Vier große Fragen, ganz klein

Es ist eine große Frage, wie wir Erfolg messen oder ein gutes Leben.
Wie machen Sie es?
Denken Sie in Zielen, die Sie erreichen möchten?
In Meilensteinen?
In Erfolgen, die Sie feiern?
Haben Sie eine „bucket list“?
Oder denken Sie Ihr Leben vom Ende her?
Worüber werden Sie sich freuen, wenn Sie mal am Ende Ihres Lebens stehen, was werden Sie bereuen, worauf werden Sie stolz sein, wofür dankbar?

In einem Newsletter wurden vier Fragen vorgeschlagen, mit denen wir am Ende unseres Lebens einschätzen können, ob es ein gutes Leben war. Was passiert, wenn wir solche Fragen verwenden und etwas kleiner ansetzen, mit der Frage, ob es ein guter Tag war? Ich stelle mir zum Beispiel oft die Frage, ob das, was ich mache, genug ist. Und manchmal reicht das Gefühl, dass ich mir Mühe gegeben habe. Dass ich es so gut gemacht habe wie eben möglich, unter den Umständen. Trotzdem gibt es Tage, an denen ein unbefriedigendes Gefühl zurückbleibt – wie beurteilen wir überhaupt, ob es ein guter Tag war? Woran machen wir das fest?

Hier sind Vorschläge für kleine Fragen, die aus großen Fragen abgeleitet sind.

  1. Habe ich heute daran mitgewirkt, dass etwas besser wurde?

Vielleicht gab es ein gutes Gespräch, um ein Problem zu lösen.
Vielleicht konnte ich in einem Treffen meine Expertise einbringen.
Vielleicht hatte ich auch einfach nur Spaß in der Vorlesung,
und ein paar meiner Studis auch.
Vielleicht wollte jemand ein sensibles Thema mit mir besprechen,
und ich war geduldig und präsent und konnte
der Person weiterhelfen.
Vielleicht habe ich in der Sprechstunde Studis geholfen, die
sich an einer Übunsgaufgabe festgeknobelt und fast die
Zähne ausgebissen hatten.
Vielleicht habe ich meinem Doktoranden hilfreiche Kommentare zum
Entwurf des nächsten Kapitels gegegeben.
Vielleicht habe ich jemandem geholfen, in die Tram einzusteigen.
Habe jemandem im Rollstuhl die Tür aufgehalten.
Habe einfach so ohne Grund Menschen angelächelt.

  1. Habe ich heute getan, was ich mir vorgenommen hatte?

Vielleicht hatte ich viele Termine und habe sie eingehalten, war pünktlich
und gut vorbereitet. Oder hatte gute Gründe, es nicht zu sein.
Vielleicht hatte ich Zusagen gemacht für Zuarbeit und habe sie heute wie
besprochen abgeliefert.
Vielleicht wollte ich Yoga machen und hab das dann auch gemacht.
Vielleicht hatte meine kleine Nichte Geburtstag und ich habe
rechtzeitg daran gedacht, sie anzurufen und ihr zu gratulieren.
Manchmal klappt nicht alls, was für den Tag geplant war.
Wenn mir das systematisch pasiert und ich mich deswegen schlecht fühle,
bin ich selbst dafür verantwortlich. Dann ist nämlich wahrscheinlich der Plan das Problem.

Frage 2 kann wunderbar erweitert werden. War ich präsent bei dem, was ich getan habe? Das größte Geschenk, das mir gute Planung mit Puffern gibt (und die Fähigkeit, Nein zu sagen), ist genau das. Präsenz und Aufmerksamkeit für das, was gerade anliegt.

  1. Habe ich öfter Ja gesagt als Nein?

    Spannende Frage, denn Nein sagen gehört dazu, damit ich nicht ständig von Anfragen völlig überwältigt werde.
    Worum geht es also hier?
    Vielleicht wieder um Präsenz?
    Darum, dass man in dem Moment voll dabei ist, also Ja sagt, und nicht nur halb?
    Was denken Sie?
    Im Rückblick auf das genze Leben finde ich verständlich, dass die Frage relevant ist. An einem einzelnen Tag möchte ich sie anders fassen, eher so:
    War ich offen für neue Erfahrungen und Möglichkeiten?
    War ich neugierig und aufgeschlossen?
    Oder ängstlich, zögernd, zurückhaltend?
    Habe ich zugegriffen oder abgewartet?
  1. Was prägte meine Entscheidungen?

    Habe ich Ängste zugrunde gelegt, mein Ego, das Gefühl, nichts verlieren oder abgeben zu wollen? Oder habe ich nach Herausforderungen gesucht, bin Risiken eingegangen, habe mich auf meine Fähigkeiten und Erfahrungen verlassen und manchmal meine Komfortzone verlassen? Habe ich darauf vertraut, dass es gut wird und spannend und ich etwas Neues lerne? Oder hatte ich Angst davor, zu scheitern?

Nicht an jedem Tag stelle ich mir all diese Fragen bewusst.
Aber ich verstehe jetzt viel besser, warum manche Tage sich so gut anfühlen.
Können Sie mit diesem Ansatz etwas anfangen?
Falls nicht – wie beurteilen Sie dann, ob es ein guter Tag war?

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