Die Corona-Politik von Bund und Ländern, oder besser: deren Analyse, hat es inzwischen in den politikwissenschaftlichen Diskurs geschafft. So erscheint etwa im Frühjahr ein umfangreicher, von Karl-Rudolf Korte herausgegebener Sammelband zur „Corona-Govermance“. In der Tagesspiegel-Ausgabe vom 10. Januar 2021 findet sich ein umfangreicher Artikel von Prof. Stephan Bröchler von der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin (der vor einiger Zeit bei uns am Institut für zwei Semester den Lehrstuhl Regierungslehre und Policyforschung vertreten hat), in dem er die Konsequenzen der aktuellen „Intensivregierung“ in der Bundesregierung beschreibt und die „Demokratisierung“ dieser Politik fordert. Inzwischen ist der Artikel online – und hier nachzulesen.
Gemeinsam mit der Universität Kaiserslautern veranstaltet die Atlantische Akademie Rheinland-Pfalz e. V. am Dienstag, den 26. Januar 2021 von 18:00 bis 19:30 Uhr, eine Online-Veranstaltung zur Gefahr des Populismus für die Demokratie und nimmt dabei insbesondere die Vereinigten Staaten und die Bundesrepublik Deutschland in den Blick. Referent ist der in den USA lehrende Politikwissenschaftler und Populismus-Experte Dr. Marcel Lewandowsky. Nähere Informationen zu dieser Veranstaltung sowie die Anmeldemodalitäten sind hier zu finden.
Der Thüringer Justizminister Dirk Adams hat kürzlich vorgeschlagen, zur politischen Begleitung der Corona-Pandemie so genannte „Bürgerräte“ einzurichten. In der politikwissenschaftlichen Diskussion (sowie in einigen unserer Lehrveranstaltungen) sind Bürgerräte schon länger in der Diskussion. Das MDR-Magazin „Fakt ist!“ beschäftigt sich heute abend ausführlich mit dem Thema. Um 20:15 Uhr gibt es die Sendung im Livestream zu sehen, ab 22.10 Uhr dann im regulären Fernsehprogramm. Nähere Informationen zur Sendung gibt es hier, allgemeine Informationen zu Bürgerräten sind hier und hier zu finden.
Am kommenden Wochenende findet er nun endlich statt, der bereits zweimal verschobene Parteitag der CDU, auf dem ein neuer Vorsitzender gewählt werden soll (und ja, mit Friedrich Merz, Armin Laschet und Norbert Röttgen, alle aus Nordrhein-Westfalen, stehen in der Tat drei Männer zur Wahl). Ein Stück weit betritt die Partei mit diesem Parteitag Neuland: digitale Parteitage haben auch andere Parteien bereits abgehalten (zuletzt etwa Bündnis 90/Die GRÜNEN), aber eine Personenwahl hat auf diesen Parteitagen nicht stattgefunden. Das Parteiengesetz sieht für Vorstandswahlen hohe Hürden vor, und so folgt auf die digitale Abstimmung direkt auf dem Parteitag eine Bestätigung dieses Votums per Briefwahl, um juristisch nicht angreifbar zu sein.
Gestern vormittag hat sich Moritz Küpper im Deutschlandfunk fast eine Stunde lang mit diesem Parteitag beschäftigt, er hat die Kandidaten porträtiert und im Gespräch mit diversen Interviewpartnern den logistischen Hintergrund eines solchen Parteitages erörtert. Herausgekommen ist ein kurzweiliges und interessantes Feature über die Abeit politischer Parteien zwischen Digitalisierung und CORONA-Pandemie. Nachzuhören ist die Sendung hier, aber etwas Beeilung bitte: die Aufzeichnung ist nur noch bis Januar 2038 (!) verfügbar.:) Andernorts im Internet sind hier und hier (noch) mehr Hintergründe zu den Kandidaten sowie zum Parteitag selbst zu finden. Und wie speziell die ostdeutschen Landesverbände auf die drei Kandidaten und auf den Parteitag blicken, hat Anne Hähnig in der ZEIT zusammengefasst (hier).
Im US-Bundesstaat Georgia finden heute Wahlen für die Besetzung zweier Sitze im US-Senat in Washington statt (es ist eine Wahlrechtsbesonderheit in Georgia, dass der Sieger mehr als 50 Prozent der Stimmen benötigt, in beiden Fällen ist diese Marke in den Kongresswahlen am 3. November 2020 nicht erreicht worden). Letzten Umfragen zufolge wird der Wahlausgang heute sehr, sehr knapp ausfallen (auch wenn es Tage dauern könnte, bis ein Endergebnis feststehen wird). Auf dem Blog 538.com gibt es aktuell eine Gegenüberstellung zweier Positionen: im einen Fall, was für die Kandidierenden der Republikaner (David Perdue und Kelly Loeffler) spricht, im anderen Fall, was für die Kandidaten der Demokraten (Jon Ossoff und Raphael Warnock) spricht. Abzurufen ist der Beitrag hier. Darüber hinaus ist hier nachzulesen, welche Bedeutung der Wahlausgang für die Machtbalance im US-Senat hat und was das für den politischen Handlungsspielraum des neuen US-Präsidenten Joe Biden heißt (und warum der Senat Biden trotz eines Siegs der beiden Demokratischen Kandidaten heute das Leben in den nächsten beiden Jahren sehr schwer machen dürfte).
Update, 6. Januar 2021: es schaut derzeit ganz so aus, als ob es den Demokraten tatsächlich gelingen könnte, beide Senatssitze zu erobern. Aktualisierte Ergebnisse finden sich fortlaufend hier.
Genese und Entwicklung des deutschen Kaiserreichs zählen nicht direkt zu den zentralen Untersuchungsgegenständen der Politikwissenschaft – es sei denn, man bewegt sich im Rahmen eines Verfassungsvergleichs, der historischen Entwicklung der Parteien in Deutschland oder etwa der Pfadabhängigkeit des deutschen Föderalismus. Gleichwohl gibt es (auch darüber hinaus) viele Parallelen und Anknüpfungspunkte zwischen der Politik- und der Geschichtswissenschaft, und so ist auch die Gründung des Kaisrreichs, die sich in diesen Tagen zum 150. Mal jährt, sicherlich auch für Politikwissenschaftlerinnen und Politikwissenschaftler eine spannende Angelegenheit. An (neuer) Lektüre zum Thema mangelt es auf jeden Fall nicht. Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift „Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ)“ widmet diesem Ereignis ein ganzes Heft (Protipp: die Zeitung „Das Parlament“ mit der APuZ-Beilage kann man als Studierende/r für 13,80 Euro im Jahr abonnieren). Auf zwei in jeder Hinsicht gewichtige Neuerscheinungen zum Kaisereich sei zudem verwiesen: sowohl Christoph Nonn als auch Oliver F. R. Haardt beschäftigen sich in ihren Monographien mit der Gründung und geschichtlichen Entwicklung des Kaiserreichs. Letzterer erörtert aktuell eine Reihe von zentralen Fragen seines Buches in seinem Twitter-Feed (hier).
Update, 5. Januar 2021: inzwischen gibt es das APuZ-Heft online, und zwar hier.
Christoph Nonn: 12 Tage und ein halbes Jahrhundert. Eine Geschichte des deutschen Kaisrreichs 1871-1918, C. H. Beck-Verlag, München 2020, 690 Seiten, 34,- Euro, mehr hier.
Oliver F. R. Haardt: Bismarcks ewiger Bund. Eine neue Geschichte des Deutschen Kaisrreichs, wbg/Theiss-Verlag, Darmstadt 2020, 946 Seiten, 40,- Euro, mehr hier.
„Georgia on my mind“ sang die Musiklegende James Brown bereits vor mehreren Jahrzehnten – und in dieser Woche richtet sich tatsächlich das Augenmerk der politischen Brobachter auf den amerikanischen Südstaat Georgia. Und damit ist nicht der Versuch Donald Trumps gemeint, den dortigen Secretary of State und Verantwortlichen für die Wahlen im Bundesstaat, Ben Raffensperger (selbst Republikaner), zu überzeugen, noch so viele Stimmen zu „finden“, dass Trump dort die Wahl (und damit alle Wahlleute Georgias) gewinnt (mehr hier; zu den möglichen rechtlichen Konsequenzen dieses Anrufs findet sich hier mehr). Sondern vielmehr finden dort morgen zwei (Nach-)Wahlen zum Senat in Washington statt, die die Machtbalance im politischen Washington bestimmen werden: gewinnen die Demokraten beide Sitze, kommt es im Senat zu einer Parität von 50 zu 50 (und Vizepräsidentin Kamala Harris würde in Abstimmungen bei Gleichstand die entscheidende 101. Stimme abgeben können). Gewinnen die Republikaner aber nur eine der beiden Wahlen (oder beide), so würden sie ihre Mehrheit im Senat behaupten können – mit ungeahnten Konsequenzen für das Wirken von Präsident Joe Biden in den kommenden Jahren. Rieke Havertz von ZEIT Online hat sich auf den Weg nach Georgia gemacht und schildert hier ihre Eindrücke. Nicht zufällig reisen sowohl Noch-Präsident Trump als auch Bald-Präsident Biden heute nach Georgia, um dort ihre jeweiligen Kandidaten zu unterstützen. Fast zwei Jahrzehnte lang war Georgia zuverlässig Republikanisch, bei der Wahl am 3. November 2020 aber konnte Biden den Staaten mit knapp 12.000 Stimmen Vorsprung für sich entscheiden. Was aber könnte das für die beiden morgigen Wahlen bedeuten? Mehr Hintergründe finden sich bei der New York Times.
Heute tritt auf Capitol Hill in Washington der am 3. November 2020 gewählte 117. US-Kongress erstmals zusammen – und das unter ganz außergewöhnlichen Umständen, die nicht nur der aktuell grassierenden Cororona-Pandemie geschuldet sind (erst gestern hatten die Vereinigten Staaten über 290.000 neue Fälle zu verzeichnen). Noch gar nicht sicher ist, ob die amtierende Madam Speaker Nancy Pelosi erneut zur Parlamentspräsidentin gewählt wird, ist die Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus doch bei der Wahl im November stark geschrumpft. Und gleich eine Reihe von Abgeordneten und Senatoren der Republikanischen Partei hat angekündigt, der offiziellen Bestätigung des Ergebnisses der Präsidentschaftswahl, in der der Demokrat Joe Biden im Electoral College eine deutliche Mehrheit der Wahlleute für sich gewinnen konnte, nicht zustimmen zu wollen. Sarah Ferris und Heather Caygle geben auf der Nachrichten-Webseite Politico.com einen Überblick über die aktuelle Situation (hier), weitere Berichte finden sich hier (zu Pelosi) und hier (zu den Republikanern).
Update, 4. Januar: mit knapper Mehrheit ist Pelosi gestern zur Madam Speaker gewählt worden. Fünf Abgeordnete der eigenen Partei stimmten dabei nicht für sie. Mehr hier.
Es gibt viele Wege in die Politik – und es gibt viele Wege, mit der Politik auch wieder aufzuhören. Ein großes Thema ist ein solcher Ausstieg in der öffentlichen wie in der wissenschaftlichen Debatte in der Regel nicht, heißt es doch oft, Politik würde süchtig machen. Die TAZ blickt in der heutigen Ausgabe auf zwei Politiker (Stefan Liebich von der Linkspartei und Peter Tauber von der CDU) und zwei Politikerinnen (Daniela Kolbe von der SPD und Katja Suding von der FDP), die bei der nächsten Bundestagswahl bewusst nicht wieder antreten werden. Dabei bietet sich auch ein tiefer Einblick in die Gesetze der Politik und den Alltag eines oder einer Abgeordneten. Nachzulesen ist der Beitrag bei Interesse hier.
Der Untertitel lautet zwar „Sozialwissenschaften für politische Bildung“, aber die Zeitschrift „Gesellschaft-Wirtschaft-Politik“ ist auch für Lehrende und Studierende interessant, die sich nicht direkt als Theoretiker oder Praktiker der politischen Bildung verstehen (für jene eignet sich das Heft aber natürlich erst recht!). Rechtzeitig zur Weihnachtspause ist die Ausgabe 4/2020 erschienen. Es seien hier nur einige Highlights der aktuellen Augabe erwähnt: der Bonner Politikwissenschaftler Frank Decker wagt unter der Überschrift „Die Parteienlandschaft in Zeiten von Corona“ einen Ausblick auf die bevorstehende Bundestagswahl 2021. Der Armutsforscher (und vormalige Bundespräsidentenkandidat) Christoph Butterwegge untersucht, wie sich die Corona-Pandemie auf die sozioökonomische Ungleichheit in der Bundesrepublik auswirkt. Thorsten Winkelmann und Julia Zimmermann (beide Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) thematisieren „Wählen mit 16 Jahren“. In einem Interview beleuchtet der Berliner Soziologe Steffen Mau (dessen jüngstes Buch wir hier empfohlen haben) den Elitenwechsel im Rahmen der deutschen Wiedervereinigung. Im Rezensionsteil besprochen wird das Werk „Demokratie“ der Münchner Historikerin Hedwig Richter (auch wenn sie hier im Heft als „Helga“ tituliert wird…), das wir hier vorgestellt haben. Im Didaktik-Teil des Heftes geht es schließlich um umweltpolitisches Lernen in der Schule („Eine unwichtige Nebensache?“) und die Rahmenbedingungen und Handlungsoptionen von Schülervertretungen im Bundesvergleich. In Kürze sollte das Heft in unserer Bibliothek (so sie denn bald wieder öffnet) verfügbar sein, die komplette Inhaltsübersicht ist hier zu finden.