Die folgenden drei Fragen kommen aus einer buddhistischen Geschichte aus dem Buch „Die Kuh, die weinte“ von Ajahn Brahm.
Wann ist die wichtigste Zeit?
Wer ist der wichtigste Mensch?
Was ist die wichtigste Sache, die zu tun ist?
Die Fragen haben mich eine Weile beschäftigt und ich möchte Sie einladen, auch darüber nachzudenken. Die erste ist noch ganz ok, quasi zum Aufwärmen, jedenfalls habe ich mich da schnell für die Antwort „jetzt“ entschieden. Denn „jetzt“ ist die einzige Zeit, zu der ich etwas tun kann. Die Vergangenheit kann ich nicht ändern, die Zukunft zwar vielleicht beeinflussen, aber nicht „machen“, und daher finde ich es schlüssig, mich auf den Moment zu konzentrieren, in dem ich überhaupt etwas Sinnvolles tun kann. Also jetzt.
Die zweite Frage ist viel spannender. Vielleicht ist der wichtigste Mensch der, den ich am meisten liebe? Oder der, von dem ich am meisten lernen kann? Oder der, der mich jetzt am meisten braucht? Vielleicht bin ich es auch selbst, weil ich ja nur meine eigenen Gedanken wirklich kenne und nur mein eigenes Denken und Verhalten beeinflussen kann? Ist nicht die Beschäftigung mit mir selbst und innere Klarheit die Grundvorausetzung dafür, dass ich sinnvoll mit anderen interagieren kann? Plötzlich deutet viel darauf hin, dass ich selbst der wichtigste Mensch bin, aber das fühlt sich in vielen Situationen falsch an. In der Vorlesung bin ich nicht wichtig, da sind die Studis wichtig. In einem Gespräch ist die Person, die mit mir redet, mindestens genau so wichtig wie ich selbst! Ist es nicht sogar ein besonderes Geschenk, die andere Person für einen Moment für die wichtigste auf der Welt zu machen, allein durch unsere ungeteilte Aufmerksamkeit? Wenn ich allein bin oder es mir nicht gut geht und ich daher nicht so offen für die Probleme anderer Menschen bin, dann ist es ok, das ich für den Moment der wichtigste Mensch bin. (Das muss ich dann aber auch ernst nehmen.) Sobald eine andere Person dabei ist, finde ich es schön, ihr meine ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken und sie für den Moment zum wichtigsten Menschen zu machen.
So, bereit für die dritte Frage. Die ist auch nicht einfacher. In Analogie zur ersten Frage könnte man antworten „Das, was jetzt zu tun ist.“ Mit dem Argument, dass man ja nur eine Sache zur Zeit tun kann, und das, was man gerade tut, ist dann am wichtigsten. Ein Plädoyer für Präsenz. Aber wenn ich die Frage etwas anders lese, dann geht es plötzlich darum, was ich tun soll. Puh, große Frage. Lernen? Helfen? Mitgefühl haben? Meine Stimme erheben, wenn andere nicht gehört werden? Leistung zeigen? Mein Potenzial nutzen? Diese Frage ist mir noch zu groß. In vielen Momenten denke ich, dass es wichtig ist, präsent zu sein, wach, offen. Vielleicht ist also eine mögliche wichtigste Sache, aufmerksam zu bleiben. Nicht abzuschalten, sondern dabei zu bleiben, sich selbst und anderen zuzuhören. Das ist eine einfache, aber anstrenge Antwort auf eine schwierige Frage. Mal sehen, wie ich das beantworte, wenn ich älter und weiser werde. 🙂
Sie sind dran!