In einem sehr ausführlichen Artikel, für den er mit mehr als 100 Experten und Beobachtern gesprochen hat, beschrebt der Journalist Ed Yong im September-Heft der Zeitschrift The Atlantic, wie sich die Corona-Pandemie in den Vereinigten Staaten zu der gegenwärtigen Krise entwickeln konnte – in einem Land, das vier Prozent der Weltbevölkerung stellt, aber 25 Prozent der bestätigten COVID19-Fälle zu verzeichnen hat. Yong betont, dass nahezu die gesamte Krise vorhersehbar und abwendbar („predictable and preventable“) war: „A sluggish response by a government denuded of expertise allowed the coronavirus to gain a foothold. Chronic underfunding of public health neutered the nation’s ability to prevent the pathogen’s spread. A bloated, inefficient health-care system left hospitals ill-prepared for the ensuing wave of sickness. Racist policies that have endured since the days of colonization and slavery left Indigenous and Black Americans especially vulnerable to COVID‑19. The decades-long process of shredding the nation’s social safety net forced millions of essential workers in low-paying jobs to risk their life for their livelihood. The same social-media platforms that sowed partisanship and misinformation during the 2014 Ebola outbreak in Africa and the 2016 U.S. election became vectors for conspiracy theories during the 2020 pandemic.“ Der Artikel ist online kostenlos hier abrufbar.
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9. Jul 2020
Tipp: „Working Paper“-Reihe für studentische Arbeiten
Studentische Arbeiten sind wissenschaftliche Arbeiten – unter diesem Motto möchte die Deutsche Nachwuchsgesellschaft für Politik- und Sozialwissenschaft (DNGPS) auf eine studentische Working Paper Reihe aufmerksam machen. Studierende und Promovierende haben nach einem Double-Blind-Peer-Review die Möglichkeit, ihre Forschungsarbeiten im renommierten Barbara-Budrich-Verlag zu veröffentlichen, statt diese allein “für die Schublade” zu schreiben. Das Verfahren bietet so nicht nur eine seriöse Publikation für den Lebenslauf, sondern auch wertvolles Feedback für Nachwuchswissenschaftler*innen. Nähere Informationen finden sich hier.
9. Jul 2020
Neuerscheinung: „Handbuch Demokratie“
Vor wenigen Tagen ist im Wochenschau-Verlag das „Handbuch Demokratie“ erschienen, in dem neben grundsätzlichen Erörterungen (direkte versus repräsentative Demokratie, parlamentarische versus präsidentielle Systeme, etc.) insbesondere das Demokratiemodell der Bundesrepublik Deutschland im Mittelpunkt steht. Seitens des Verlages heißt es: „Das Handbuch bietet eine umfassende politikwissenschaftliche Einordnung des Begriffs ‚Demokratie‘. Die Autor*innen gehen der Frage nach, was die Demokratie als politisches System auszeichnet. Dazu werden theoretische Grundlagen ebenso berücksichtigt wie aktuelle Herausforderungen. Was macht das Demokratiemodell der Bundesrepublik Deutschlands im Vergleich zu anderen Typen moderner Demokratien aus? Wie kann Demokratie aussehen – in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft? Der Band ermöglicht das gezielte und systematische Erschließen einzelner Themenfelder mit Fokus auf zentralen Begriffen und Kernkonzepten.“ Zu den Autoren des Bandes zählen unter anderem Everhard Holtmann, Frank Decker, Andreas Kost, Uwe Jun, Marion Reiser und Wolfgang Merkel. Details zum Buch finden sich hier. Das Werk ist bereits für unsere Fachbereichsbibliothek bestellt.
5. Jul 2020
Neu erschienen: das Themenheft „Deutsche Einheit“ der Zeitschrift „Aus Politik und Zeitgeschichte“
Das morgen neu erscheinende Heft 28-29/2020 der politikwissenschaftlichen Zeitschrift „Aus Politik und Zeitschrift (APuZ)“ versammelt unter der Überschrift „Deutsche Einheit“ gleich mehrere Beiträge rund um den Mauerfall, die Wiedervereinigung sowie den deutsch-deutschen Transformationsprozess. Unter anderem beschäftigt sich Kerstin Brückweh, Privatdozentin an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, mit dem vereinten Deutschland als zeithistorischem Forschungsgegenstand, der Berliner Soziologe Steffen Mau wagt eine Skizze zur ostdeutschen Soziopolitik („Der Osten als Problemzone?“), und der Zeithistoriker Edgar Wolfrum von der Universität Heidelberg erörtert das Ende der „alten“ Bundesrepublik. Neben einigen anderen Beiträgen schließlich stellt Daniel Kubiak vom Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin deutsch-deutsche Identitäten der Nachwendegeneration vor. Das gesamte APuZ-Heft ist hier abrufbar.
3. Jul 2020
Lektüretipp: „Parlamente und Pandemien“ (Tobias Kaiser)
Hat sich die repräsentative Demokratie in der Corona-Krise bewährt? Wie lässt sich die Rolle des Deutschen Bundestages in dieser Herausforderung bewerten? Eine erste Einschätzung liefert Tobias Kaiser, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien (KGParl). In den Blick rückt er dabei u. a. den Umgang von Parlamenten mit Pandemien in den vergangenen 200 Jahren. Nachzulesen ist der Beitrag hier.
3. Jul 2020
Zur EU-Ratspräsidentschaft 2020
Seit dem 1. Juli 2020 hat die Bundesrepublik Deutschland für die nächsten sechs Monate die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union inne. Selten waren die Herausforderungen europäischer Politik vermutlich so groß wie in der derzeitigen Corona-Pandemie, selten waren wohl auch die Erwartungen an die Ratspräsidentschaft so groß wie in der derzeitigen Situation.
Die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) hat aus diesem Grund ein Info Aktuell mit den wichtigsten Informationen zum Thema zusammengestellt. Wichtige Aspekte des Themas werden auch im aktuellen Podcast der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) aus Berlin diskutiert.
29. Jun 2020
Neuerscheinung: „Politische Hochleistungsteams im Deutschen Bundestag“
Die Abgeordnetenbüros im Deutschen Bundestag sind vermutlich die zentrale Schaltstellen des parlamentarischen Betriebes. Dabei lässt sich seit geraumer Zeit eine Beschleunigung politischer Handlungszwänge und des Entscheidungsdrucks beobachten, die auch in Zukunft weiter zunehmen dürfte. Zugleich stellen Abgeordnetenbüros ein mögliches Tätigkeitsfeld für Absolventinnen und Absolventen politikwissenschaftlicher Studiengänge dar. Gleich zwei Gründe also, um sich die Dissertation von Adriana Lettrari näher anzuschauen, die sich genau diesen parlamentarischen Arbeitsbereich im Zuge einer qualitativen empirischen Untersuchung näher angeschaut hat. Nähere Informationen zum Buch gibt es hier. Das Werk ist über unsere Fachbereichsbibliothek im elektronischen Volltext verfügbar.
26. Jun 2020
Zur Rolle der amerikanischen Hauptstadt Washington DC
Die für heute angesetzte Abstimmung des US-Repräsentantenhauses zur Frage, ob die US-amerikanische Bundeshauptstadt Washington DC zum 51. Bundestaat der Vereinigten Staaten erklärt werden soll, zählt sicher nicht zu den drängendsten politischen Themen unserer Zeit, interessant ist sie gleichwohl.
Passend zu dieser Abstimmung findet sich in der aktuellen Ausgabe des Katapult-Magazins ein ausführlicher Artikel über den sonderbaren Status der amerikanischen Hauptstadt, die aktuell etwa 700.000 Einwohner umfasst und mit der Metropolregion (die auch Teile von Maryland bzw. Virginia umfasst) auf ca. 5,6 Millionen Einwohner kommt. Und wie so vieles im politischen System der Vereinigten Staaten hat dieser Status mit deren Gründungsgeschichte zu tun. Die Gründerväter rund um George Washington entschieden sich damals, die Hauptstadt des neuen Landes komplett neu zu erschaffen, nachdem James Madison im Jahre 1788 in den Federalist Papers geschrieben hatte, es gebe „eine unabdingbare Notwendigkeit einer vollständigen Autorität des Regierungssitzes“. Ab dem Jahre 1800 war Washington dann ständige Hauptstadt der USA – ein Bundesdistrikt („District of Columbia“), kein Bundesstaat (und nicht zu verwechseln mit dem Bundestaat Washington an der amerikanischen Pazifikküste). Einen eigenen Bürgermeister dürfen die Einwohner Washingtons seit 1973 wählen, und erst mit der Ratifizierung des 23. Zusatzartikels der amerikanischen Verfassung im Jahre 1961 ist es der Washingtoner Bevölkerung erlaubt, in den Präsidentschaftswahlen Wahlmänner und -frauen zu wählen.
Am Ende wird – aller Voraussicht nach – die oben erwähnte Vorlage H. R. 51 im US-Senat scheitern. Denn wenn man berücksichtigt, dass bei der vergangenen Präsidentschaftswahl die Einwohner Washingtons zu 90 Prozent für die demokratische Kandidatin Hillary Clinton gestimmt haben, ist unter Umständen nachvollziehbar, dass die Republikanische Mehrheit in dieser Parlamentskammer nicht dafür stimmen wird, zwei (weitere) mutmaßlich Demokratische Senatoren oder Senatorinnen zu akzeptieren, gerade in Zeiten knapper Mehrheiten. Aber auch vor gut zweieinhalb Jahrzehnten konnte sich das Vorhaben, aus Washington einen Bundesstaat zu machen, im Kongress nicht wirklich großer Beliebtheit erfreuen. Eine entsprechende Abstimmung im Repräsentantenhaus scheiterte im Jahre 1993 mit 153 zu 277 Stimmen, der Senat selbst hat bislang noch nie über diese Frage abgestimmt.
Weitere Hintergründe zum Thema finden sich hier.
