3. Nov 2009
Der Weg nach Lissabon ist frei
Das tschechische Verfassungsgericht hat heute das O.K. für den Lissabonner Vertrag gegeben. Damit steht einer Reform der Europäischen Union nichts mehr im Weg – auch der tschechische Staatspräsident Klaus hat den Vertrag noch am gleichen Tag unterschrieben. Zum 1. des Folgemonats kann der Vertrag, der die EU demokratischer, transparenter und effizienter machen soll, in Kraft treten.
Auf ihrem Gipfel Mitte November 2009 können die Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedsstaaten der EU dann einen Präsidenten der EU küren. Es wird voraussichtlich ein amtierender oder ehemaliger Regierungschef eines der Mitgliedsstaaten sein. Und er (oder sie) wird konservativ sein, denn die Konservativen (und Christdemokraten) stellen derzeit die Mehrzahl der Regierungschefs innerhalb der EU.
Die Bundeszentrale für politische Bildung bietet auf ihren Internetseiten einen Überblick über die detaillierten Inhalte des Vertrages und dessen Konsequenzen. Näheres gibt es hier:
http://www.bpb.de/themen/XVC2NM,0,0,Der_Lissabonner_Vertrag_auf_einen_Blick.html
Mir fehlt hier und auch auf der Homepage der BPB das kritische hinterfragen dieses „Reformvertrages“, der erhebliche Schnittmengen mit der gescheiterten EU-Verfassung aufweist. Ein kleiner Katalog der zumindest mal diskutablen Passagen dieses Vertrages:
– Vorrang des EU-Rechts vor dem der Mitgliedsstaaten (17. Erklärung zum Vorrang http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2008:115:0335:0359:DE:PDF )
– Solidaritätsklausel, die im Falle von Terroranschlägen (die nicht näher definiert sind) den Mitgliedsstaaten der EU die Solidarität der anderen Mitgliedsstaaten zusichert, was Militär-Aktionen inkludiert. Nun ist der Begriff Terroranschlag weitaus dehnbarer als beispielsweise der Artikel 87a GG, der dem Einsatz des Militärs innerhalb Deutschlands sehr sehr enge Grenzen setzt, anders als diese Klausel. ( Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Fünfter Teil
TITEL VII SOLIDARITÄTSKLAUSEL
Artikel 222 )
– Bekenntnis zur neoliberalen Wirtschaftsordnung: Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich grundsätzlich zu „einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“. (Titel VIII Die Wirtschafts- und Währungspolitik Art. 119 (1)) Dieser Punkt mit dem o.g. „EU-Recht bricht Mitgliedsstaaten-Recht“ wirft die Frage auf, wie Deutschland auch zukünftig sein Staatsstrukturprinzip, ein „sozialer Bundesstaat“ zu sein, durchzusetzen vermag. (vgl. Art. 20 GG)
– Ernennung der Richter am EU-Gerichtshof durch Regierungen: Anders als in Deutschland werden die Richter nicht durch die Kammern gewählt, sondern durch die Regierungen. Hinzu kommt die temporal betrachtet kürzere Ernennung der Richter, da diese auf EU-Ebene lediglich für 6 Jahre ernannt werden und eine Wiederwahl möglich ist. Zusammengenommen ist dies für mich ein Rückschritt in Sachen Gewaltenteilung. Jemand, der um seine Wiederwahl bangen muss und gleichzeitig von der Instanz ernannt wird, dessen Gesetze er zu „kontrollieren“ hat, wird es sich mindestens 2x überlegen, ob er einem Gesetz widerspricht.
– Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Vertrag von Lissabon haben rechtlich den gleichen Rang (Artikel 6 (1) Vertrag von Lissabon)
– Todesstrafe durch die Hintertür: Zunächst muss man die Präambel der Charta der Grundrechte der Europäischen Union beachten. Dort steht, dass Selbige „…unter gebührender Berücksichtigung der Erläuterungen…“ ausgelegt wird. ( http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2007:303:0001:0016:DE:PDF )
Schaut man nun in diese Erläuterungen, so findet man das Folgende:
Erläuterungen zur EU-Grundrechtecharta:
3. Die Bestimmungen des Artikels 2 der Charta entsprechen den Bestimmungen der genannten Artikel der EMRK und des Zusatzprotokolls. Sie haben gemäß Artikel 52 Absatz 3 der Charta die gleiche Bedeutung und Tragweite. So müssen die in der EMRK enthaltenen „Negativdefinitionen“ auch als Teil der Charta betrachtet werden:
a) Artikel 2 Absatz 2 EMRK:
„Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um
a) jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;
b) jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;
*c) einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen“*.
b) Artikel 2 des Protokolls Nr. 6 zur EMRK:
„*Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in
Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden*; diese Strafe
darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen sind, und in Übereinstimmung mit
dessen Bestimmungen angewendet werden …“. ( http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2007:303:0017:0035:DE:PDF )
Besonders c) lässt mich aufhorchen. Wann ist die Niederschlagung eines Aufstands mittels Erschießung der Aufständischen rechtmäßig und kann diese Art der Niederschlagung überhaupt rechtmäßig sein?
Ich sehe durchaus, dass der Vertrag die EU „…demokratischer, transparenter und effizienter machen soll“, ich weiß nur nicht, ob diese (vermeintlich) positiven Aspekte die negativen Aspekte, die hier lediglich angerissen wurden, ausgleichen können.
Ein schönes Wochenende wünscht
Sebastian Jende
Nachtrag:
Das von mir oben genannte und noch vieles mehr kann man sich auf http://www.eu-vertrag-stoppen.de durchlesen.
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