Qualitative Forschungsdesigns

Nachdem die wissenschaftlichen Fragestellungen für das Vorhaben entwickelt worden sind und sich abzeichnet, dass diese mit einem offenen, explorativen Forschungsdesign, also mit qualitativen Methoden, adäquat bearbeitet werden können, wird das qualitative Forschungsdesign im Detail erarbeitet.

Forschungsdesigns müssen den Entstehungs- und Prozesscharakter von wissenschaftlichen Untersuchungen transparent machen. Dafür gilt es vorab, sich die einzelnen Schritte des Forschungsablaufs zu vergegenwärtigen und im Hinblick auf die benötigten (Feld-)Zugänge sowie personellen, zeitlichen und finanziellen Ressourcen zu überprüfen. Damit verpflichtet sich qualitative Forschung einer Überprüfung der Plan- und Machbarkeit des wissenschaftlichen Vorhabens.

Bei der Entwicklung des Forschungsdesigns gilt es zu beachten: Anders als bei in der Regel linear-chronologisch aufgebauten quantitativ orientierten Designs liegt die Spezifik qualitativer Forschungsdesigns in ihrer strukturellen Zirkularität und iterativen Rekonstruktion von vielfältigem sozialem Sinn. Das heißt, bei qualitativen Designs wirken sich stärkere Hin- und Her-Bewegungen zwischen den einzelnen Schritten im Forschungsablauf dahingehend aus, dass Anpassungen erforderlich werden. Diese Anpassungen umfassen beispielsweise die reflexive (Re-)Formulierung der Fragestellung, die Vorbereitung und Reflexion der Erhebungssituation, das Sampling, die Auswertung und eine mögliche Theoriebildung. Herausfordernd dabei ist, dass sich die einzelnen Arbeitsphasen in der Regel nicht in säuberlich getrennten Arbeitsschritten nacheinander absolvieren lassen. Dieses zeigt sich zum Beispiel daran, dass eine vorab sorgfältig geplante Auswertungsstrategie durch das erhobene Material nicht umgesetzt werden kann, wenn zu wenig erzählende Passagen im Datenmaterial vorhanden sind. Hier gilt es dann entsprechend rechtzeitig zu (re)agieren, zum Beispiel in der Überarbeitung des Interviewleitfadens. Dieses setzt wiederum in der Erhebungsphase schon erste Auswertungsschritte voraus, um die beschriebene Problematik überhaupt erkennen zu können. All das muss entsprechend bei der Entwicklung eines qualitativen Forschungsdesigns mitgedacht werden.

Eine zunehmend angewandte Innovation im Sinne einer Methoden-Triangulation bei den Forschungsdesigns stellen die Mixed-Methods dar. Hierbei intendieren Designs gemischter Methoden die Überwindung der statischen und binären Trennung von qualitativen vs. quantitativen Ansätzen, um ein Phänomen zu untersuchen. Jedoch setzen Mixed-Methods-Designs zusätzliche Feld-, Qualifikations- und Datengrundlagen voraus, die geeigneten und machbaren Zugangsmöglichkeiten, wie etwa sinnvoll ergänzende Primär- oder Sekundärdatensätze, benötigen.

Kuckartz (2014)* unterscheidet vier Mixed-Methods-Designs, die sich in der Wissenschaft etabliert haben: das parallele Design (bei dem die Ergebnisse zweier Teilstudien zusammengeführt werden), das vertiefende sequenzielle Design (bei dem eine qualitative Studie die quantitativen Ergebnisse näher plausibilisiert), das verallgemeinernde sequenzielle Design (bei dem auf qualitative Ergebnisse etwa eine standardisierte Befragung folgt) und das Transferdesign (bei dem die eine Datensorte in die andere überführt wird). Die Risiken und Grenzen dieser Methodenkombination sollten jedoch genauestens reflektiert werden, bevor man sich für ein solch anspruchsvolles Mix-Methods-Design aus zirkulär-rekonstruktivem (qualitativ) und linear-chronologischem (quantitativ) Paradigma entscheidet.

 

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* Kuckartz, U., 2014: Mixed Methods. Methodologie, Forschungsdesigns und Analyseverfahren. Wiesbaden: Springer VS.