Vor wenigen Tagen ist eine äußerst spannende und lesenswerte Studie erschienen: in „Demokratie. Eine deutsche Affäre“ zeichnet die Historikerin Hedwig Richter, ihres Zeichens Professorin an der Bundeswehr-Universität in München, die Pfade der Demokratie in Deutschland nach. Auf der Seite des Literaturhauses München heißt es anläßlich einer Veranstaltung mit der Autorin über das Buch: es „zeigt, wie diese einst revolutionäre Idee allmählich Wurzeln schlug, durch den Zivilisationsbruch des Holocausts zeitweilig radikal verworfen und später beinahe selbstverständlich wieder zur Norm wurde. Ihr anschauliches und thesenstarkes Buch konzentriert sich auf Deutschland, weil gerade an der deutschen ‚Affäre mit der Demokratie‘ deutlich wird, wie international verflochten die Wege zu Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit sind, und wie zerbrechlich das demokratische Gebäude sein kann.“
In der Einleitung des Buches schreibt die Autorin: „Diese Geschichte erzählt von den Mühen und Freuden der Demokratie als einer Affäre. Sie erzählt von einer Staatsaffäre, die auch zur Angelegenheit der Bürger und zunehmend auch der Bürgerinnen wird. Es ist außerdem die Geschichte einer gar nicht selbstverständlichen, überaus komplizierten Liebe, die sich langsam entwickelt, in der aus Gleichgültigkeit Leidenschaft entsteht, die zuweilen im Geheimen befördert wird und in der Öffentlichkeit zum Eklat gerät. Es ist eine Geschichte, die den ganzen Menschen mit Leib und Seele betrifft. Sie ist voller Gefühle, die Menschen bewegen und begeistern, die Herzen zerbrechen, die aber auch erkalten können.“
Details zum Buch (sowie eine Leseprobe) gibt es hier. Ein Gespräch mit der Autorin (auch über das Buch hinaus) ist bei ZEIT Online nachzulesen. Als eines von drei Sachbüchern ist das Werk für den Bayerischen Buchpreis 2020 nominiert. In Kürze sollte es in unserer Fachbereichsbibliothek verfügbar sein.
In den vergangenen Tagen sind erste Ergebnisse der aktuellen Populismus-Studie des Wissenschaftszentrums Berlin (Wolfgang Merkel) und der Bertelsmann-Stiftung (Robert Vehrkamp) durch die Medien gegangen. Der Populismus verliert demnach in Deutschland an Kraft. Ein Treiber ist das Handeln der Bundesregierung. Zurück bleibt eine zunehmend rechtsextreme AfD. Die gesamte Studie ist hier abrufbar. Und einige Highlights präsentierten die beiden Autoren kürzlich im Berliner Tagesspiegel. Die Studie ist sicherlich für die eine oder andere Haus- und/oder Abschlussarbeit in unseren aktuellen Lehrveranstaltungen, insbesondere wenn es um Parteien und Wahlen geht, hilfreich.
„Der Kandidat – das unbekannte Wesen“ – so lautete vor gut anderthalb Jahrzehnten die Überschrift eines Artikels zur Kandidatenaufstellung bei Bundestagswahlen. Seitdem hat sich einiges getan, vor allem weil das Institut für Parlamentarismusforschung (iParl) zur Bundestagswahl 2017 ein umfangreiches Forschungsprojekt auf die Beine gestellt hat, um herauszufinden, wer warum kandidatiert – und mit welchen Chancen. Während man in der Politikwissenschaft immer schon wusste, wer es in den Bundestag schaffte, galt dies für die Kandidatenkür an sich nur beschränkt. In einem umfangreichen Beitrag beschreibt Danny Schindler, Mitarbeiter des iParl und gelegentlicher Lehrbeauftragter an der MLU, die Planung, Durchführung und Ausführung dieses Projektes. Damit gibt er – über die inhaltlichen Befunde hinaus – zugleich tiefe Einblicke in die typischen Abläufe eines politikwissenschaftlichen Forschungsprojektes. Nachzulesen ist Schindlers Beitrag hier.
Im laufenden Sommersemester ging und geht es in gleich mehreren Lehrveranstaltungen um das politische System der Vereinigten Staaten, insbesondere unter dem amtierenden Präsidenten Donald Trump. Vor wenigen Tagen ist ein neues Buch zu genau dieser Trump-Präsidentschaft erschienen, das sicherlich für die eine oder andere Hausarbeit in diesen Lehrveranstaltungen von Interesse sein dürfte (natürlich kann man das Buch auch abseits von wissenschaftlichen Arbeiten mit Gewinn lesen…). In „America First“ zieht der Regensburger Politikwissenschaftler Stephan Bierling eine Bilanz der ersten dreieinhalb Jahre Donald Trumps im Weißen Haus. Nach einführenden Kapiteln zu Trumps Werdegang, Präsidentschaftskandidatur und Führungsstil werden politische Prozesse und Entscheidungen in diversen Politikfeldern erörtert, darunter die Einwanderungs-, die Handels-, die Außen- sowie die Steuerpolitik. Ergänzende Kapitel beschäftigen sich mit der „Trump-Doktrin“, den „Kulturkriegen“, dem laufenden Präsidentschaftswahlkampf sowie der Corona-Politik der Administration. Das Buch haben wir kürzlich für unsere Fachbereichsbibliothek bestellt, es sollte in wenigen Tagen verfügbar sein.
Seit gestern sind die Medien und sozialen Netzwerke voll mit Einschätzungen rund um die Entscheidung Joe Bidens (D), die Senatorin ud frühere Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris im amerikanischen Wahlkampf zu seiner Kandidatin für den Posten der Vizepräsidentin zu machen. Als zwei Analysen für viele sei auf den Beitrag von Klaus Brinkbäumer auf ZEIT Online verwiesen, der hier nachzulesen ist, sowie auf eine Analyse in der New York Times (hier).
Am gestrigen Abend zeigte die ARD im Rahmen einer Dokumentation eine Momentaufnahme aus dem amerikanischen Wahlkampf. Wie geht es den USA im Wahljahr 2020? Welchen Einfluss hatte und hat die Corona-Pandemie für Gesellschaft und Politik? Und wie wirkt sich dies alles auf den laufenden Präsidentschaftswahlkampf aus? Nachzuschauen ist die Dokumentation hier.
Die vom Deutschen Bundestag herausgegebene Zeitung „Das Parlament“ ist heute (Ausgabe 33-34/2020) mit dem Sonderthema Parteien erschienen. Darin geht es unter anderem um den Grad der Polarisierung des bundesdeutschen Parteiensystems („im europäischen Vergleich moderat“), um die Frage, was Parteimitglieder bewegt (vier Beispiele von der Volks- bis zur Kleinstpartei), um den Stand der Digitalisierung der Parteiarbeit („Update nötig“), um die Frage, wie Parteiarbeit gerade für Frauen attraktiver weren kann („Eingeübte Rituale“) sowie um aktuelle Herausforderungen der Parteienfinanzierung. Artikel zu Parteiskandalen, zu Hass und Hetze gegen Politiker/innen sowie zum Parteiengagement auf der kommunalen Ebene runden die lesenswerte Ausgabe ab. Die akuelle Ausgabe gibt es beim Zeitschriftenhändler Ihres Vertrauens (in Halle etwa bei der Buchhandlung Ludwig im Hauptbahnhof) sowie online in Kürze hier.
Die Beilage „Aus Politik und Zeitgeschichte“ widmet sich unter der Überschrift „Jahrestage, Gedenktage, Jubiläen“ der so genannten „Jubiläumitis“ (Marko Demantowsky) bzw. der „Jahrestagisierung“ (so Anne Seibring im Editorial der aktuellen Ausgabe). Jacqueline Nießer und Juliane Tommann zum Beispiel beleuchten, wie man Geschichte in der Öffentlichkeit analysieren kann; Markus Drüding verknüpft Jahrestage und Jubiläen mit der Frage, inwieweit diese eine „Gelegenheit zum historischen Lernen“ bieten; Elke Gryglewski greift das Gedenken an den Holocaust („Ritual und Reflexion“) auf, und am Ende des Heftes macht sich Hedwig Richter einige Gedanken über Gedenktage in der Demokratie. Online abrufbar ist das APuZ-Heft hier.
„Narrative sind mehr als nur ein Buzzword. Sie bieten uns eine neue Perspektive auf politische Sprache und helfen uns, die Komplexität alltäglicher Sinngebungsprozesse zu dechiffrieren. Denn wenn wir über Politik sprechen, dann nutzen wir den Modus des Erzählens. Wir suchen Metaphern, die uns helfen, Politik abzubilden. Wir erzählen Figuren und schreiben ihnen eine Rolle zu und wir konfigurieren Zeitlichkeit, indem wir Anfang, Mitte und Ende unserer Geschichten setzen.“
Mit diesen Worten wird auf der Webseite des Springer-VS-Verlages ein neues Buch mit dem Titel „Erzählte Politik“ beschrieben. Im Mittelpunkt stehen dabei Narrative in Bundestagswahlkämpfen, insbesondere des Jahres 2013. Neben einer Verortung im politikwissenchaftlichen Diskurs werden Methodologie und Methodik des Themas sowie die drei Kernelemente einer Narrativanalyse berücksichtigt. Das Buch wird in Kürze über unsere Fachbereichsbibliothek verfügbar sein.
Sebastian Jarzebski: Erzählte Politik. Narrative im Bundestagswahlkampf. Studien der NRW School of Governance, Wiesbaden: Springer-VS-Verlag, 2020.
Wie wird man eigentlich Abgeordneter? Am Beispiel des Deutschen Bundestages zeichnet Martin Reiher typische Rekrutierungsmuster und politische Karrieren nach. Dabei fragt er aus einer abgeordnetenzentrierten Perspektive heraus nach Gemeinsamkeiten, Unterschieden und Entwicklungen von Karrierepfaden und Merkmalen der Professionalisierung des Abgeordnetenmandats. Bei diesem Buch handelt es sich um die Dissertationsschrift Reihers, die er vor zwei Jahren an der Universität Potsdam eingereicht hat. Details zum Buch sind hier zu finden. Auf dem Portal für Politikwissenschaft (PW-Portal) findet sich eine Rezension des Bandes (hier). In unserer Fachbereichsbibliothek ist das Buch als Online-Exemplar verfügbar.
Martin Reiher: „Parlamentarier als Beruf. Rekrutierungswege und politische Karrieren am Beispiel des Deutschen Bundestages“, Baden-Baden: Nomos-Verlag 2020, 402 Seiten, ISBN 978-3-8487-6006-0, 84,00 Euro.
In einem sehr ausführlichen Artikel, für den er mit mehr als 100 Experten und Beobachtern gesprochen hat, beschrebt der Journalist Ed Yong im September-Heft der Zeitschrift The Atlantic, wie sich die Corona-Pandemie in den Vereinigten Staaten zu der gegenwärtigen Krise entwickeln konnte – in einem Land, das vier Prozent der Weltbevölkerung stellt, aber 25 Prozent der bestätigten COVID19-Fälle zu verzeichnen hat. Yong betont, dass nahezu die gesamte Krise vorhersehbar und abwendbar („predictable and preventable“) war: „A sluggish response by a government denuded of expertise allowed the coronavirus to gain a foothold. Chronic underfunding of public health neutered the nation’s ability to prevent the pathogen’s spread. A bloated, inefficient health-care system left hospitals ill-prepared for the ensuing wave of sickness. Racist policies that have endured since the days of colonization and slavery left Indigenous and Black Americans especially vulnerable to COVID‑19. The decades-long process of shredding the nation’s social safety net forced millions of essential workers in low-paying jobs to risk their life for their livelihood. The same social-media platforms that sowed partisanship and misinformation during the 2014 Ebola outbreak in Africa and the 2016 U.S. election became vectors for conspiracy theories during the 2020 pandemic.“ Der Artikel ist online kostenlos hier abrufbar.