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Was Betreuende erwarten – Interview mit Prof. Dr. Daniel Wefers

Prof. Daniel Wefers (l) im Gespräch mit Dr. Thomas Michael von der InGrA (r) (Foto: P. Reimers/InGrA)

Das folgende Interview wurde mit Prof. Dr. Daniel Wefers (Lebensmittelchemie) im Rahmen des InGrA-Projektes “What supervisors want / Was Betreuende erwarten” in 2023 an der MLU durchgeführt. Informationen zum Projekt und weitere Interviews finden Sie hier.

Was war das letzte tolle Erlebnis, das Sie mit einem Ihrer Promovierenden hatten?

Für mich sind die tollen Erlebnisse eigentlich immer, wenn die monate- bis jahrelange experimentelle Arbeit in einem Paper oder endgültig in der Dissertation endet. Da steht dann jemand, der oder die eine wissenschaftliche Leistung erbracht hat, stolz ist und dann bin ich genauso stolz. Das finde ich immer sehr schöne Momente.

Was bedeutet für Sie Betreuung einer Promotion und wie kann man sich das in groben Zügen bei Ihnen vorstellen? Wie verstehen Sie das Betreuungsverhältnis?

Bei uns ist es so, dass ich das Thema vorgebe, je nach Art der Stelle ist es auch variabel, wie viel Freiheit in diesem Thema herrscht. Aber ich sehe mich da schon als Impulsgeber für die Richtung, in die es gehen soll. Einen gewissen Gestaltungsspielraum sollten die Leute aber immer haben und den bekommen sie auch. Dass ist ein ganz wichtiger Teil der Qualifikation, selbstständig an dem Thema arbeiten, auch mal über den Tellerrand schauen. Ich sehe mich dann in vielen Rollen, etwa als Mentor und Motivator. Es gibt ja auch schwierige Phasen, in denen man die Leute unterstützen und ihnen helfen muss. Beispielsweise wenn bei uns Experimente nicht funktionieren, dass man gemeinsam überlegt, an was könnte das liegen und so zu einer Lösung findet.

Mir ist wichtig, dass die Leute wissen, sie können immer zu mir kommen, sie können mir schreiben oder einfach an die Tür klopfen. Wir haben auch regelmäßige Treffen, alle 3 bis 4 Wochen, wo man sich zusammensetzt und das, was bisher oder in den vergangenen Wochen passiert ist, rekapituliert und überlegt: Wie könnte es weitergehen?

Das ist aber optional, es muss nicht jeder/jede alle 3 bis 4 Wochen aufschlagen und etwas präsentieren. Wenn jemand sagt „okay, ich mache jetzt noch einen Versuch und würde das gerne danach oder zu einem anderen Zeitpunkt besprechen“, dann ist das für mich auch völlig in Ordnung. Es ist keine Pflicht oder Kontrolle, alles vorzulegen, was man gemacht hat, sondern eher ein Angebot.

In unserer Umfrage äußerten Promovierende folgendes: „A supervisor has to meet the students at least every two or three weeks and has to know what the student is doing every time.“ Wie eng sollte Betreuung sein?  Und woran machen Sie fest wie engmaschig Sie jemanden betreuen?

Ich denke, das muss man daran festmachen, was die Leute brauchen. Es ist so, dass manche lieber selbst alles anschauen und vielleicht kurz besprechen und manche wollen das lieber zusammen erörtern und dadurch ein bisschen mehr Sicherheit bekommen.

Ich versuche mich da anzupassen. Wenn man die Leute über die Jahre kennenlernt, weiß man auch, was die Leute brauchen und das versuche ich denen dann zu geben. Ich sehe es aber schon so, dass die Betreuung nicht zu eng sein sollte, weil Promovieren selbstständiges Arbeiten ist, auch selber überlegen und sich selbst verwirklichen können. Und wenn man wirklich bei jeder einzelnen Sache rein guckt, was die Leute machen, dann ist das nicht mehr gegeben, dann sind sie nur noch meine ausführende Hand. Natürlich kann man mal wirklich ins ganz tiefe Detail diskutieren, wenn es Probleme gibt zum Beispiel. Aber das würde ich jetzt nicht als Regel ansehen.

Was zählen Sie zu Ihren Aufgaben als Betreuer und wo ist Ihnen andererseits aber eine selbstständige Herangehensweise Ihrer Promovierenden wichtig? Wo verlaufen da die Grenzen?

Also eine Sache, die bei uns natürlich immer als Erstes kommt, ist die Arbeit im Labor. Und da ist es mir wichtig, dass die Leute das alleine können. Natürlich, die Planung von Experimenten, da kann man Hilfestellungen geben, aber die tatsächliche Ausführung, die müssen die Promovierenden selber können und sind dafür auch bestens qualifiziert. Da verläuft für mich eine Grenze, ich stelle mich nicht mit Leuten ins Labor. Die experimentelle Arbeit ist das, wo ich denke, das müssen die Leute selbstständig können und initiativ was auf die Beine stellen.

Ans Versuchsdesign kann man sich rantasten. Wenn man da am Anfang mehr Hilfe braucht, ist das völlig in Ordnung. Aber zum Ende hin soll es schon so sein, dass man weiß, wie man etwas auf die Beine stellen muss, einen Versuch oder eine Versuchsreihe. Und beim Schreiben ist es letztendlich genauso. Da ist es am Anfang ok, wenn man mehr Hilfestellung braucht. Aber die dritte Publikation sollte zum Beispiel besser von der Hand gehen als die Erste. Es muss immer ein Entwicklungsprozess da sein.

Was gibt es neben der eigentlichen Promotion für Tätigkeiten und Aufgaben am Lehrstuhl, die von den Promovierenden erledigt werden? Mit welchem zeitlichen Umfang sollte dabei gerechnet werden? Hintergrund ist, dass sich in der Umfrage mehrere Promovierende mehr Zeit für ihre originären Promotionsthemen gewünscht haben.

Das kommt ein bisschen auf die Art von Stelle an, die man hat. Haushaltsstellen sind natürlich verbunden mit einem gewissen Lehrdeputat, das erledigt werden muss und das am meisten Zeit braucht. Dabei sind die jeweiligen Promovierenden in der Regel in die Betreuung von Laborpraktika eingebunden. Aber wenn man zum Beispiel Drittmittel hat, dann hat man andere Nebenaufgaben, die dann teilweise auch mit dem Promotionsthema verknüpft sind. Also Berichte verfassen oder Präsentationen vor Projektpartnern halten, Absprachen mit Projektpartnern.

Und was eigentlich auch immer bei allen Promotionen dazugehört ist die Betreuung von Abschlussarbeiten, also von Diplom- und Masterarbeiten. Das wird aber eigentlich auch gerne gemacht, weil es mit der Forschung unmittelbar zusammenhängt. Und klar, dann gibt es immer kleinere Aufgaben, die anfallen, zum Beispiel wenn man sich darum kümmern muss, dass eine Chemikalie bestellt wird. Das kann man nicht komplett abgeben. Und es gibt gewisse Dinge im Labor, die man aus Gründen von Arbeitsschutz und Qualitätsmanagement machen muss. Das sind manchmal nervige Dinge, die man aber machen muss, sonst läuft das Labor nicht.

Was führte nach Ihrer Erfahrung zu den meisten Spannungen bzw. Herausforderungen zwischen Ihnen als Betreuer und den Promovierenden? Und wie können diese Herausforderungen/Spannungen aufgelöst oder vielleicht sogar vermieden werden?

Was während der Promotion zu Herausforderungen führt: Es gibt in jeder Promotion Schwierigkeiten, man stößt auf etwas, was nicht funktioniert und arbeitet Wochen, Monate daran und verzweifelt auch ein bisschen. Was man sich im Vorhinein klar machen muss, ist, dass das eigentlich bei jedem passiert. Dass es einfach die Natur der Sache von experimenteller Forschung ist, dass etwas nicht funktioniert. Da muss man dann irgendwie durch.

Zu Spannungen zwischen Betreuenden und Promovierenden kommt es denke ich meistens, wenn nicht offen kommuniziert wird oder Dinge unausgesprochen bleiben oder Erwartungen beidseitig nicht formuliert werden. Womit man viel beheben kann, ist mit Kommunikation. Ich versuche so gut es geht, alles zu kommunizieren, also auch an alle und ermutige die Leute, dass sie das Gleiche tun. Also, wenn Sie irgendein Problem haben, sollen sie mir das bitte sagen. Ich verstehe das auch so, dass man auf Augenhöhe reden und viele Spannungen verhindern kann, wenn man Dinge offen anspricht.

Ein wichtiger Faktor ist auch, dass die Leute zuverlässig sind, dass man gegenseitig auf Nachrichten antwortet und vereinbarte Termine einhält, also immer beidseitig. Ich versuche das auch zurückzuspiegeln. Es sind immer zwei Seiten und wenn beide Seiten sich dabei Mühe geben, dann wird es, denke ich, auch was.

Welchen Tipp haben bzw. hätten Sie gern selbst zum Anfang Ihrer Promotionszeit bekommen?

Ich habe diesen Tipp bekommen und halte ihn für sehr wichtig. Zumindest bei unserem Fach ist es so, dass man sich nicht zu lange in der Theorie verliert, sondern Dinge ausprobiert, auch experimentell. Denn letztendlich kann man viel lesen. Wenn man es einmal versucht hat zu machen, dann tauchen von ganz alleine die Fragen und die Erkenntnisse auf. Den Tipp hat mir mein Doktorvater gegeben. Und den gebe ich auch immer so weiter, dass man nicht zu lange lesen sollte. Natürlich muss man sich gut vorbereiten, die Theorie muss sitzen, aber man sollte bei manchen Dingen einfach auch mal was experimentell machen und dann ergibt sich Vieles daraus.


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