Eigentlich neige ich nicht dazu, große Dinge bewirken zu wollen. Mir liegen eher die kleinen Aktionen, mit Wirkung in meinem eigenen kleinen Umfeld. So, als ob man einen kleinen Stein ins Wasser wirft, der dann ganz kleine Wellen auslöst. Aber immerhin bewegt sich etwas.
Zweimal wurde in letzter Zeit mein Glaube daran erschüttert, dass das reicht. Die eine Gelegenheit war ein Vortrag, in dem im Kontext von Kooperationstheorie darauf hingewiesen wurde, dass altruistisches Verhalten (ohne Gegenbedingung oder das Aushandeln von Reziprozität) oft ausgenutzt wird und dass es sein kann, dass das eigene Verhalten am Ende netto gar nichts Gutes bewirkt, weil manche Menschen sich dadurch darin bestätigt sehen, dass es ok sei, sich egoistisch oder unsolidarisch zu verhalten. Nach dem Motto „Wenn meine Nachbarin kein Auto hat und Müll vermeidet, kann ich ja ruhig die Sau rauslassen.“. Sehr desillusionierend, aber es gibt da recht viel Forschung zu und selbst wenn sich in einer Gruppe von Menschen die große Mehrheit altruistisch oder zumindest solidarisch verhält, reicht eine kleine Minderheit egoistischer Leute, damit sich mehr und mehr Personen für egoistisches Verhalten entscheiden. „Wenn die das machen, dann mache ich das halt auch, ich werde ja sonst ausgenutzt.“
Als sei das nicht ernüchternd genug, kam ich dann auch noch in eine Situation, in der ich dringend etwas tun wollte, in der aber ganz klar war, dass mein eigener kleiner Wirkungskreis nicht ausreicht. Was tun? Aktivismus liegt mir nicht, aber das schien das Gebot der Stunde zu sein. Verbündete suchen, die eigene Stimme laut machen für die Betroffenen, die nämlich keine Stimme und keine Lobby haben. Das eigene Netzwerk nutzen, um Hilfe bitten, Hilfe anbieten, politisch denken. Auf einmal lag es an mir, zu entscheiden, ob ich Zeit investiere und ziemlich laut meine Stimme erhebe – oder eben nicht.
Mein eigener kleiner Wirkungskreis ist irgendwie auch Komfortzone. Da wirke ich direkt oder vielleicht noch als Vorbild, aber ich dränge niemandem meine Ansichten auf, bin nicht anmaßend und nur manchmal besserwisserisch. Mehr Wirkung entfalten zu wollen hieß eben auch, diese Komfortzone zu verlassen und mit Mut und Einsatz dranzubleiben, Widerspruch auszuhalten und die eigenen Argumente immer weiter zu schärfen. Aber es lohnt sich. Und daher ist das mein Fazit. Ich möchte weiter solidarisch sein, im kleinen Kreis Dinge verbessern und mich auch für Leute einsetzen, die nicht so viele Möglichkeiten haben wie ich selbst. Aber jetzt habe ich einmal gesehen, wie es ist, lauter zu werden und wirklich Einsatz zu zeigen, und ich denke, dass ich das wieder tun würde, wenn die Sache mir wichtig genug ist. Die Frage ist nämlich: Wie sehr stört mich dieser Missstand? Reicht es nur zum Rummeckern? „Da müsste mal jemand…!“? Nein, wenn es wirklich wichtig ist, dann muss man manchmal aktiv werden und Dinge in Bewegung bringen. Es lohnt sich.