Seit einem guten Jahrzehnt spielt die „Tea Party“-Bewegung in der US-amerikanischen Demokratie eine zentrale Rolle – sowohl in Wahlen und Wahlkämpfen (und hier insbesondere auf Republikanischer Seite) als auch im Parlament. Die politikwissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiet, insbesondere was deutschsprachige Fachliteratur angeht, ist bislang überschaubar (siehe zum Beispiel hier und hier). Umso erfreulicher, dass der Passauer Politikwissenschaftler Michael Oswald kürzlich eine umfassende Studie zum Thema vorgelegt hat. Alle Details und Informationen zum Buch finden sich hier.
US-Politik
9. Okt 2018
TV-Tipp: „Post von Trump“
Erinnert sich noch jemand an das Unternehmen Cambridge Analytica? Dabei handelt es sich um das Unternehmen, das mit Hilfe von Facebook-Daten versuchte, die amerikanischen Wahlen von 2016 zu beeinflussen. Die Aufdeckungs dieses Skandals zog weite Kreise – am Ende musste sich Facebook-Chef Mark Zuckerberg vor dem US-Kongress rechtfertigen. Der TV-Sender ARTE zeigt heute abend eine Dokumentation zu diesem Thema, eine Rezension des Beitrags ist im Berliner Tagespiegel zu finden.
„Fake America Great Again. Wie Facebook & Co. die Demokratie gefährden“, Dokumentation, Regie: Thomas Huchon, ARTE, 9. Oktober 2018, 20:15 Uhr, 58 Minuten; im Netz auf der Webseite von ARTE bis zum 6. Januar 2019 online zu sehen.
5. Okt 2018
Brett Kavanaugh ante portas
An diesem Wochenende soll im amerikanischen Senat die endgültige Abstimmung über den von US-Präsident Donald Trump nominierten Kandidaten für den Supreme Court, Brett Kavanaugh, stattfinden. Die Nominierung hat sich etwa durch die Aussage von Prof. Christine Blasey Ford über einen sexuellen Übergriff Kavanaughs sowie eine folgende FBI-Untersuchung als langwieriger und komplizierter herausgestellt als ursprünglich vom Weißen Haus geplant (wer den Überblick verloren hat: hier gibt es eine Zusammenfassung der Ereignisse). Der Politanalyst Chris Cillizza beschreibt in einem Artikel auf der Homepage des Fernsehsenders CNN, welche langfristigen Konsequenzen die Bestätigung Kavanaughs für die ideologische Ausrichtung des Supreme Courts bedeuten würde – es wäre eine Berufung auf Lebenszeit. Unterdessen haben sich die beiden führenden Zeitungen der amerikanischen Ostküste, die New York Times und die Washington Post, in Editorials sehr deutlich gegen eine Bestätigung Kavanaughs ausgesprochen (hier und hier), nachdem sich in den letzten Tagen bereits mehr als 2400 Jura-Professoren ebenso wie der frühere Richter am Supreme Court, John Paul Stevens, gegen die Kandidatur Kavanaughs ausgesprochen hatten. Brett Kavanaugh selbst hat sich gestern in einem Meinungsbeitrag für das Wall Street Journal gegen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe gewehrt (hier). Am Ende könnte Kavanaugh ganz knapp bestätigt werden, da mehrere moderate Republikaner, auf deren Stimmen es am Ende ankommen dürfte, bereits angedeutet haben, mit „Ja“ stimmen zu wollen. Hier steht schließlich, welche Konsequenzen die Auseinandersetzung für die elektorale Dynamik der anstehenden Zwischenwahlen Anfang November 2018 haben könnten.
Update, 8. Oktober 2018: inzwischen ist Brett Kavanaugh mit 50 zu 48 Stimmen im Senat bestätigt worden. Noch am Wochenende wurde er vom Chief Justice des Supreme Courts, John Roberts, in seinem neuen Amt vereidigt, so dass er in dieser Woche seine Tätigkeit am Höchsten Gericht der Vereinigten Staaten aufnehmen kann. Die New York Times lässt die entscheidenden Stunden und Tage vor der Abstimmung noch einmal ausführlich Revue passieren, und zwar hier. Und ein Artikel auf CNN.com beleuchtet die Überlegungen der vier am Ende entscheidenden Senatoren in Bezug auf ihr Votum.
18. Sep 2018
Vor den Midterms in Washington: die „unkalkulierbare Wahl“
Am 6. November 2018 stehen im amerikanischen Kongress alle 435 Abgeordneten des Repräsentantenhauses sowie ein Drittel der 100 Senatoren zur Wiederwahl an. Zwar handelt es sich explizit um eine Parlamentswahl, aber traditionell sind solche „midterm elections“ stets auch eine Abrechnung mit dem amtierenden Präsidenten. Momentan kann sich Donald Trump im Rahmen eines „unified governments“ (Kongresskammern und Weißes Haus werden von der gleichen Partei kontrolliert) der Unterstützung der Republikaner auf Capitol Hill gewiss sein (auch wenn es in präsidentiellen Systemen keine Fraktionsdisziplin gibt, wie wir sie aus parlamentarischen Systemen kennen). Sollte es den Demokraten gelingen, zumindest in einer der beiden Kammern die Mehrheit zu übernehmen, so dürfte sich die Trump-Administration auf unruhige Zeiten gefasst machen, stehen den Abgeordneten doch vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung, die Politik der Administration zu kontrollieren, etwa durch Ausschuss-Anhörungen und eigene Ermittlungen. Überlagert wird der Wahlkampf derzeit von der Diskussion rund um Brett Kavanaugh, den Trump für den Supreme Court nominiert hat und der das Gericht auf viele, viele Jahre (stark konservativ) prägen dürfte. Vor einigen Tagen wurden Vorwürfe der versuchten Vergewaltigung gegen ihn laut (mehr hier und hier); was diese Vorwürfe für den Fortgang des Berufungsverfahrens bedeutet, ist derzeit offen. Die für Donnerstag geplante Abstimmung im Rechtsausschuss ist vorerst verschoben worden. SPIEGEL Online hat interessante Hintergründe rund um die Zwischenwahl (hier). Weiterführende Informationen gibt es auch hier, hier und hier. CNN beleuchtet drei mögliche Szenarien für die Demokratische Partei im Kongress nach der Wahl (hier), Politico skizziert den voraussichtlichen „power struggle“ auf Republikanischer Seite (hier). Laut der Webseite FiveThirtyEight (Stand: gestern) haben die Demokraten eine 82,3-prozentige Chance, das Repräsentenhaus zu übernehmen, während der Gewinn einer Mehrheit im Senat mit 17,7 Prozent eher unwahrscheinlich ist (Details hier).
Update zur Cause Kavanaugh (20. September 2018): SPIEGEL Online hat mehr.
14. Sep 2018
Neuerscheinung: „Fear“ von Bob Woodward
Zusammen mit seinem Kollegen Carl Bernstein war Bob Woodward in den frühen siebziger Jahren ein junger Reporter bei der Washington Post – und wurde mit den Enthüllungen rund um den Watergate-Skandal zur journalistischen Legende. Über diesen Skandal hat er mehrere Bücher geschrieben, sein wichtigstes („All the President’s Men“) ist später mit Robert Redford und Dustin Hoffmann in den Hauptrollen verfilmt worden (auf deutsch: „Die Unbestechlichen“). Anschließend gab es kaum einen Präsidenten, über den Woodward kein Buch geschrieben hätte (Bernstein dagegen hat sich zum Beispiel publizistisch mit Hillary Clinton befasst). Anfang dieser Woche ist nun das mit „Fear“ betitelte neue Buch von Woodward erschienen, und im Mittelpunkt dieses Buches steht der aktuelle US-Präsident Donald Trump. In den letzten Tagen ist sowohl in amerikanischen als auch in deutschen Medien breit über das Buch berichtet worden, eine ausführliche Zusammenfassung findet sich auf den Seiten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (und zwar hier).
4. Sep 2018
Mr Kavanaugh goes to Washington
Wenn am heutigen Dienstag im amerikanischen Senat die Anhörung des von US-Präsident Donald Trump für den Supreme Court nominierten Richters Brett Kavanaugh beginnt, erwartet Washington das Spektakel des Jahres. Warum das so ist, was in der viertägigen Anhörung zu erwarten sein dürfte und warum der Supreme Court immer stärker als politisches Werkzeug fungiert – darüber schreibt Marc Pitzke auf Spiegel Online (mehr zur Anhörung hier).
3. Sep 2018
Rudy Giuliani: Abstieg eines (früheren) Helden
Seit vielen Jahren ist der New Yorker für seine langen, detaillierten politischen wie gesellschaftlichen Porträts bekannt. In der aktuellen Ausgabe widmet sich Jeffrey Toobin dem Politiker und Anwalt Rudy Giuliani, der zu den schillerndsten Akteuren der politischen Szene in Washington zählt. Während der Terroranschläge vom 11. September 2001 fungierte er als Bürgermeister von New York City und wurde durch seine beherzte Reaktion zum Helden („America’s Mayor“). Kurz zuvor, im Jahre 2000, hatte er sich bereits für den Senatssitz des Bundesstaates New York in Washington beworben (Gegenkandidatin: eine gewisse Hillary Clinton), bevor er wenige Monate vor der Wahl aufgrund einer Erkrankung sowie Enthüllungen über sein Privatleben von der Kandidatur zurücktrat. Im Jahre 2008 kandidierte er für die Republikanische Partei für das Amt des Präsidentschaftskandidaten, nur um nach wenigen Vorwahlen erkennen zu müssen, dass er keine Chance auf eine Nominierung haben würde. Stattdessen unterstützte er im weiteren Verlauf des Wahlkampfes seinen früheren Konkurrenten John McCain. Danach verschwand Giuliani in der (politischen) Versenkung. Im Januar 2017 schließlich machte ihn US-Präsident Donald Trump zu seinem Cyber-Sicherheitsberater, und seit einigen Monaten arbeitet Giuliani nun als oberster Anwalt für Trump und legt dabei nach Meinung vieler Beobachter ein eher erratisches Verhalten an den Tag: sei es, dass er im Live-Fernsehen behauptet, dass „die Wahrheit nicht die Wahrheit“ sei; sei es, dass er den Äußerungen und Positionen des Präsidenten und seiner übrigen Berater direkt und öffentlich widerspricht, etwa in Bezug auf die Russland-Ermittlungen des früheren FBI-Chefs Robert Mueller. Der sehr ausführliche, aber unbedingt lesenswerte Artikel von Toobin ist hier zu finden. In ein ähnliches Horn stieß übrigens vor einigen Tagen die WELT („Der überschätzte Held“), und zwar hier (leider nicht frei online).
26. Aug 2018
US-Senator John McCain gestorben
Im Alter von 81 Jahren ist in der vergangenen Nacht John McCain gestorben. Dreißig Jahre vertrat er seinen Heimatstaat Arizona im US-Senat in Washington, sowohl 2000 als auch 2008 kandidierte er als Präsidentschaftskandidat – beim ersten Versuch scheiterte er in den Vorwahlen am späteren Präsidenten George W. Bush, beim zweiten Versuch als Republikanischer Kandidat am Demokraten Barack Obama. Zuvor war er bereits Mitglied im US-Repräsentantenhaus gewesen. Bekannt wurde er, als er als Jagdbomberpilot im Vietnamkrieg abgeschossen wurde und in Nordvietnam in Gefangenschaft geriet, in der er über mehr als fünf Jahre hinweg physisch wie psychisch malträtiert wurde – unter den Folgen litt McCain sein Leben lang. Mehrfach wurde ihm (als Sohn eines Navy-Admirals) die Freilassung angeboten, er selbst lehnte dies stets mit dem Hinweis ab, dass er erst gehen würde, wenn alle Kameraden ebenfalls freigelassen würden. McCain war das, was man im Englischen einen „Maverick“ nennt: ein Einzelgänger, ein Außenseiter, der auch über Parteigrenzen hinweg für etwas kämpfte, von dem er überzeugt war. Damit geriet er zwangsläufig in Gegensatz zum aktuellen Präsidenten Donald Trump. Bereits im letzten Jahr hatte McCain darauf gedrungen, dass Trump bei seiner Beerdigung nicht sprechen solle. Stattdessen werden es die Präsidenten George W. Bush und Barack Obama sein, die zu diesem Anlass sprechen werden. Einer, der McCain vermutlich am besten kennt, ist sein langjähriger Mitarbeiter, Pressesprecher und engster Berater Mark Salter, dessen Rückblick auf seine Zeit mit McCain hier zu finden ist. Ausführliche Nachrufe finden sich zudem in der Washington Post und in der New York Times. Wie es mit dem Senatssitz von McCain weitergehen könnte, steht hier.
22. Aug 2018
Nach Cohen und Manafort: alle Augen auf Capitol Hill
Seit gestern bekannt wurde, dass sich der frühere Anwalt Donald Trumps, Michael Cohen, des Verstoßes gegen Wahlkampffinanzierungsgesetze bezichtigt hat und Paul Manafort, 2016 für fünf Monate der Wahlkampfchef Trumps, in acht von 18 Punkten von einer Jury aufgrund von finanziellen Verfehlungen für schuldig gesprochen wurde, überschlagen sich die Meldungen zur Zukunft Donald Trumps im Weißen Haus (für Details siehe SPIEGEL Online, die Süddeutsche Zeitung, die Frankfurter Allgemeine, die Washington Post oder die New York Times). Hier sei nur auf einen Aspekt hingewiesen: dass über das Schicksal der Trump-Präsidentschaft womöglich auf Capitol Hill entschieden werden wird. Die New York Times hat die Details, und zwar hier. Die sechs wichtigsten Fragen zum Thema beantwortet die Washington Post (hier).
14. Aug 2018
Vermont: Kinder an die Macht
Immer wieder wird die Forderung erhoben, jüngere Menschen in die politische Verantwortung zu holen. Im US-Bundesstaat Vermont scheint man es dabei aber zu übertreiben: hier tritt bei der nächsten Gouverneurswahl der 14(!)-jährige Ethan Sonneborn an. SPIEGEL Online hat die Details.