Wann sind Sie zum letzten Mal einem Hinweis gefolgt? Vielleicht ging es um Beschilderung, um eine Kontaktperson, um einen Restaurant-Tipp, …
Bei längerem Nachdenken fallen mir zahlreiche Hinweise auf, kleine und große, denen ich in letzter Zeit nachgegangen bin. Und in einem Gespräch gestern wurde mir klar, dass es noch eine weitere spannende Kategorie von Hinweisen gibt, und dass ich die bisher unterschätzt habe. Es handelt sich um Hinweie auf der Meta-Ebene, und vielleicht werden sie auch nur von denen erkannt, die dafür empfänglich sind. Darüber denke ich noch nach. Aber hier kommt erst mal ein Beispiel für das, was ich da meine.
Der große Bedarf an Beratungsangeboten für Studis hat, zusammen mit einem personellen Engpass, dazu geführt, dass sich Studis aus der Studi-Vertretung, aus Fachschaftsräten etc. überlegt haben, wie die vorhandenen Ressourcen für Beratung gut eingesetzt werden können und wie man die Studis noch besser informieren kann darüber, was es gibt und für wen das gedacht ist. Diese Informationen habe ich dann wiederum genutzt und habe darauf hingewiesen, was es gibt und wohin man sich wenden kann, inkl. Hinweis, dass man auch gern mich fragen kann, wenn man unsicher ist. Daraufhin gab es dann tatsächlich mehrere Anfragen. Und auch von den Studis, die sich da engagiert haben, habe ich erfahren, dass die Angebote jetzt richtig stark genutzt werden und dass da anscheinend ein großer Bedarf war, dass sich aber auch viele Studis geschämt haben oder verunsichert waren, ob es ok ist, um Hilfe oder Beratung zu bitten.
Auf Nachfrage habe ich dann erfahren, dass mein Hinweis bei einigen Studis dazu geführt hat, dass sie sich getraut haben, mich zu kontaktieren und nach einer Beratung oder einem Sprechstundentermin zu fragen. Die gleichen Studis haben mich schon oft gehört mit Aussagen wie „Fragen Sie ruhig nach!“ oder „Melden Sie sich per E-Mail oder sprechen Sie mich nach der Vorlesung an, wenn Sie in die Sprechstunde kommen möchten.“. Das hatte aber nicht den gleichen Effekt. Mein Hinweis auf die Hilfsangebote hat anscheinend bei den Studis solche Gedanken ausgelöst wie „Sie kümmert sich, es ist ihr wichtig, dass es den Studis gut geht, man kann sie auch mal nicht-mathematische Sachen fragen.“ Es geht also gar nicht so sehr um den Inhalt des Hinweises, sondern darum, was es in den Augen der Studis über mich aussagt, dass ich solche Hinweise gebe. Und dass ich offensichtlich das zugrundeliegende Anliegen ernst nehme. Das fand ich so spannend, dass ich daüber nachgedacht habe, wo ich noch solche Meta-Hinweise sehe – bei mir selbst oder bei anderen.
Überraschenderweise hat es ein bisschen gedauert. Normalerweise, wenn mir so ein kleines Licht aufgeht und ich denke, dass ich darüber schreiben möchte, wimmelt es plötzlich von Beispielen und Denkanstößen dazu. Hier was das nicht so. Aber heute auf dem Fahrrad fiel mir dann wieder ein, dass ich in den letzten ein, zwei Jahren vermehrt Anfragen zum Mentoring oder Coaching bekomme. Oft fachfremd und von anderen Universitäten, und dann wundere ich mich immer, wie die Leute auf mich kommen. Wonach die suchen, weiß ich nicht, aber als Antwort auf meine Frage kommt dann sowas wie „Ihre Internetseite und die Themen da haben bei mir den Eindruck hinterlassen, dass Sie sowas machen/können und auch wichtig finden.“ Genau so in der Lehre, wo ich manchmal interessante Rückmeldungen oder Anfragen bekomme nach dem Motto „Man merkt Ihnen/Ihrer Internetseite an, dass Sie die Lehre ernst nehmen und dass Ihnen das auch Spaß macht.“
Das stimmt alles. Und zwar schon seit vielen Jahren. Aber anscheinend ändert sich etwas in der Wahrnehmung, wenn ich auf gewisse Dinge hinweise. Erfahrung mit Coaching oder Mentoring spricht sich vielleicht rum, aber der Hinweis auf meiner Internetseite, dass ich so etwas mache, scheint die eigentliche Wirkung zu haben. Der Hinweis auf Workshops, Audiodateien oder Podcastfolgen zeigt, dass es Zusatzangebote gibt und dass mir also anscheinend die Studis mit ihren Themen wichtig sind.
Und jetzt fällt mir noch ein Beispiel ein! Eine Kollegin hat in ihrer E-Mail-Signatur einen Hinweis darauf stehen, dass sie in Teilzeit arbeitet, und zwar mit klar definierten Wochentagen, an denen sie arbeitet und insb. ihre Arbeits-Mails liest und ggf. beantwortet. In einem Gespräch darüber hat sie mir erklärt, warum sie diesen Hinweis gibt – es ist nicht nur eine Information an die, die Mails von ihr bekommen, sondern es ist auch der bewusste Hinweis darauf, dass es auch im akademischen Umfeld die Möglichkeit gibt, sehr erfolgreich zu sein, in Teilzeit, mit klaren Grenzen bei der Erreichbarkeit. Ein Hinweis auf der Meta-Ebene. Jetzt, wo ich dafür sensibilisiert bin, werden mir bestimmt noch viele solche Hinweise auffallen. Ich danke der Studentin, dank der ich diesen Meta-Hinweis-Effekt verstanden habe, und ich lade Sie alle dazu ein, ebenfalls nach solchen Hinweisen zu suchen. Zumal es uns allen passieren kann, dass wir unbewusst Meta-Hinweise geben und Signale senden, die wir so gar nicht beabsichtigen.