Unterrichtsreihe
Die Unterrichtsreihe ¡Vamos al restaurante! bedient laut Lehrplan den Inhalt „Kommunikation in öffentlichen Bereichen“ (LSA, 2016: 11), denn sie bezieht sich auf alltägliche Situationen in Restaurants. Hauptsächlich soll die Kompetenz Sprechen gefördert werden. Da es sich um den Anfangsunterricht der zweiten Fremdsprache, in diesem Fall um das erste Lernjahr Spanisch, handelt stellt die Förderung dieser produktiven Sprachkompetenz eine besondere Herausforderung dar. Die Schüler*innen bewegen sich in den verschiedenen Unterrichtsstunden auf das Lernziel der Reihe zu. In der letzten Einzelstunde (45min) werden Dialoge der Schüler*innen präsentiert, die in der vorangehenden Doppelstunde mit Hilfe verschiedener Materialien und individueller Unterstützung, erarbeitet wurden. Das Sprechen erfolgt hier, aufgrund des niedrigen Sprachniveaus der Schüler*innen, weniger spontan sondern vielmehr vorbereitet. Um alle für die kommunikative Herausforderung notwendigen sprachlichen Mittel, grammatikalischen Strukturen, Strategien sowie die korrekte Aussprache und Intonation zu erlernen werden in den ersten Unterrichtsstunden der Reihe solche Aspekte erarbeitet. Von besonderer Bedeutung ist die Vermittlung folgender Inhalte: Fragen formulieren und beantworten (“einfache […] Fragen in bejahter und verneinter Form” (LSA, 2016: 13)), Wortschatz rund um Thema Essen/Restaurant sowie kulturelles Wissen hinsichtlich typisch spanischer Gerichte. Außerdem sollen, für die Lernaufgabe, essentielle, in früheren Einheiten vermittelte Strukturen wiederholt werden. Hierzu gehören irreguläre Verben, wie z. B. querer, tener, gustar und costar, aber auch die Zahlen.
Diversitätsmerkmal – Autismusspektrumstörung (ASS)
Bei dem Begriff Autismusspektrumstörung (ASS) handelt es sich um tiefgreifende Entwicklungsstörungen. Die ASS ist ein Sammelbegriff für alle Ausprägungen des Autismus, der den frühkindlichen sowie atypischen Autismus, das Asperger- Syndrom und weitere Entwicklungsbesonderheiten umfasst. Auswirkungen sind sowohl im Bereich der Kommunikation als auch der sozialen Interaktion festzustellen. Dabei ist die Grundlage nicht aufhebbar aber die Ausprägung unterschiedlicher Merkmale jedoch beeinflussbar. Demnach handelt es sich um ein breites Erscheinungsbild, welches uns in unterschiedlicher Form und Ausprägung in der Schule begegnen kann und dem im Unterricht unterschiedlich und situationsangepasst begegnet werden muss. Ihre schulischen Kompetenzen entsprechen häufig nicht ihren kognitiven Kompetenzen, denn meistens fällt es ihnen schwer, Vorwissen abzurufen, verbale Informationen im Arbeitsgedächtnis zu verarbeiten und sich mit Lerninhalten auseinanderzusetzen, die nicht ihren eigenen Interessen entsprechen (vgl. Errens: 2017).
Autismus im Unterricht:
Da Kommunikation im Allgemeinen, und besonders das Interpretieren und Verwerten von nonverbaler Kommunikation, autistischen Schüler*innen oft schwer fällt, sollten Lehrpersonen darauf achten gehäufte verbale Instruktion zu vermeiden. Stattdessen bieten sich visuelle Systeme, die auf wiederkehrenden Symbolen für bestimmte Vorgänge und Kompetenzen basieren, an. Häufig haben Menschen mit ASS Probleme mit der Bearbeitung komplexer Aufgaben, hierbei können im Unterricht kleinschrittige Arbeitsanweisungen helfen, welche in Fragebögen bzw. Arbeitsabläufen abgehakt werden können. Außerdem kann es hilfreich sein Bearbeitungszeiten vorzugeben. Um überforderungen Häufungen von Stimuli, auditiv, visuell oder z. B. großen Menschenmengen bzw. engen Räumen entkommen zu können, sollten Schüler*innen Zugang zu einem extra Raum haben. Besonders wichtig ist es im Unterricht sinnhaft zu arbeiten, da Phantasie meist nur auf Feldern der Spezialinteressen vorhanden ist. Es kann zu einem besseren Klassenklima beitragen wenn autistische Schüler*innen die Möglichkeit haben sich unverständliches soziales Verhalten erklären lassen, was wiederum auf Transparenz und Akzeptanz sowie Wohlwollen der Anderen fußt. Ganz Allgemein sollte im Unterricht auf Struktur und Ordnung geachtet werden, da diese Halt geben können und Veränderungen oft zu Irritationen und so auch zu Ängsten und Handlungsblockaden führen können. Erfahrungsgemäß kommen die pädagogischen Konsequenzen, die durch die Arbeit mit Schüler*innen mit ASS entstehen, allen Lerner*innen zu Gute (vgl. Errens: 2017). Abschließend ist noch zu sagen, dass alle genannten Hilfestellungen als Unterstützung des Lernprozesses angesehen werden können. Mit der Zeit sollten sie jedoch abgebaut werden und so zur Lernerautonomie beitragen.
Ausgewählte Stunde der Unterrichtsreihe
Das Hauptlernziel der Stunde ist: Die SuS sind in der Lage einen Dialog, in einem Restaurant oder Café im spanischsprachigen Raum zu erarbeiten, indem einen „plan del día“, d.h. einen Lernweg wählen und die dazugehörigen Hilfsmittel und Hinweise nutzen.
Die Stunde erhält einen Rahmen, bzw. Ordnung und Struktur, die für alle Schüler*innen, aber besonders Schüler*innen mit ASS von Bedeutung sind, durch Rituale zu Beginn und am Ende der Stunde. Die Schüler*innen werden von der Lehrperson immer auf dieselbe Art und Weise begrüßt und in jeder Doppelstunde wird ein Zungenbrecher zur Schulung der Aussprache durchgesprochen, der thematisch in die Reihe passt. Um das Bedürfnis nach Sinnhaftigkeit zu stillen, versuchen wir besonders transparent zu sein und Verorten jede Stunde zu Beginn in der Unterrichtsreihe, erinnern die Schüler*innen an bisher Gelerntes sowie an Aufgaben, die später auf dem heute bearbeiteten aufbauen werden.
Das Herz der Stunde sind die “planes del día”, die je nach medialer Ausstattung einer Schule in Papierform oder online über eine Cloud oder die Schul-Plattform bereitgestellt werden können. Die “planes” stellen den Arbeitsprozess kleinschrittig dar und bieten drei verschiedene Wege zum Lernziel der Stunde bzw. der Einheit. Die Gruppen entscheiden selbst welchen Weg sie gehen wollen, sodass jeder herausgefordert wird, sich jedoch mit der Aufgabe nicht überfordert fühlt. Dafür wurde die Idee des Backward-Chainings angewendet, d. h. plan del día #3 beginnt näher am Lernziel, hier wird ein bereits vorgeschriebener Dialog mitgereicht, der verändert, angepasst und vervollständigt werden soll. Während Schüler*innen, die plan #1 wählen den Prozess des Schreibens des Dialogs von Anfang an bestreiten. Mit dieser Differenzierung versuchen wir der Heterogenität der Klasse gerecht zu werden. Um die Lautstärke zu regulieren, Angaben über Zeit und Sozialform zu geben wird ein classroom manager verwendet. Dieser findet sich unter https://classroomscreen.com/ und kann z. B. mithilfe eines interaktiven Whiteboards genutzt werden. Vor allem die Lautstärkeregulierung soll präventiv dazu führen, dass Schüler*innen mit ASS in einer ruhigen Atmosphäre arbeiten können und so wenig wie möglich Stimuli auf sie eintreffen.
Zur Umsetzung und Präsentation des Dialoges können verschiedene Medien genutzt werden: ein Comic (über https://www-es.pixton.com erstellen), ein Hörspiel (als Audio-Datei), ein kurzer Film oder der Dialog wird klassisch als Szene im Unterricht vorgeführt.
In der Einzelstunde vor der konkret geplanten Doppelstunde werden verschiedene Audios und Videos von Personen in Restaurants und deren Gesprächen analysiert und ein allgemein gültiger Ablauf eines Restaurant- oder Cafébesuches herausgearbeitet. Der Ablauf ist unterteilt in verschiedene Phasen, welche jeweils mit konkreten Themen, Satzanfängen, chunks, Redewendungen sowie typischen Phrasen versehen werden. So entsteht ein großes Schema (siehe Materialsammlung: „Phasen – Ablaufplan eines Restaurantbesuches“), das den Schüler*innen Struktur und Ordnung für die nachfolgende Bearbeitung der Lernaufgabe geben soll.
Nach der konkret geplanten Doppelstunde erfolgt die letzte Stunde der Reihe, in der es um die Präsentation der Produkte gehen soll. Eine große Rolle spielen in dieser Stunde das Feedback durch die Mitschüler*innen und eine wertschätzende Haltung allen Ergebnissen gegenüber.
Materialien
Literatur
Errens, Christoph (2017): Autismusspektrumstörungen (ASS). Auswirkungen auf den modernen Fremdsprachenunterricht, in: Der Fremdsprachliche Unterricht Französisch 146, S. 8-10.
Ministerium für Bildung des Landes Sachsen-Anhalt (2022): Fachlehrplan Gymnasium Spanisch, Magdeburg.
von Fabio Müller & Sophie Pohle