Beziehungsweise

Wenn Sie ein Rezept für eine gute Arbeitsbeziehung mit Ihnen schreiben müssten, wie sähe das dann aus?
Was ist wichtig, worauf sollte die andere Person unbedingt achten, damit es gut läuft?

Und wie sähe ein Rezept dafür aus, dass es so richtig schlecht läuft?
Was nervt oder irritiert Sie, wie kann man es sich schnell mit Ihnen verscherzen?

Und wissen Sie eigentlich, was Sie selbst zu guten oder schlechten
Arbeitsbeziehungen beitragen?
Haben Sie schon mal Rückmeldungen dazu bekommen?
Wertschätzung, oder auch Kritik?

Nehmen Sie sich Zeit, um über Arbeitsbeziehungen nachzudenken und auch zu sprechen? Es ist einfach, von einem Kollegen genervt zu sein oder sich über die Chefin zu ärgern. Immer wieder. Und dann aber nichts dagegen zu machen. Das ist zu einfach. Und es lohnt, sich, schon bei den Kleinigkeiten anzufangen und nicht zu warten, bis sich Ärger aufstaut und keine gute Gesprächsgrundlage mehr da ist.

Hier ist ein winziges Beispiel:
Ein Kollege sagte mir kürzlich, dass er verwirrt war, als ich mal in einer E-Mail schrieb, dass ich eine Rückmeldung bis zum Wochenende haben möchte. Davor hatte ich bei vergleichbaren E-Mails um eine Rückmeldung bis Freitag gebeten. Ich habe das versehentlich gemacht und meinte, wie immer, den Freitag. Aber ich verstehe die Verunsicherung, zumal „bis zum Wochenende“ ziemlich unklar ist. Wäre Sonntag Abend dann zu spät? Ich musste mehrfach nachfragen, um überhaupt herauszufinden, dass es da eine Irritation gab und dass ich also in Zukunft darau achten sollte, bei Rückmeldungen klar zu schreiben, bis wann ich die brauche. Und wenn sich bei wiederkehrenden Aufgaben da etwas ändert, lohnt sich ein Hinweis darauf, warum. Sonst denken viele Leute, man habe sich nur
verschrieben bzw. vertippt. Umgekehrt bitte ich auch darum, solche Infos klar anzugeben, wenn jemand mich per E-Mail nach etwas fragt. Egal ob Gutachten, Zuarbeit fuer eine Verwaltungsangelegenheit oder so: Wer vages Zeug schreibt ohne klare Ansage und Termin, bekommt von mir die Bitte um Konkretisierung oder schlimmstenfalls sogar gar keine Antwort.

Diese Kleinigkeit mit den E-Mails kam bei einem Gespräch heraus, das ich geführt habe, um herauszufinden, was mein Kollege und ich für eine gute Arbeitsbeziehung brauchen. Mit manchen Leuten führe ich solche Gespärche nicht extra, nicht explizit, sondern ich spreche Kleinigkeiten, die knirschen, einfach unterwegs an. Das geht, wenn wir uns schon ganz gut kennen und unkompliziert und offen miteinander sprechen können. Nach dem Motto „Hey, wir hatten doch gestern dieses Missverständnis, da hab ich noch mal drüber nachgedacht und glaube, dass ich jetzt weiß, wie es dazu gekommen ist. Hier ist meine Theorie: … Was denkst Du? Wollen wir nächstes Mal ausprobieren, … und gucken, ob es dann besser klappt?“

Ganz einfach, wenn man es ein paar Mal gemacht hat, und es erspart mir seeeeehr viel Ärger und Nervkram. Ich übe natürlich noch und treffe nicht bei allen Menschen beim ersten Mal den richtigen Ton, aber mit der Zeit wird es einfacher. Und dann trauen sich die anderen auch eher, sowas mal anzusprechen und mir zum Beispiel zu sagen, wenn sie sich über eine Frage (oder eine E-Mail) gewundert haben oder wenn sie meine Reaktion nicht richtig einschätzen können. Manche Doktorandinnen möchten nach einem Vortrag sofort alles ausführlich nachbesprechen, manche wollen erst eine Nacht drüber schlafen. Das weiß ich, weil wir das besprochen haben. Manche Kolleg*innen klären Dinge gern per Mail, manche finden besser, wenn ich anrufe. Manche reden lieber in kleiner Runde, manche laden lieber alle ein, die ihnen einfallen, damit sich bloß niemand übergangen fühlt.

Zu verstehen, wie die anderen gern arbeiten, und mich selbst zu fragen, wie ich gern arbeite und was bei engen Arbeitsbeziehungen wichtig ist, hilft mir sehr, Konfliktpotential zu reduzieren und Stress zu vermeiden. Ich bin meinen Arbeitsbeziehungen nicht ausgeliefert und kann sie aktiv mit gestalten.

Wo sehen Sie noch Gestaltungsspielraum?
Was können Sie aus gut bzw. schlecht laufenden Arbeitsbeziehungen lernen?
Wo haben Sie sich schon dabei ertappt, dass Sie meckern, aber dann nicht aktiv werden, um etwas zu verändern? (Hand aufs Herz…)

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