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24. Dez 2009

Mein Buch des Jahres, Teil I

Verfasst von

whatittakes2Als erstes Buch in der Reihe „Buch des Jahres“ hier unter den Blog-Machern und -Lesern möchte ich ein Buch vorstellen, das zwar nicht in diesem Jahr erschienen ist, das ich aber in diesem Jahr gelesen habe – und zwar bereits zum zweiten Mal.

Außerdem halte ich das Buch nicht nur für das Buch des Jahres, sondern mindestens des Jahrzehnts. Geschrieben vom amerikanischen Journalisten und Pulitzer-Preisträger Richard Ben Cramer und im Jahre 1993 erstmals veröffentlicht, bietet das Buch mit 1024 Seiten nicht nur Lesestoff für die Weihnachtsfeiertage, sondern mindestens für die Weihnachtsferien und evtl. die Semesterferien gleich mit.

Gegenstand des Buches ist die Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten im Jahre 1988. Seit dem Buch „The Making of the President“ von Theodore B. White über die Präsidentschaftswahl 1960 gilt die Beschreibung und Analyse amerikanischer Präsidentschaftswahlen in Buchform als die Champions League der politischen Reportage. Inzwischen gibt es auch die ersten politischen (und politikwissenschaftlichen) Bücher zum Wahlsieg Obamas im Jahre 2008.

Cramer zeichnet den Verlauf der Vorwahlen wie der Wahl 1988 nach. Dabei begleitet er die Protagonisten – George Bush Senior, Bob Dole und andere auf der Seite der Republikaner, Joe Biden, Chris Dodd, Richard Gephardt, Gary Hart, Michael Dukakis und andere auf Seiten der Demokraten – über mehrere Jahre hinweg. So entstehen im Einzelfall komplette politische Biographien, die zum Teil Jahrzehnte zurückreichen. Zugleich entwirft Cramer ein Sittenbild amerikanischer Wahlkämpfe: die Rolle der Medien, das Navigieren hinter den Kulissen, der fast permanente Streit über die richtige Strategie innerhalb der einzelnen Wahlkampagnen, die Interaktion mit dem (potentiellen) Wähler und vieles mehr wird im Buch lebendig und anhand von vielen Beispielen veranschaulicht.

Was das Buch aber auch für einen breiteren Leserkreis interessant macht (nicht jeder potentielle Leser, zumal außerhalb der Vereinigten Staaten, interessiert sich zwangsläufig für all die geschilderten biografischen Details oder die Verzwicktheiten der amerikanischen Geschichte und Innenpolitik), ist der Stil Cramers. Wie er allein in der Eröffnungsszene des Buches auf nahezu dreißig Seiten schildert, was für ein Aufwand es ist, wenn sich der amerikanische Vizepräsident Bush Mitte der achtziger Jahre entscheidet, „spontan“ den ersten Ball bei einem Baseballspiel im texanischen Houston zu werfen (während dieser Schilderung taucht als Randfigur übrigens ein ziemlich frecher junger Mann namens George W. Bush auf…), das ist schon ganz große Klasse. Dabei beweist Cramer ein Auge fürs Detail, für den lebendigen Dialog und schildert zahlreiche äußerst amüsante Begebenheiten. Die Arbeit an diesem Buch muss eine Herkulesarbeit gewesen sein; jederzeit während der über tausend Seiten hat man als Leser den Eindruck, direkt im Geschehen dabei zu sein.

Wer also zum heutigen Heilig Abend nicht ausreichend mit Lesestoff versorgt worden ist, könnte und sollte zu diesem Buch greifen und die nächsten Tage schmökernd vor dem Kamin und/oder auf dem Sofa verbringen. Es gibt deutlich schlechtere Möglichkeiten, durch den Winter zu kommen… Und dank des augenblicklichen Dollarkurses ist das Buch derzeit in Deutschland äußerst günstig zu bekommen.

Richard Ben Cramer:

„What It Takes. The Way to the White House“ (erstmals 1993),

New York: Vintage Books, 1072 Seiten, 22 US-Dollar.

Über Michael Kolkmann

8 Kommentare

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