Nicht viele haben diese Dynamik erwartet: nach dem deutlichen Sieg in South Carolina hat Joe Biden, der in Iowa und New Hampshire deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben war, auch am Super Tuesday die Vorwahlen in zehn der vierzehn Bundesstaaten gewonnen, befördert durch die Rückzüge der Konkurrenten Pete Buttigieg und Amy Klobuchar (inzwischen haben auch Elizabeth Warren und Michael Bloomberg ihre Kampagnen beendet). Zwar konnte Bernie Sanders mit Kalifornien den Staat gewinnen, der die meisten Delegierten für den Nominierungsparteitag im Sommer entsendet, aufgrund des „perfekten Sturms“ (Politico.com) liegt Biden („Comeback Joe“) bei den Delegiertenzahlen derzeit deutlich vorn – und die nächsten Vorwahlen lassen nicht erwarten, dass sich diese Situation so bald ändert. Was den Erfolg Bidens unterstreicht, ist die Tatsache, dass er in Staaten gewonnen hat, in denen er überhaupt keine Wahlkampfaktivitäten unternommen hat und in denen er mit keinerlei Wahlkampforganisation vertreten war. Bidens Triumph wäre vermutlich noch deutlicher ausgefallen, wenn nicht schon viele Wähler im Rahmen des „early voting“ ihre Stimme vorzeitig abgegeben hätten und von der Dynamik der letzten Tage nicht mehr beeinflusst werden konnten. Die Demokraten haben damit eine klare Alternative: Biden und Sanders stehen für eine durchaus unterschiedliche Politik. Interessant wird schließlich zu sehen sein, ob und wen Elizabeth Warren im weiteren Wahlkampf unterstützen wird. Politisch steht sie eher Bernie Sanders nahe, eine Unterstützung Bidens würde diesem vermutlich die Nominierung sichern und ihr selbst womöglich die Kandidatur als Vizepräsidentin einbringen. Eine Einschätzung der Lage nach dem Super Tuesday findet sich hier. Politico erklärt hier, was dessen Ergebnisse so besonders macht. Die fünf wichtigsten Erkenntnisse des Super Tuesday hat die New York Times hier zusammengestellt. Eine ausführliche Darstellung der Ereignisse des Super Tuesday schließlich ist bei der Washington Post hier nachzulesen.
5. März 2020
„Das gehetzte Parlament“: Parlamentskultur im Wandel
Dass sich die Debatten- und Parlamentskultur im Deutschen Bundestag mit dem Einzug der AfD im Jahre 2017 merklich verändert hat, ist in Publizisik und Politikwissenschaft schon oft thematisiert worden. Wie stark sich aber der Diskurs rund um das Flüchtlingsthema nach rechts verschoben hat, ist das Resultat einer umfangreichen Recherche der Süddeutschen Zeitung (SZ). Die SZ hat alle Parlamentsprotokolle der Bonner Republik und des wiedervereinigten Deutschlands seit 1949 mit neuartigen computerlinguistischen Methoden ausgewertet, um herauszufinden, wie sich die Sprache und der politische Diskurs verändert haben. Das Fazit der Recherche ist eindeutig: „Debatten über Ausländer, Einwanderer, Flüchtlinge – das gab es in Deutschland immer wieder. Aber noch nie mit dieser Intensität.“ Das interaktive Feature ist hier abrufbar.
5. März 2020
Deskriptive Repräsentation revisited: zum Frauenanteil in den Landtagen
In einer umfangreichen Datenanalyse haben Sebastian Bukow und Maximilian Orth in einer Studie für die Heinrich-Böll-Stiftung zahlreiche empirische Befunde zum (zu geringen) Frauenanteil in den deutschen Landesparlamenten zusammengetragen. Zugleich versuchen sie sich an einer Erklärung dieser Unterrepräsentation und thematisieren einschlägige Reformvorschläge. Der Bericht ist hier abrufbar.
3. März 2020
Ausgezeichnete Doku: „Die Unerhörten“
Soeben wird bekannt, dass die RBB-Dokumentation „Die Unerhörten“ von Jean Boué mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet worden ist. In dieser Doku begleitet der Dokumentarfilmer im Herbst 2019 den Kampf um das Direktmandat für den Potsdamer Landtag im Brandenburger Wahlkreis 1, der Westprignitz. Im Mittelpunkt stehen dabei die fünf Direktkandidaten der verschiedenen Parteien sowie die Themen und Probleme der dortigen Landbevölkerung. Online abrufbar ist die Dokumentation hier.
3. März 2020
Vor dem Super-Tuesday in den USA
Am heutigen Dienstag findet in den Vereinigten Staaten im Rahmen des US-Prösidentschaftswahlkampfes der „Super Tuesday“ statt. In insgesamt 14 Bundesstaaten werden mehr als 1300 Delegiertenstimmen für den Nominierungspartei im Sommer vergeben, darunter sind so wichtige Staaten wie Texas und Kalifornien. Allein in letzterem Bundesstaat werden mehr Delegiertenstimmen vergeben als in den bisherigen vier Vorwahlen zusammen. Zuletzt hat das Rennen der Demokraten mit dem Rückzug von Amy Klobuchar und Pete Buttigieg an Dynamik gewonnen, beide haben inzwischen ebenso wie der frühere Präsidentschaftskandidat Beto O’Rourke angekündigt, fortan den früheren Vizepräsidenten Joe Biden unterstützen zu wollen. Ob das ausreichen wird, um Bernie Sanders zu stoppen, scheint derzeit fraglich zu sein, da dieser in einigen zentralen Staaten (bislang) deutlich führt und insgesamt mehr finanzielle und personelle Ressourcen einsetzen kann als Biden. Christoph von Marschall vom Berliner Tagesspiegel kommentiert diese „Operation Bernie verhindern“ hier. Was ist vom „Super Tuesday“ zu erwarten? Wer wird wo punkten können? Und ist die Nominierung bei den Demokraten nach dem „Super Tuesday“ entschieden? Hier findet sich ein lesenswerter Blogbeitrag zum aktuellen Stad des Wahlkampfes, alles Wichtige rund um den „Super Tuesday“ gibt es zudem hier. Christian Lammert von der FU Berlin schließlich ordnet den Vorwahlkampf in längerfristige Trends der amerikanischen Demokratie ein (hier).
3. März 2020
TV-Tipp: „Die Treuhand – ein deutsches Drama“
Mit der im Frühjahr 1990 gegründeten Treuhandanstalt ist eine Organisation entstanden, die bis heute zu den diskussionswürdigsten Aspekten des deutsch-deutschen Einigungsprozesses zählt. Aufgabe dieser Organisation war es, die volkseigenen Betriebe der DDR zu privatisieren und/oder zu verkaufen – ursprünglich insgesamt 8500 Gesellschaften mit etwa vier Millionen Beschäftigten in rund 45.000 Betriebsstätten. Die ARD hat gestern abend eine Dokumentation über die Treuhand gezeigt, die hier nachgeschaut werden kann. Dabei wird eine Bilanz der Arbeit der Treuhand gezogen und untersucht, was an der oftmals geäußerten Kritik an deren Arbeit wirklich dran ist.
Wer am Thema Treuhand dranbleiben möchte, kann zu diesem Buch greifen. Hier findet sich ein aktuelles Interview mit dem Treuhand-Forscher Marcus Böick. Im Sommersemester wird das Seminar „Systemtransformation“ im Aufbaumodul Systemanalyse und Vergleichende Politikwissenschaft im 30. Jahr nach Mauerfall und Wiedervereinigung im Übrigen einen Schwerpunkt zum Transformationsprozess in der DDR bzw. in den neuen Bundesländern umfassen.
2. März 2020
„Grundgesetz – das Magazin“ zu verschenken
Vor einiger Zeit wurde auf diesen Seiten auf das damals neu erschienene Magazin rund um das Grundgesetz (GG) hingewiesen. Nun hat sich der Herausgeber entschieden, aus aktuellem Anlass 5000 GG-Magazine für Schulen zu spenden. Eine einfache Mail mit Infos (Schule, Stadt, AnsprechpartnerIn) genügt. Am 10. März 2020 entscheidet das Los, welche 20 Schulen je 250 GG erhalten. Die Kontaktdaten gibt es auf diesem Account.
2. März 2020
Jobangebote der BpB in Berlin
Die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) hat für ihren Berliner Standort zwei Stellen für Referentinnen / Referenten (w/m/d) im Fachbereich „Politische Bildung im ländlichen Raum“/Regiestelle des Bundesprogramms „Zusammenhalt durch Teilhabe/ZdT“ (FBG) ausgeschrieben. Bewerbungsschluss ist der 17. März 2020, die Details der Ausschreibung finden sich hier.
1. März 2020
Kanzlerdemokratie: der schwierige Abschied von der Macht
Kein Kanzler der Bundesrepublik Deutschland ist bislang freiwillig und in souveräner Manier aus dem Amt geschieden. Und so sehr sich die politikwissenschaftliche Forschung damit beschäftigt, wie Kanzler ins Amt kommen und was sie dort unternehmen – so überraschend gering ist der Forschungsstand in Bezug auf die Frage, wie Macht erodiert und anhand welcher Anzeichen man einen Machtverlust identifizieren kann (siehe zum Beispiel hier). Der Berliner Tagesspiegel beleuchtet heute auf zwei Seiten diesen Machtverlust in der Kanzlerdemokratie und exemplifiziert dies anhand der bisherigen Amtsinhaber. Nachzulesen ist der lesenswerte Artikel hier.

1. März 2020
Blick nach Sachsen: OB-Wahl in Leipzig
In der Messemetropole Leipzig findet heute die zweite Runde für die Wahl des neuen Oberbürgermeisters statt. Oberbürgermeister wird, wer dabei die meisten gültigen Stimmen auf sich vereinen kann. Amtsinhaber Burkhard Jung (SPD) muss sich dabei gegen seinen Herausforderer Sebastian Gemkow (CDU), derzeit sächsischer Wissenschaftsminister, behaupten. In jüngsten Umfragen lagen beide Kandidaten nahezu Kopf an Kopf. Das Kandidierendenfeld komplettiert Ute Elisabeth Gabelmann von der Piratenpartei, die (vermutlich) keine Siegeschanchen haben wird. Alle anderen Kandidaten aus dem ersten Wahlgang haben ihre Kandidatur zurückgezogen (in Leipzig handelt es sich um einen zweiten Wahlgang, keine Stichwahl, von daher hätten alle Kandidierenden aus dem ersten Wahlgang erneut antreten können). Da eine Reihe von Studierenden bei uns am Institut für Politikwissenschaft der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) in Leipzig wohnt (oder von dort stammt), und einige Studierende sich aktiv in die jeweiligen Wahlkampagnen eingebracht haben, wird das heutige Ergebnis sicherlich mit Spannung erwartet – nicht zuletzt, da die Stadt Leipzig („Hypezig“) zuletzt in Medien wie der New York Times oder der TAZ als „cool kid town“ oder das „neue Berlin“ betitel wurde. Der Berliner Tagesspiegel fasst einige Szenen aus dem Wahlkampf in einer ausführlichen Reportage hier zusammen. Ergebnisse gibt es dann heute abend hier (und natürlich in den sozialen Medien).
Update, 2. März 2020: Burkhard Jung hat sich knapp gegen Sebastian Gemkow durchsetzen können, wie hier nachzulesen ist.
