Balbina singt über das Grübeln. In einem Interview 2015 sagte sie: „Ich grübel ständig. Grübeln ist für mich der Superlativ von Nachdenken. Ich höre gar nicht erst damit auf. Ich analysiere meine Umgebung am laufenden Band.“
Ist Grübeln wirklich eine Steigerung oder sogar der Superlativ von Nachdenken? Was ist der Unterschied? Ist es Grübeln, wenn man die ganze Zeit die Umgebung (oder auch sich selbst) analysiert, wenn da quasi ständig so eine Spur mitläuft und man innerlich Dinge festhält, einordnet, bewertet, kommentiert? Mein Empfinden ist da anders. Oder zumindest die Wortwahl. Was Balbina beschreibt, kenne ich auch: Mein Gehirn muss so richtig was zu tun haben oder ich muss in einer Art Flow- oder Meditationszustand sein, damit nicht die ganze Zeit so eine Analysespur mitläuft. Allerdings ordne ich das nicht als Grübeln ein, sondern als Nachdenken. Wie bei Nina Kunz. „Ich denk, ich denk zu viel.“ Vielleicht nicht zu viel, aber viel. Dieses Nachdenken passiert einfach und liefert auch durchaus Ergebnisse, Zwischenberichte, und es entstehen am laufenden Band Fragen. Manchmal wird das Wort „Grübeln“ auch für sehr tiefes angestrengtes Nachdenken benutzt, aber so verwende ich das Wort innerlich nicht.
Grübeln fühlt sich für mich anders an. Dabei führen die Fragen nicht wirklich weiter, oder es geht um Dinge, die längst vorbei und nicht mehr zu ändern sind, bei denen es auch keine neuen Informationen gibt. Denken ohne Erkenntnisgewinn. Es wiederholt sich, wie bei einer beschädigten Schallplatte, die in Endlosschleife vor sich hindudelt und von allein nicht wieder aufhört. Ich habe geübt, zu merken, wenn ich grüble, oder zumindest einen „Grübeltest“ zu machen. Was ist das Thema? Geht es um diffuse Sorgen, Ängste, Unsicherheit? Geht es um längst Vergangenes, nach dem Motto „Wieso habe ich (nicht) ..?“ oder „Warum ist …. so und so passiert?“? Das ist bei mir oft ein Indikator für Grübeln. Aber zur Sicherheit kommen noch mehr Tests: Stelle ich mir neue Fragen oder alte, immer die gleichen? Suche ich nach Erkenntnissen, möchte ich etwas neu verstehen und daraus lernen? Falls ja, dann ist es vielleicht kein Grübeln, sondern es könnten neue Einsichten und Lernprozesse herauskommmen. Ich merke das daran, dass sich etwas löst, dass ich das Gefühl habe, wirklich etwas anders oder besser zu verstehen. Beim richtigen Grübeln passiert das nicht, sondern da geht etwas in Dauerschleife, macht sich selbstständig, zieht mich emotional runter und es ist sehr anstrengend, das wieder loszulassen.
Und genau wie man bei Meditieren üben muss, immer wieder innezuhalten, Gedanken gehen zu lassen und die Pausen zwischen den Gedanken länger werden zu lassen, übe ich auch beim Nachdenken, innezuhalten und mal kurz nachzugucken, ob sich das eher nach Nachdenken anfühlt oder nach Grübeln. Wenn ich mich beim Grübeln ertappe, dann sage ich mir innerlich ganz bewusst „Stop“. Noch bin ich auf der Suche nach Sätzen, die das Grübeln wirklich stoppen, nach dem Motto „Das führt jetzt nicht weiter“. Je nach Situation hilft so etwas wie „Das ist lange her, ich kann da nichts mehr machen.“ oder „Schon gut, ich habe meine Lektion gelernt.“
Wenn ich merke, dass es eher produktives Nachdenken ist oder zumindest in einer Grauzone, dann geht es halt weiter. Nach- und Mitdenken ist ja gut und wichtig! Ich habe übrigens die Gelegenheit genutzt, mal wieder zu gucken, was denn der Duden zum Thema „Grübeln“ sagt: „seinen oft quälenden, unnützen oder fruchtlosen Gedanken nachhängen; über eine Sache nachsinnen, um zu einer Lösung oder Klärung zu kommen“
Ich verwende „Grübeln“ für das erste und „Nachdenken“ für das zweite.
Wie ist das bei Ihnen?
Neigen Sie zum Grübeln?
Sorgen, Ängste, Unsicherheit,
Beschäftigung mit längst Vergangenem?
Empfinden Sie das als belastend?
Ertappen Sie sich dabei, und falls ja: Können Sie dann damit aufhören?
Wo verläuft die Grenze zwischen Nachdenken und Grübeln?