In gleich mehreren Lehrveranstaltungen dieses Semesters sprechen wir über die jüngste Systemtransformation in Deutschland, über das Ende der DDR in den Jahren 1989 und 1990 und die darauffolgenden Entwicklungen, insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern. Gestern hat die Regierungskommission „30 Jahre Einheit“ ihren Abschlussbericht vorgelegt. Darin finden sich eine ganze Reihe von Zahlen, Daten und Fakten zum aktuellen Stand des Transformationsprozesses sowie einige konkrete Vorschläge, etwa für die Errichtung eines „Zukunftszentrums für europäische Transformation und Deutsche Einheit“ oder die Ausrufung des 9. Novembers zum neuen Nationalen Gedenktag. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie finden sich hier (auf dieser Seite ist der Bericht auch im Volltext abrufbar). Medienberichte finden sich hier, hier und hier. Und hier findet sich ein Gespräch mit dem Transformationsforscher Raj Kollmorgen, der in der erwähnten Kommission mitgearbeitet hat.
8. Dez 2020
Neuerscheinung zu Untersuchungsausschüssen
Sie gelten wahlweise als das „schärfste Schwert der Opposition“ oder als „bloße Show“: Untersuchungsausschüsse in Landesparlamenten sowie im Deutschen Bundestag. Eine neue Publikation von Benedict Ugarte Chacón, Michael Förster und Thorsten Grünberg (Hrsg.) fokussiert sich dabei auf Fallbeispiele auf der Berliner Landesebene, zu finden sind etwa Fallstudien zu den Untersuchungsausschüssen zum neuen Großflughafen BER (der gleich zweimal vertreten ist), zum Fall Anis Amri, zur Deutschen Staatsoper, zur Pleite der Bankgesellschaft oder zum Besuch des persischen Scheichs in Berlin (in den 1960er Jahren). Ergänzt wird das Werk duch eine ausführliche und problemorientierte Einführung in den Utersuchungsgegenstand sowie durch mehrere Gespräche mit Ausschussmitgliedern bzw. Ausschussreferenten. Das Buch steht ab sofort bei uns in der Fachbereichsbibliothek zur Ausleihe bereit. Details zum Band gibt es hier.
Benedict Ugarte Chacón/Michael Förster/Thorsten Grünberg (Hrsg.): Untersuchungsausschüsse: Das schärfste Holzschwert des Parlamentarismus? Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2020, 367 Seiten, 55,00 Euro.
6. Dez 2020
Lektüretipp: „Versprich es mir“ von Joe Biden
Rechtzeitig zur Wahl von Joe Biden zum 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten hat der C. H. Beck-Verlag mit „Versprich es mir. Über Hoffnung am Rande des Abgrunds“ ein Buch Bidens herausgebracht, das im englischsprachigen Original („Promise me, Dad“) bereits im Jahre 2017 erschienen ist. Darin berichtet er über wichtige politische Stationen seines Lebens und lässt sein Wirken als Vizepräsident von Barack Obama (2009-2017) Revue passieren. Zugleich berichtet Biden aber auch aus seinem privaten Leben: so hat er kurz nach seiner Wahl zum US-Senator im Jahre 1972 durch einen Autounfall Frau und Tochter verloren. Und im Jahre 2015 starb sein Sohn Beau – selbst auf dem Weg, politische Karriere zu machen – an einer Tumorerkrankung. Offen und mitfühlsam beschreibt Biden, wie er mit diesen Schicksalsschlägen umgegangen ist. Zugleich skizziert er viele seiner politischen Positionen, die den Leser oder die Leserin erahnen lassen, wie Biden als Präsident agieren wird. Insgesamt eine kurzweilige, aufschlussreiche und bewegende Lektüre. Details (sowie eine Leseprobe) zum Buch gibt es hier.

26. Nov 2020
Lektüretipp: „Krisen der Demokratie“ von Adam Przeworski
Seit vielen Jahren zählen Diagnosen von Krisen der Demokratie zur Standardlektüre der Politikwissenschaft, erinnert sei nur an die Werke von Wolfgang Merkel („Demokratie und Krise“), Colin Crouch („Postdemokratie“) oder des Rechtswissenschaftlers Alexander Thiele („Verlustdemokratie“). Nun ist im Suhrkamp-Verlag ein neues Werk zum Themenkomplex erschienen, nämlich des Politikwissenschaftlers Adam Przeworski (New York University). Unter dem Titel „Krisen der Demokratie“ widmet er sich historischen Beispielen ebenso wie aktuellen Herausforderungen. Details zum Buch sowie eine Leseprobe sind hier abzurufen. Eine Rezension des Werkes fand sich kürzlich in der Süddeutschen Zeitung (online hier).

23. Nov 2020
Vorlesungsreihe an der MLU: „30 Jahre Wiedervereinigung“
Was ist aus den Plänen, Utopien und Hoffnungen der DDR-Bürger*innen nach 30 Jahren Wiedervereinigung geworden? Damit befasst sich eine digitale Vorlesungsreihe der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), die heute um 18 Uhr mit dem Thema „Strukturwandel in Ostdeutschland“ startet. Aufgrund der Corona-Pandemie finden alle Vorträge in einem Online-Format statt. Nähere Informationen zum inhaltlichen Programm der Vorlesungsreihe sowie zu den technischen Teilnahmevoraussetzungen finden sich hier.
22. Nov 2020
Freedom House: Folgen der Corona-Krise für die Demokratie
Proteste gegen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind in vielen Ländern Teil des Alltags geworden. Wo sie stattfinden können und wo die Parlamente die rechtlichen Grundlagen für diesen Kampf der Exekutive gegen die Pandemie schaffen, funktionieren Demokratien augenscheinlich auch unter den neuen Bedingungen. Dass Demokratien mit der Pandemie aber Schaden erleiden und dass diese bestehende autoritäre Tendenzen verschärft, zeigt ein jüngst erschienener Sonderbericht der amerikanischen Denkfabrik Freedom House mit dem Titel „Democracy under Lockdown“. Das Freedom House ist eine 1941 gegründete Nichtregierungsorganisation in Washington. Sie verfolgt das Ziel, liberale Demokratien zu fördern. Zwischen März und September 2020 befragten ihre MItarbeiterinnen und Mitarbeiter 398 Experten aus 105 Ländern.
Demnach haben sich in 80 der untersuchten 192 Länder seit dem Beginn der Pandemie die Bedingungen für die Demokratie und die Menschenrechte verschlechtert. Das äußere sich im Missbrauch von exekutiver Macht, in der Schwächung von Institutionen, dem Aushöhlen der für ein funktionierendes Gesundheitssystem unerlässlichen Rechenschaftspflicht und der Verfolgung von Kritikern. Keine nennenswerten Veränderungen stellt der Bericht in 111 Ländern fest. Nur in Malawi habe die Pandemie die Demokratie gestärkt.
16. Nov 2020
Der Bundestag diversifiziert sich
Schon bisher war der aktuelle 19. Deutsche Bundestag der pluralste seit langem: versteht man die Unionsfraktion als zwei Parteien, so waren bislang sieben Parteien im Parlament vertreten – nach gerade einmal vier Parteien im vorhergehenden Bundestag. Heute wurde bekannt, dass der frühere SPD-Abgeordnete Marco Bülow, der im Jahre 2018 aus Partei und Fraktion ausgetreten war, der Spaß-Partei Die PARTEI des früheren Titanic-Chefredakteurs Martin Sonneborn beigetreten ist. Diese verfügt damit über ihren ersten Abgeordneten im Hohen Hause. Parallel wurde bekannt, dass mit Mario Mieruch und Uwe Kamann zwei frühere AfD-Abgeordnete der Partei der Liberal-Konservativen Reformer beigetreten sind, die im Jahre 2015 vom früheren AfD-Gründer Bernd Lucke gegründet worden war. Diese Diversifizierung des Parlaments dürfte aber nur von kurzer Dauer sein. Die Erfahrung zeigt, dass fraktionslose Abgeordnete – oder solche von Splitterparteien – in der Regel keine Chance auf eine erfolgreiche Rückkehr in das Parlament haben. Details finden sich hier und hier.