23. Nov 2009
Das (lediglich aufgeschobene) Ende eines Nachrichtensenders?
Am Wochenende las ich in diversen Zeitungen, dass der Nachrichtensender N24 plane, in Zukunft weniger Nachrichten zu senden. Meine erste spontane Reaktion war: noch weniger Nachrichten??
In der Tat wundere ich mich bereits seit langem, dass zu Zeiten, in denen man einen Nachrichtensender bräuchte, also stets dann, wenn andere Sender keine Nachrichten (mehr) zeigen, z. B. abends, nachts oder bei Breaking News, Dokumentationen laufen.
Doch halt: Breaking News gibt es auch, vor allem bei Sendergruppeninternen Ereignissen. So wird z. B. jeweils die Pressekonferenz vor den TV-Ereignissen von Stefan Raab (die ich gelegentlich auch schaue und sogar gut, zumindest kreativ finde) live bei N24 übertragen. Das ist sicher interessant, aber will man das zur besten Sendezeit auf einem selbsternannten Nachrichtensender sehen?
Anderes Beispiel: kommt man des Abends etwas später nach Hause und will sich vielleicht nicht gleich an den Rechner setzen, schaltet man N24 oder n-tv ein und bekommt „Explosion auf dem Flugdeck“, „Helitechnik extrem: der BO 105“ oder wahlweise die „Invasion der Kröten“ bzw. die „Invasion der Quallen“ (alles aktuelle Dokumentation auf N24, übrigens auch auf der Website des Senders abzurufen) zu sehen.
Sicher, es ist schwierig, auf dem News-Sektor ein Alleinstellungsmerkmal zu gewinnen, wenn die öffentlich-rechtlichen Sender sehr gute bis herausragende Nachrichtensendungen produzieren und selbst Privatsender wie RTL es schaffen, mit RTL Aktuell eine ordentliche Nachrichensendung hinzubekommen (abgesehen davon, dass gefühlt jeder Sportblock mit Formal Eins beginnt…).
Und natürlich ist es billiger, Dokus einzukaufen als – womöglich auch noch aktuelle – Nachrichten zu produzieren, aber Letzteres sollte man durchaus von einem Nachrichtensender erwarten dürfen. Die ideale Lösung wäre also das genaue Gegenteil der aktuellen Strategie: mehr Nachrichten statt weniger. Allerdings ist eine solche Forderung in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise wohl illusorisch. Angeblich soll die Alternative bei den Verantwortlichen gewesen sein, den Sender ganz einzustellen. So gesehen sollten wir uns so lange an N24 erfreuen, wie es den Sender noch gibt.
Nähere Infos zum Thema gibt es zum Beispiel auf den Seiten von SPIEGEL ONLINE:
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,662606,00.html
Über Michael Kolkmann
- Dozent/in
- Twitter: @herrkolkmann
Ich persönlich bin dazu übergegangen schlicht keine Nachrichtensender des Privatfernsehens zu konsumieren. (auch Dank der freiempfangbaren öffentlich-rechtlichen Sender via DVB-T hier in Halle)
Wie Sie bereits angedeutet haben, dienen die jeweiligen Nachrichtensender vor allem dazu, eigene Sendungen innerhalb der Senderfamilie zu promoten. Überdies finde ich es besorgniserregend, wenn statt wirklichen Informationen das „Infotainment“ mehr und mehr Sendeplätze dazu gewinnt.
Phoenix, 3Sat, Arte, ARD und ZDF sind mir wesentlich lieber, wenn ich qualitativ hochwertige und in Sachen Quantität mehr als ausreichende Nachrichtensendungen schauen möchte.
Sebastian
Ach herje, wenn man den Nachrichtenanteil weiter verkleinert sollte man sich auch umbenennen in N-gelegentlich oder D24 oder was weis ich. Aber gut 40 Millionen Euro Verlust pro Jahr ist heftig.
Vielleicht sollte man einen Doppelsender daraus machen wie bei KiKa und Arte(wenn das bei den beiden überhaupt noch so ist?!). Z.B. von 6-19Uhr meinetwegen Dokus und (nach dem sandmännchen quasi) Nachrichten für die Leute die sich nicht zu „normalen“ Zeiten die Tagesschau oder sonstige nachrichten ansehen konnten.
Einen interessanten Hinweis zum Thema hat Stefan Niggemeier in seinem Blog zu bieten:
http://www.stefan-niggemeier.de/blog/n24-mit-problemen-im-lebensbereich/
… sehr lustig. Aber mal im Ernst: Entweder ich erhalte mein „Unternehmen“ als solches in Betrieb oder ich muss etwas Grundlegend ändern. Wenn ich mich dann Nachrichtensender schimpfe, muss ich auch meinen Verpflichtungen nachkommen, oder nicht?!
Genauso wie bei N24 sieht es eigentlich bei n-tv aus, wenn auch nicht so drastisch. Dabei wurde N24 als Konkurrenz zu n-tv gegründet. Die Einschaltquoten sind bei n-tv aber gesunken, wird er sich also immer mehr anpassen? Und was bedeutet das für das Politikinteresse des Publikums? Impliziert nicht eigentlich schon der Name N24, dass 24 Stunden Nachrichten laufen sollten?! Interessant fand ich auch, dass Pro7 auch zeitweise Hauptanteilseigner des ddp war, während RTL bis heute einen enorm großen Anteil von n-tv hält.
Eigentlich wurde ja nur laut ausgesprochen, was die Entwicklung der letzten Jahre bereits gezeigt hat. Das Publikum verkraftet in den wenigsten Fällen eine Nachrichtensendung 24h lang. Daher wurden eben die Sendezeiten mit teils ,mehr oder minder, interessanten Dokumentationen ausgefüllt, um ebenfalls ein breiteres Publikum zu erreichen und damit höhere Werbeeinnahmen zu erzielen… Geistig gehobenere Unterhaltung kann man auch mit Phoenix,Arte (ja, auch da kommen interessante Reportagen und Diskussionen) u.a. haben. Wem nun der Löwenanteil an welchem Sender gehört ist, denke ich, egal. Solange keine italienischen Verhältnisse eintreten. Man muss halt die Entwicklung im Auge behalten und letztlich dürfen wir schließlich selbst entscheiden womit wir uns in unserer wenigen freien Zeit berieseln…
Interessant ist die Reaktion des Senderchefs von ProSiebenSat1, Thomas Ebeling, auf die Restrukturierungspläne von N24. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagt er: „Nachrichten sind vielleicht für das Image bei Politikern wichtig, aber nicht unbedingt bei allen Zuschauern. Der Durchschnittszuschauer wird nicht verzweifeln, falls es bei N 24 Veränderungen geben sollte.“
Und für die Zukunft verheißt er: „Natürlich wird es auch künftig Nachrichten bei Sat 1, Pro Sieben und Kabel 1 geben. Wir werden einen Teil der Gelder, die im Bereich Nachrichten frei werden, stärker in lokale Produktionen investieren. Es ist doch spannend, wenn wir mehr Sendungen wie Galileo, Stefan Raab zur Bundestagswahl oder spezielle Reportagen machen. Wir müssen den Menschen gesellschaftspolitisch relevante Themen so näher bringen, dass sie sagen: Ja, das schauen wir uns an.“
Das ganze Interview gibt es hier zu lesen: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/432/495755/text/
Nächstes Beispiel: soeben habe ich auf n-tv den so genannten „Sportblock“ im Rahmen der 21-Uhr-Nachrichten gesehen. Das eigentliche Thema des Tages: die WM-Auslosung, die auf anderen Sendern live zu sehen war und auf vielen Internetseiten per Liveticker begleitet wurde.
Worüber berichtet n-tv geschlagene zwei Stunden nach der Auslosung? Über die Niederlage von Arminia Bielefeld in der zweiten Fußball-Bundesliga, den Fußball-Wettskandal und Spekulationen um eine Rückkehr Michael Schumachers in den Rennsport (würde mich nicht überraschen, wenn es sich dabei um einen aufgezeichneten Sportblock handelte). Da fällt einem nichts mehr ein.
P.S.: Jetzt – direkt anschließend – läuft die Doku über Trucker auf der „Ice Road“. Einen schönen Abend auch!
Mal eine andere Frage: warum heißt das Deutsche Sportfernsehen (DSF) eigentlich Deutsches Sportfernsehen? Allzu viel Sport habe ich dort bislang nicht gesehen…
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