Ebenen

Hier sammle ich ein paar unterschiedliche Beobachtungen, die ein gemeinsames, eigentlich banales Thema haben:

Wenn wir kommunizieren, dann transportieren wir häufig mehrere Botschaften. Wenn wir auf der Empfangsseite sind und das wahrnehmen, dann können wir entscheiden, welche der Ebenen wir ggf. bei unserer Antwort adressieren und inwiefern wir das explizit machen.

Hier ist ein Beispiel:
Nach einem Vortrag auf einer Konferenz, in der Fragerunde, eröffnet ein akademisch junger Kollege seine Frage mit einem Statement zu Literatur, die er für mein Vortragsthema wichtig findet, schließt dann einige Kommentare an und stellt erst ganz am Ende eine Frage.

Neben der inhaltlichen sehe ich hier eine soziale Ebene, auf die ich reagieren kann. Ob der Kollege das alles so gemeint hat, wie ich es gehört habe, und ob insofern meine Reaktion zu seinem Bedürfnis passt, weiß ich nicht, aber ich kann zumindest einen freundlichen Versuch starten. Anstatt also nur auf die Frage inhaltlich zu antworten, könnte ich mich für die zusätzlichen Literaturhinweise bedanken (auch stellvertretend für das Publikum – selbst wenn ich das alles schon kenne, kennen es vielleicht nicht alle im Raum). Meine Interpretaton der Hinweise und Kommentare ist, dass der Kollege sein Wissen zeigen und sich insofern als zur Fachcommunity zugehörig präsentieren möchte. Das könnte ich ebenfalls mit einem freundlichen Dank kommentieren und, falls ich einen der Kommentare wirklich interessant fand, damit schließen, dass wir das in der Kaffeepause vertiefen könnten.

Ein weiteres Beispiel könnte eine Studentin sein, die mir Bescheid sagt, dass sie einige meiner Buchstaben an der Tafel wirklich nicht gut lesen bzw. auseinanderhalten kann und dass sie nicht jedes Mal die Vorlesung unterbrechen möchte, um nachzufragen. Das könnte ich einfach nur als Kritik an meiner Schrift verstehen, aber in einer zweiten Ebene könnte ich den Mut heraushören, mich überhaupt direkt kritisch anzusprechen, und das Vertrauen, dass ich die Kritik ernst nehme und mir etwas überlege, um die Situation zu verbessern. Zusätzlich zu einer inhaltlichen Antwort würde ich mich also dafür bedanken, dass es überhaupt thematisiert wird, und zwar direkt und nicht später, anonym, in einer Lehrevaluation, wo gar nicht klar ist, ob ich den Kommentar rechtzeitig sehe, um noch etwas ändern zu können. Ich könnte live in der Vorlesung nachfragen, ob sich die Lesbarkeit verbessert hat, um damit allen Studis zu zeigen, dass ich solche Kommentare ernst nehme. Damit adressiere ich dann nicht nur die inhaltliche Ebene der Kritik, sondern auch die soziale Ebene, in der es zum Beispiel um Vertrauen geht.

Ganz oft machen wir das bestimmt unbewusst, und ich finde es spannend, sich das öfter bewusst zu machen und dann eben auch entscheiden zu können, wie wir auf die inhaltliche und die soziale(n) Ebene(n) reagieren möchten.

Was für Beispiele fallen ihnen ein?

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