Das große JA

Kennen Sie diesen Rat, dass man nur Ja sagen soll, wenn es ein richtig lautes, großes, unzweifelhaftes Ja ist („Hell, yeah!“) und dass man sonst immer Nein sagen soll? Haben Sie das mal ernsthaft versucht?

Ich finde das nicht so hilfreich, jedenfalls nicht grundsätzlich. Man könnte den Rat modifizieren zu: Ich sage auch mal zähneknirschend Ja, wenn es eben zu meinen Hauptarbeitsaufgaben gehört, und da, wo ich frei bin, verwende ich die „Hell, yeah“-Regel. Schließlich muss man auch mal in einer Berufungskommission oder einer Arbeitsgruppe zu irgendwas mitarbeiten oder einen Bericht schreiben oder so, auch wenn es gerade zeitlich gar nicht gut passt.

Seit ca. einem Jahr praktiziere ich eine Variante dieser Regel, an der ich richtig gut üben konnte, Prioritäten zu setzen, und daher schreibe ich hier darüber. Die Grundidee war, dass es ein Thema gibt, ein Herzensprojekt, dass so wichtig ist, dass unbedingt genug Zeit dafür da sein muss, wenn es richtig losgeht. Es war verbunden mit einem Kollegen und mit einem gemeinsamen Projektantrag, in dem viel Arbeit steckte. Die Zeit für die Vorarbeiten und das Schreiben des eigentlichen Antrags musste freigeschaufelt werden, und dann war in meinem Kopf dieser ganz starke, laute Gedanke:
Wenn der Antrag bewilligt wird, dann musst Du Zeit haben, und auch den Kopf frei haben, um wirklich intensiv an dem Projekt arbeiten zu können.
Nicht nur wegen der Projektmittel, sondern weil es ein so tolles, so wichtiges Projekt ist. Da war ein großes, lautes, entschlossenes JA in meinem Kopf zu diesem Projekt und zur Zusammenarbeit mit diesem Kollegen (und anderen Menschen, die mit dazugehören).

Dieses JA war so groß und so stark, dass es gereicht hat, um ca. ein Jahr lang (von kurz vor der Einreichung bis zum positiven Bescheid) zu ganz vielen Dingen Nein zu sagen. Immer mit der gleichen Begründung:
Wenn ich hier Ja sage, dann schneidet das Zeit und Energie ab von diesem einen tollen Projekt. Oder rückwärts gedacht: Wie sehr werde ich mich ärgern, wenn der Antrag erfolgreich ist und ich dann während der Projektlaufzeit diese vielen kleinen Dinge am Bein habe? Das große JA war sogar nur ein „vielleicht“ oder „hoffentlich“, und trotzdem war es stark genug. Ich freue mich jetzt wie ein Schneekönig, weil wir nicht nur die Fördermittel bekomen haben, sondern ich auch wirklich Zeit für das Projekt haben werde. Es ist ein ganz tolles Gefühl, den Freiraum verteidigt zu haben und die Arbeit am Projekt wirklich genießen zu können.

Was denken Sie über diese Strategie?
Würde Ihnen auch ein Plan für die Zukunft dabei helfen, öfter Nein zu sagen?
Spricht Sie die Perspektive an, dass man sich später über den Freiraum freuen wird?
Oder dass man sich ärgern würde, wenn man den Kalender überladen hat?

Ein Gedanke zu „Das große JA

  1. Als Frau verspüre ich den ständigen Druck, Verpflichtungen einzuhalten, selbst wenn sie im Widerspruch zu meinen Zielen stehen. Dennoch ist es von entscheidender Bedeutung, die Zeit sorgfältig für das zu schützen, was Freude weckt. Ich sehe Parallelen bei der Wahl eines Badeanzugs – selbst wenn ein Stil im Trend liegt, lohnt es sich nicht, sich in ihn hineinzuzwängen, wenn er nicht das „Hölle ja“-Gefühl im Inneren auslöst. Indem ich bewusst lebe und mich nur Menschen/Projekten/Kleidung voll und ganz verpflichte, die mit meiner tiefsten Wahrheit übereinstimmen, kann ich mein Ziel frei verfolgen, so wie der Bikini entworfen wurde: den weiblichen Geist zu feiern und zu befreien. Wenn wir Raum zum Strahlen haben, werden wir zu unserem höchsten Selbst.

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