadurch, dass ich mich ja nicht nur veg­an ernähre, son­dern auch bei Kos­metik z.B. schon immer die veg­ane Zah­n­pas­ta ohne den nor­maler­weise darin enthal­te­nen Rinder­talg kon­sum­iere oder keine Led­er­schuhe etc. kaufe, hat­te, glaube ich, meine Lebensweise zu immer mehr Glaub­würdigkeit in mein­er Fam­i­lie geführt hat. Deshalb war es schon nach dem ersten Jahr Veg­an­sein kein Prob­lem mehr.

Einige mein­er Fre­unde haben sich richtig dafür inter­essiert und haben ver­sucht mich zu ver­ste­hen, andere wiederum eben nicht. Aber im End­ef­fekt war es für alle in Ord­nung. Als ich meinen Fre­und allerd­ings vor 3 Jahren ken­nen­gel­ernt habe (er ist Land­wirt genau­so wie sein Vater), hat­te ich Angst, wie seine Fam­i­lie damit umge­ht, aber wie immer macht man sich viel zu viele Gedanken. Ich wurde sehr gut aufgenom­men und alle haben es respek­tiert. Von Anfang an hat seine Mut­ter sich wahnsin­nige Mühe gegeben, für mich irgen­det­was dazuhaben und hat für mich mitgekocht.

Merkst du Unter­schiede seit du veg­an isst?

Unter­schiede eigentlich nur im Pos­i­tiv­en: Ich mache sehr viel Sport und bin weniger erschöpft danach. Außer­dem habe ich das Gefühl, dass sich ein­fach meine Muskeln schneller wieder regener­ieren. Auch ist dieses Völ­lege­fühl nach dem Essen entwed­er gar nicht da oder geht ein­fach schneller weg. Dann kann ich noch etwas zu mein­er Haut sagen: Ich habe so gut wie nie Pick­el oder Hautunreinheiten.

Wie sieht ein typ­isch veg­an­er Essen­s­plan bei dir aus?

Früh­stück: Unter der Woche Müs­li mit Pflanzen­milch oder am Woch­enende, wenn wir alle zusam­men essen Brötchen mit Alsan („But­ter“) oder Erd­nuss­but­ter und Marme­lade oder ein veg­an­er Schokoauf­strich. Dazu meis­tens Obst.

Mit­tag: jeden Tag etwas anderes je nach Zeit (wie bei jedem eigentlich): Z.B.: Nudeln mit Sojabolog­nese oder Salat mit Avo­ca­do und Tofu oder Wraps oder wenn wir mit meinem Fre­und zusam­menkochen auch ein­mal eine veg­ane Lasagne.

Abend­brot: Schnitte oder Toast mit einem Auf­strich oder Gua­camole oder u.s.w.

Snack: Eis, Obst, Soja­jogurt oder ich habe vielle­icht mal einen Kuchen gebacken.

Du merkst: Es ist gar nicht so ver­rückt. Ich esse halt alles wie Alle­sess­er nur in vegan ?

Was würdest du Leuten rat­en, die mit dem Gedanken spie­len, veg­an zu wer­den? Hast du irgendwelche Tipps für den Start?

Tipps für den Start: Man kann sich viel erlesen, deswe­gen will ich solche Stan­dard­sachen wie man zum Beispiel Sachen erset­zen kann hier gar nicht erst lang und bre­it aus­führen. Ich kann nur sagen: ein­fach nicht ver­rückt machen lassen. Man am Anfang liest so viele Berichte und schaut vielle­icht schlimme Tier­dokus und man weiß gar nicht, wohin mit den ganzen Infos. Das Schlimm­ste, was man machen kann, ist es zu verzweifeln und zum Schluss alles über den Haufen zu werfen.

Ich finde, wenn man weiß, was hin­ter den tierischen Pro­duk­ten steckt, dann will man das ein­fach nicht mehr kon­sum­ieren und dann kommt alles von ganz allein. Man soll sich nicht verkrampfen, son­dern ein­fach den Ver­stand entschei­den lassen. Und selb­st wenn man erst ein­mal nur eine Sache weglässt oder reduziert ist schon viel für uns und den Planten getan. Ich habe es oben schon oben ein­mal dick markiert: Es ist alles eine Sache von Bewusstsein.

Danke Johan­na!