Hier ist das Zitat:
„Jeden Morgen werden wir wieder geboren.
Was wir heute tun zählt am meisten.“
Wie versprochen enden wir mit Hoffnung. Oder?
Was für spontane Gedanken haben Sie?
Fangen wir mit dem Aufwachen morgens an.
Wie fühlen Sie sich?
Wie gerädert?
Wie neu geboren?
Hüpfen Sie gleich los oder kommt erst mal die „Snooze“-Taste?
Freuen Sie sich auf den neuen Tag?
Wenn Sie bei den Antworten schwanken, sind Sie in guter Gesellschaft – wir schlafen nicht immer gleich (viel/gut) und wachen daher auch nicht immer gleich auf. Beim Thema Schlaf gibt es noch viel Forschungsbedarf, aber es wird immer klarer, dass da in unserem Körper, speziell im Gehirn, spannende Dinge passieren. Kein Wunder, dass wir manchmal intensiv träumen und dass Schlaf, oder dessen Abwesenheit, unser Wohlbefinden so stark beeinflusst. Nun wachen wir also auf und die Frage ist: Wie wird der Tag? Die Kraft des Zitats liegt für mich in der Haltung, die daraus spricht. Wenn ich glaube, dass jeden Morgen eine neue Version von mir aufwacht, dann kann ich auch glauben, dass diese Version anders ist als die gestern.
Vielleicht hat sie über Nacht etwas vergessen.
Vielleicht hat sie etwas verstanden.
Vielleicht ist Ärger verblasst.
Vielleicht ist Tatendrang da, der gestern noch nicht da war.
All diesen Beispiele liegt der Gedanke zugrunde, dass sich etwas verändern kann. Der Glaube, dass nur, weil ich gestern etwas gedacht, geglaubt oder gefühlt habe, das heute nicht unbedingt genau so sein muss.
Wie wichtig ich diese Haltung finde, also die Einstellung, dass ich jeden Tag die Möglichkeit habe, mich ein klein wenig zu verändern, wird mir besonders bewusst, wenn ich Menschen treffe, die das anders sehen. Ein fest gefügtes Weltbild, das Innere wurde in der Vergangenheit geformt und ist jetzt so. Wenn überhaupt, dann müssen sich die äußeren Umstände ändern, sonst passiert nichts.
Ich sehe das ganz anders, und die meisten meiner Erfahrungen (und Teile der psychologischen Forschung) sprechen dafür, dass Veränderungen möglich sind dadurch, dass sich unsere Sichtweise oder Wahrnehmung verändert. Abgesehen davon gefällt mir der Gedanke, dass ich selbst ziemlich viel zu meiner Stimmung beitragen kann und dass ich nicht ausschließlich und die ganze Zeit abhängig davon bin, was der Rest der Welt so macht.
Deswegen macht mir der Gedanke, jeden Tag (sozusagen) als neue Version aufzuwachen, keine Angst. Ich befürchte nicht, mich nicht wiederzuerkennen. Sondern ich kann hoffen, dass etwas besser oder einfacher geworden ist. Dass ich etwas gelernt habe. Und in diesem Sinne ist dann der aktuelle Tag der, auf den es ankommt. Das ist der Tag, den die heutige Version vor sich hat, so wie sie eben aufgewacht ist. Sich auf den heutigen Tag zu konzentrieren, verstehe ich nicht wörtlich und auch nicht bedingungslos – Raum für Erinnerungen und für Pläne ist da auch – aber ich verstehe es als Aufforderung zur Präsenz. Ich kann mich über die Vergangenheit beklagen, vielleicht mit ganz viel Berechtigung, oder ehrlich gucken: Wie ist es heute?
Was kann ich heute tun, damit etwas besser wird?
Ich kann Angst vor der Zukunft zu haben, auch wieder nachvollziehbarerweise, oder ich kann überlegen, woher diese Angst kommt und ob ich heute eine kleine Sache machen kann, um ihr zu begegnen.
Ich kann Dinge aufschieben oder überlegen, was ich heute tun kann, um dort einen Schritt weiterzukommen. Der Schritt darf winzig sein.
In diesem Sinne ist das Zitat sehr stark. Wer eine völlig andere Weltsicht hat, hält das wahrscheinlich für esoterischen Quatsch, und das ist ok.
Für mich ist es ein Grund zur Hoffnung, und deshalb beende ich hier auch die kleine Serie mit Meditationen.