Der „Nein“-Werkzeugkasten

Wann haben Sie das letzte mal Nein gesagt?
Worum ging es da?
Was für ein Nein war das?

„Nein.“ ist ein vollständiger Satz. So habe ich es schon häufig gehört und gelesen, zuletzt im Rahmen eines Coachingprogramms, an dem ich gerade teilnehme und bei dem diese Woche das Thema „Nein sagen“ ist. In dem neuen Denkanstoß ging es darum, drei Variationen von Nein auszuprobieren:

  1. „Nein, jetzt noch nicht.“
  2. „Nein, nicht allein, aber gern mit jemandem zusammen.“
  3. „Nein, ich bin gar nicht die am besten geeignete Person dafür.
    Hier ist ein Vorschlag, wer besser passt.“

Mich beschäftigt das Thema schon lange, es ist ein ständiger Lernprozess. Die Widersprüchlichkeit in den Ratschlägen, die man da so bekommt, kommt u.a. daher, dass manche die Verteidigung der eigenen Ressourcen besonders wichtig finden, manche die klare Grenzziehung, und manche die Diplomatie, also auch die Frage nach Tragfähigkeit der (Arbeits-)Beziehung nach dem Nein.

Denn häufig denken wir Nein, sagen aber Ja, weil wir nicht sicher sind, ob die Beziehung ein Nein aushält. Bin ich eine schlechte Kollegin, wenn ich nicht mehr in dieser Kommision mitarbeiten möchte? Nehmen meine Studis es mir übel, wenn ich nicht noch drei Zusatzangebote mache (zu den zehn, die schon da sind)? Ärgern sich meine Institutskolleg*innen, wenn ich bei der einen Studiengangsreform mitmache und bei der anderen nicht? Anstatt zu wiederholen, was andere und ich selbst schon oft gesagt und geschrieben haben, möchte ich das in Worte fassen, was mir jetzt klargeworden ist. Die Auflösung des Widerspruchs, der durch die vielen verschiedenen und teilweise gegensätzlichen Ratschläge zum Thema „Nein“ entsteht, funktioniert für mich so:

  1. Es gibt kein „One size fits all“, sondern wie man Nein sagt, ist auch
    abhängig vom Kontext und von der Persönlichkeit. Das kommt bei Ratgebern manchmal zu kurz.
  2. Warum entscheiden? Kann ich nicht ganz viele Versionen von „Nein“ sammeln, wie in einem Werkzeugkasten, und dann jeweils die passende Version hervorkramen? Klar muss man das üben, aber es ist doch schön, Auswahl zu haben.

Hier kommen ein paar Versionen, und ich freue mich auf die nächsten:

Nein.
Nein. Danke für die Anfrage, aber nein.
Oh nein, auf keinen Fall. Nicht in diesem Leben, nicht im nächsten.
Jetzt grad nicht, ich denke in fünf Jahren noch mal drüber nach.
Nein. Hab ich schon gemacht, einmal hat gereicht.
Nein, nicht mit diesen Vorgaben. Wenn das gut werden soll, brauche ich …
(Zeit, Geld, Personal,…?)
Nein, sowas kann ich gar nicht. Warum fragst Du mich das?
Nein, traue ich mir noch nicht zu. Wäre aber später mal spannend,
kann ich in einer anderen Funktion dabei sein und lernen?

Bei hartnäckigem Nachfragen arbeite ich noch an der richtigen Mischung aus Ehrlichkeit und Diplomatie:

Nein, mich überzeugt die personelle Zusammensetzung nicht.
(Nein, ich will nicht mit Dir zusammenarbeiten.)
Nein, das klingt langweilig.
Nein, meine Zeit ist woanders besser investiert.
Nein, ich fand die Idee von Anfang an blöd und will da jetzt auch nicht mitmachen.

Und sonst? „Sag doch einfach NÖ!“
So heißt es in einer Verfilmung von Robin Hood, glaube ich.

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