Im Oktober 2019 begann dieser Blog, geschrieben habe ich schon vorher. Erstaunlich, was sich schon alles angesammelt hat an Text! Allein 40 Blogbeiträge, mit sehr unterschiedlichen Themen und kaum Wiederholungen. Zweimal kam das Thema „Fehler“ dran, darüber musste ich dann etwas lachen. Ist aber auch ein wichtiges Thema, dazu könnte ich ständig was schreiben. Vor dem Blog gab es schon Text zu studienrelevanten Themen und haufenweise Material, das ich bei der Vorbereitung von Podcastfolgen gesammelt habe, u.a. in Begleitung zur freien Workshopreihe. Manche Themen kommen mehrmals vor, mit wenig Abstand und nur leicht unterschiedlichen Nuancen, so dass ich im Nachhinein sehen kann, was für ein Denkprozess da abgelaufen ist oder was für Rückmeldungen ich dazu bekommen habe.
Apropos Rückmeldungen: Ich habe keine Ahnung, wer das liest. Zu Beginn habe ich ein paar Rückmeldungen von Studis bekommen, vereinzelt, und die Kommentare zeigen auch, dass da Menschen was gelesen haben und die Themen interessant fanden. Ansonsten ist da nix, ich hab keine Klickzahlen oder so und kann mir vorstellen, dass das einfach nur für mich selbst und noch zwei, drei andere Menschen ist. Falls es Stammleser*innen gibt: Das ist der Beitrag, bei dem ein Kommentar nach dem Motto „Hier! Ich! Ich les das!“ sinnvoll ist und ich verspreche, dass ich regelmäßig nach Kommentaren schaue und sogar antworte. Bisher hab ich die Kommentare nur gelesen und mich gefreut.
Mich hat aber auch die ganze Zeit gar nicht so beschäftigt, wer das liest. Manchmal habe ich beim Schreiben an die Leute gedacht, die mich auf die Idee für einen Beitrag gebracht haben und hab mich gefreut bei dem Gedanken, dass sie das vielleicht lesen. Oder es ergab sich ein Denkanstoß bei einem Gespräch und dann fühlte sich das Schreiben so an, als würde ich das Gespräch innerlich fortsetzen und dabei Fragen formulieren, die ich im weiteren Verlauf gestellt hätte. Jetzt, ein gutes Jahr nach Beginn des Blogs, frage ich mich, ob sich etwas ändern würde, wenn ich wüsste, dass das niemand liest. Oder dass das ständig 50 Leute lesen. Und es fühlt sich seltsam an, das so zu schreiben, aber es spielt keine Rolle. Die Denkprozesse sind spannend, das Schreiben macht Spaß und es passiert etwas, wenn die Gedanken greifbar werden und durch meine Finger und die Tastatur hüpfen, bevor sie dann festgehalten dastehen. Diese Erfahrung ist so interessant, dass ich sie sowieso machen möchte – und schon seit Jahren mache. Damit bin ich in guter Gesellschaft: Viele Menschen schreiben für sich selbst, in Tagebuchform oder frei, themenbezogen, halten ihre Gedanken und Beobachtungen fest und das einfach nur, um sich selbst zu sortieren. Wie ein Selbstgespräch.
Die Form „Blog“ hat aber etwas verändert, und daher denke ich, dass es doch eine Rolle spielt, im Hinterkopf zu haben, dass das vielleicht Leute lesen. Dabei sind mir zwei Aspekte eingefallen: Themenfilter und Konsistenz.
Themenfilter: Es gibt haufenweise Zeug, über das ich nachdenke und das nicht nur mich selbst kurz danach schon nicht mehr interessiert, sondern das auch sonst niemanden interessiert. Selbst wenn ich mir da also Notizen zu einem Zwischenstand mache, wird daraus kein Blogbeitrag. Es steckt einfach kein spannender Denkansatz drin, kein Faden, den ich weiterspinnen möchte, um mal zu gucken, was da noch so kommt. Sobald aber bei einem Thema Zug entsteht und ich dieses „Da ist was“-Gefühl habe, dann fühle ich mich durch den Blog motiviert, dranzubleiben. Manchmal ist das ein Gesprächsfetzen, oder ein Zitat, das ich lese, oder ein Kommentar in den Nachrichten. Dafür gibt es inzwischen einen virtuellen Zettelkasten mit Blog-Ideen. Das geht von isolierten Stichwörtern bis hin zu konkreten Themenideen, wo dann schon ein vorläufiger Titel da steht und ich ein paar erste Fragen sammle. Es fängt immer mit Fragen an. Und ich merke, dass ein Thema richtig Zug hat, wenn sofort mehrere Fragen kommen und ich dann quasi gleich ins Schreiben komme, so dass ich mich aktiv stoppen muss. (Oder nicht, dann kommt da spontan ein Blogbeitrag raus, den ich bei nächster Gelegenheit veröffentliche.)
Konsistenz: Es gab mal größere Lücken, aber normalerweise kommen ein bis zwei Beiträge pro Monat, manchmal mehr. Seit es den Blog gibt, halte ich mehr nach interessanten Themen Ausschau bzw. bin sensibilisierter dafür, wenn es während eines Gesprächs oder beim Lesen innerlich „Aha!?“ macht und ein Stichwort hängen bleibt. Ich wünschte, dass ich im März und April noch mehr geschrieben und noch mehr Gedanken und Stimmungen festgehalten hätte – da gab es das innere „Aha!?“ sehr oft und ich bin dem Impuls nicht immer gefolgt. Rückblickend war das eine extrem surreale und im Wortsinn merkwürdige Zeit, von der ich gern noch mehr festgehalten hätte.
Tatsächlich finde ich die Zugkraft, die der Blog in meinem Inneren entfaltet, spannend. Und es ist sehr viel Text entstanden, ohne dass ich jemals einen Schreibmarathon veranstaltet hätte oder so. Das alles entsteht einfach nur durch Konsistenz! In letzter Zeit habe ich mehrmals überlegt, eine kleine Challenge zu machen. Nur für mich selbst, um mal zu gucken, was so geht. Zum Beispiel: Eine Woche lang jeden Tag einen Beitrag. Oder sogar einen Monat lang. Aktuell habe ich noch zu viel Respekt davor, aber: No risk, no fun! Oder?